Starinvestor Bill Gross war einst für seine treffsicheren Anlageentscheide bekannt. Investoren rund um die Welt hörten auf die Tipps des Gründers und Chefstrategen des legendären US-Fondshauses Pimco. Der «König der Anleihen» war Herrscher über den Markt für festverzinsliche Wertpapiere.
Doch das ist Vergangenheit. Bei Pimco ist Feuer im Dach. Die von Gross gemanagten Fonds hinken seit Monaten der Konkurrenz hinterher. Immer wieder setzte Gross auf das falsche Pferd. Die Anleger zogen in der Folge Milliarden ab. Und es kommt noch schlimmer: Ausgerechntet die eigenen Leute aus dem Hause Pimco laufen ihm nun den Rang ab. Paradoxerweise sorgt laut «Die Welt» aber gerade dies dafür, dass Gross in seinen Vorhersagen noch einmal recht behalten sollte.
Kein gutes Händchen
Im Mai versprach Gross den Anlegern, dass Pimco mit Vermögenswerten von rund 2000 Milliarden Dollar zur alten Frische zurückkehren würde und wieder Spitzenerträge einfahren werde. Und tatsächlich: Unterdessen haben neun der 15 grössten Fonds bei Pimco wieder besser rentiert als drei Viertel der Konkurrenz. Allerdings wird kein einziger dieser Fonds von Gross gemanagt.
Denn für seine eigenen Anleihetöpfe hatte Gross erneut kein gutes Händchen. Laut «Die Welt» stehen drei von vier Fonds, die schlechter als die Hälfte der Konkurrenten sind, unter der Fuchtel des einstigen Starinvestors. Dazu gehört auch der Vorzeigefonds des Hauses – der Pimco Total Return Fund.
Gross schätzte die Märkte erneut falsch ein. Im Juli legten 89 Prozent der Konkurrenten eine bessere Performance als Gross hin. Mit einer bisherigen Jahresplus von nur 3,3 Prozent gehört der Total Return Fund dem schlechtesten Viertel in seiner Kategorie an.
Keine Ein-Mann-Show mehr
Ganz anders lief es anderen Top-Pimco-Managern, die jünst eindeutig das bessere Gespür für die Entwicklung am Anleihemarkt hatten als Gross. Dabei handelt es sich um sechs neue Chefanlagestrategen, die Gross vor die Nase gesetzt worden sind. Nicht ohne Grund: Neben seinen Fehlentscheiden zerstritt sich Gross mit Pimco-Chef Mohamed El-Erian, der schliesslich das Handtuch warf. Insider berichteten, dass Gross ein Eigenbrötler sei, der keine anderen Talente neben sich dulde.
Die neuen Top-Manager sollten nun die Entscheidungsgewalt bei Pimco besser verteilen, damit das Fondhaus nicht zur Ein-Mann-Show namens Gross verkommt. Die Entscheidung hat sich gelohnt. Die jungen Mitarbeiter stellen mit den von ihnen verwalteten Fonds Gross in den Schatten.
Debakel nicht gestoppt
Oben auf schwimmen vor allem drei Neulinge: So erreichte etwa der von Daniel Ivascyn verwaltete Pimco Income Fund in diesem Jahr ein Plus von 6,8 Prozent. Damit übertraf er 90 Prozent der Konkurrenten. Auch Mihir Worah liess mit seinem Pimco Real Return 97 Prozent der Konkurrenz hinter sich. Der Sieger war Mark Kiesel, dessen Long Term Credit Fund seit Jahresbeginn gut 13 Prozent zulegte. Er schlug damit 99 Prozent der Konkurrenz.
Die neun Top-Shots bei Pimco konnten allerdings das Debakel bei Gross' Total Return Fund nicht stoppen. Seit Mai 2013 haben die Anleger rund 70 Milliarden Dollar aus dem Fonds abgezogen. Ende Juni verwaltete er noch 225,2 Milliarden Dollar, schreibt «Die Welt».
Nächste Prognose
Auch ehemalige Mitarbeiter von Pimco haben Anteil an der Demontage von Bill Gross. So verliess Marc Seidner im Januar Pimco – nur Stunden von El-Erians Abgang, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Seidner ist nun Anleihechef bei der Investmentfirma Grantham Mayo Otterloo in Boston. Dort verwaltet er einen Fonds über 240 Millionen Dollar. Seit Anfang Jahr bis Ende Juli verzeichnete dieser ein Plus von über 6 Prozent – und damit mehr als Gross mit seinem Vorzeigefonds.
Derweil legt Gross seine neuen Prognosen auf den Tisch. Er geht davon aus, dass Gewinne an den Kapitalmärkten nicht mehr so einfach zu erzielen sind. Die Welt sei durch einen Mangel an Nachfrage und einen Überfluss an Angebot gekennzeichnet, sagt Gross laut dem Magazin «Fonds professionell online». Die Wachstumsraten würden daher niedrig bleiben, Die künftigen Markttreiber seien niedrige, aber dennoch relativ verlässliche Zinserträge. Die Renditen hätten die Talsohle erreicht und die Märkte würden mit einem allmählichen Anstieg rechnen.