2010 ist das Jahr der Biodiversität, der Artenvielfalt also. Für Migros und Coop eine Gelegenheit, im Windschatten der Uno-Aktivitäten ihre ökologischen Labels zu vermarkten. Coop wirbt als Partnerin von Pro Natura für ihre Bioprodukte. Die Migros macht mit der Marke TerraSuisse, die für integrierte Produktion (IP) steht, Werbung für Artenvielfalt. Die Migros verweist als Begründung auf die intensive Partnerschaft mit den IP-Suisse-Bauern und auf speziell erarbeitete Richtlinien, welche die Biodiversität fördern sollen.

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Zwei unterschiedliche Labels, die fürs gleiche Projekt werben. Für die Konsumenten ist das verwirrend. Josianne Walpen, Leiterin Ernährung und Gesundheit bei der Stiftung für Konsumentenschutz: «Zum internationalen Jahr der Biodiversität ist es wenig erstaunlich, dass verschiedene Labels mit Biodiversität werben. Auch TerraSuisse von der Migros bietet in diesem Bereich einen gewissen Mehrwert und nutzt nun die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen.» Unbestritten ist laut Experten aber, dass Biorichtlinien diesbezüglich mehr bringen würden.

Knapp 30 Labels sind im Schweizer Lebensmittelmarkt präsent. Ein dickes Geschäft: Allein im Markt mit ökologischen Lebensmitteln werden jährlich rund drei Milliarden Franken umgesetzt. Bioprodukte sind 15 Prozent teurer als herkömmliche Ware. Gemäss einer Studie, die von Thomas Rudolph, Leiter des Forschungszentrums für Handelsmanagement und Inhaber des Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhls der HSG, dieses Jahr durchgeführt wurde, ist jeder fünfte Konsument ein Biofan – und bereit, bis zu 50 Prozent mehr für Ökoartikel zu bezahlen.

Nicht bei Discountern. Gut für die Produzenten: Ein Preiskampf findet bei Bioprodukten kaum statt. Natürlich ist auch die Herstellung solcher Produkte aufwendiger, doch die Branchenorganisation Bio Suisse hat sich bisher erfolgreich dagegen gewehrt, dass ihre lizenzierten Produkte auch in die Gestelle der Discounter Aldi und Lidl gelangen. So sollen die Biobauern vor einem Preiskampf geschützt werden. Und obwohl einige der Bioprodukte bei den Discountern von offiziell anerkannten Bio-Suisse-Produzenten stammen, müssen sich die Deutschen mit eigenen Biolabels behelfen.

Die Kasse mit Ökoware klingelt inzwischen längst nicht nur bei Lebensmitteln. Auch bei Elektrogeräten wird oft mit dem Hinweis auf Umweltverträglichkeit geworben. Für Gutmenschen gibt es Lifestyle-Gadgets wie Mobiltelefone mit grünem Touch. Bei Sony Ericsson nennt sich die Produktlinie Green Heart. Dort wird zur Herstellung nur rezyklierter Kunststoff verwendet, und die Lackierung der Geräte erfolgt auf Wasserbasis. Samsung geht mit Blue Earth noch einen Schritt weiter: Neben einem Gehäuse aus rezykliertem Kunststoff gibt es ein Solarpanel zum Aufladen über Sonnenenergie. Das Solarpanel jedoch hat bereits Kritiker auf den Plan gerufen. Da der Energieaufwand in der Herstellung gross sei, seien Solarhandys mit ihrer relativ kurzen Lebensdauer am Ende gar nicht umweltfreundlicher. Sicher ist: Die Ökohandys kosten relativ viel, gemessen an ihren technischen Features.

Tiefer in die Tasche müssen auch Häuserbauer greifen, die auf nachhaltiges Bauen setzen. In der Schweiz hat sich der Minergie-Standard durchgesetzt. Als eigentlicher Erfinder von Minergie gilt Heinz Uebersax, Inhaber der UC Uebersax Consulting. Der Erfolg von Minergie erstaunt, hatte doch nachhaltiges Bauen noch in den frühen neunziger Jahren ein sehr tiefes technologisches Niveau. Gemäss Uebersax wurde die Idee damals «mehrheitlich getragen von Bastlern und Missionaren». So tat sich Uebersax mit Ruedi Kriesi, der das Heureka-Haus konzipierte und die Nullenergie-Siedlung in Wädenswil realisierte, zusammen und schuf die Basis für eine Firma, die den Bau nachhaltiger, qualitativ hoch stehender Häuser förderte. Heute stehen in der Schweiz Minergie-Bauten im Wert von über 50 Milliarden Franken. Solche Häuser erfordern etwa zwei bis zehn Prozent höhere Investitionen als herkömmliche Bauten. Immerhin: Kunden sind bereit, für Minergie-Häuser bis zu sieben Prozent mehr zu bezahlen.

Viele Trittbrettfahrer. Setzt sich ein Ökolabel im Markt durch, sind Trittbrettfahrer oft nicht weit. Das erlebte auch der Minergie-Erfinder. «Ursprünglich gab es in der Schweiz eine ganze Menge Leute, die von Minergie profitieren wollten, ohne den kleinen Beitrag für die Zertifizierung zu bezahlen oder die Kriterien einzuhalten.» Mittlerweile sorgt eine Agentur für die Einhaltung der Standards. Verwirrung gibt es auch bei den Lebensmittel-Labels. So ist die Marke «Suisse Garantie» mehr eine Herkunftsbezeichnung als ein Gütesiegel für schonende Produktionsweise. Die Konsumenten können jedoch kaum unterscheiden, welches Label wofür steht. Die Verwirrung komme der Industrie nicht ganz ungelegen, sagt HSG-Professor Thomas Rudolph. Martin Rücker, Pressesprecher der deutschen Organisation Foodwatch, rät Konsumenten, die umweltbewusst einkaufen wollen, «der Saison entsprechende regionale Produkte, möglichst in Bioqualität, zu kaufen». Wer das befolge, könne «garantiert ohne schlechtes Gewissen geniessen».