Wer Wert darauf legt, sein Wochenende einigermassen lifestylekompatibel zu verbringen, steigt neuerdings im Hotel Castell in Zuoz ab. Umgeben ist man im fast hundertjährigen «Castell» von Contemporary Art, ganz nach dem Geschmack des Mäzens im Hintergrund. Belegt ist das Hotel von Gästen, die den Frühstückssaal vorzugsweise in Adidas-Originals oder Puma-Sneakers betreten. Und im BMW 630i vorfahren. Hier passt er hin, diese Verschmelzung von Avantgarde und Klassik: der BMW 630i Coupé.
Der BMW 630i ist ein Gran Turismo (GT), ein Coupé im klassischen Sinn. Das heisst zwei Türen und Sitzgelegenheiten im Fond, die für Erwachsene nur dann taugen, wenn diese eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen.
Das Design reiht sich in die von Chris Bangle geprägte konsequente Formensprache. Gerade über Geschmack lässt sich schliesslich ja prächtig streiten (oder eben auch nicht). Wichtig ist, dass sich insgesamt das Bild eines harmonischen Ganzen aus optischer Gestaltung und technischen Fähigkeiten ergibt. Und das entsteht beim BMW ohne jeden Zweifel.
Das BMW-Interieur besitzt einen nüchternen, modernen Technikcharakter, wobei der Bildschirm des iDrive den Mittelpunkt bildet. Die hochwertigen Materialien und die exzellente Verarbeitung weisen den gewohnten bayrischen Topstandard auf.
Der BMW wirkt handlich und fahraktiv. Den Federungskomfort habe ich mir dagegen etwas besser vorgestellt. Wie so oft bei BMW: Wer das Fahren als lustvolle Tätigkeit empfindet, wird mit dem BMW 630i glücklich sein. Der Sechszylinder ist ein Gedicht, um es auf einen Nenner zu bringen. Der Motor reagiert aufs Gas, dass es eine Freude ist, und dreht geradezu gierig bis auf 7000 U/min. Er klingt hemmungslos anmachend, wie dies nur ein Reihensechszylinder kann. Ein bayrisches Motoren-Meisterwerk. Trotz dem sportlichen Charakter würde ich auf jeden Fall die Sechs-Gang-Automatik empfehlen.
Ist der BMW 630i ein geeignetes Firmenfahrzeug? Diese Frage lässt sich für jeden Gran Turismo stellen. Man muss sich einfach bewusst sein, welche Botschaft man als Chef am Steuer eines Sportwagens à la BMW 630i bei Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern hinterlässt. Ich wurde in den zwei Wochen mit dem Testwagen zwar nur einmal von einem potenziellen Kunden auf den «geilen Chlapf» angesprochen. Auch das reduzierte Platzangebot muss im Auge behalten werden. So konnte ich nach der Verwaltungsratssitzung beispielsweise nicht wie gewohnt die honoren Herren ins Restaurant mitnehmen. Ist das nun eine Einschränkung, welche Gran Turismos grundsätzlich aus dem Firmenwagensegment verbannen sollte? Immerhin bin ich – vermutlich wie die meisten Führungskräfte – mehr als 90 Prozent mit meiner Aktentasche alleine unterwegs. Diese Frage muss jeder für sich alleine beantworten. Wenn wir schon bei den Schwächen sind: Viel Gepäck kann man im 630i nicht mitführen. Der Kofferraum ist relativ klein.
Noch ein Wort zur Wirtschaftlichkeit: Der Benzinverbrauch ist mit elf Litern für dieses Fahrzeugsegment bescheiden. Auch die Unterhaltskosten bewegen sich sehr im Rahmen. Einzig der erwartete Wertverlust schlägt negativ zu Buche. Dafür kann der 630i eigentlich nicht viel, denn der Wertverlust hängt vielmehr mit dem kleinen Markt für Coupés in der Schweiz zusammen. Im Konkurrenzvergleich (siehe Nebenartikel «Vergleich: Der BMW 630i und seine Konkurrenten») steht der BMW 630i deshalb gut da: Ausschlaggebend ist hier vorwiegend der attraktive Anschaffungspreis. Viele Bauteile stammen aus dem BMW-Baukasten und sind deshalb Grossserienteile. So kostet der Testwagen mit einigen Extras wie zum Beispiel der Aktivlenkung und dem famosen Head-up-Display etwas über 116 000 Franken.
BMW hat auch in der Schweiz ein erfolgreiches Jahr hinter sich. Trotz rückläufigem Markt konnte der Absatz um 16 Prozent gesteigert werden. Das klare Markenprofil, die langfristig ausgerichtete Strategie, flexible, aber ausgelastete Fabriken führen zu einer Umsatzrendite, welche mit geschätzten acht Prozent beinahe viermal so hoch ist wie beispielsweise beim Volkswagen-Konzern. Dieses Resultat ist bemerkenswert. So nebenbei: Ich halte an meiner Empfehlung für die BMW-Aktie (siehe BILANZ 2/05) fest, denn die Kursentwicklung der BMW-Titel ist den Aussichten und Qualitäten des Konzerns zuletzt nicht gerecht geworden.
Fazit: Der BMW 630i bezieht seinen Reiz, neben dem Design und den athletischen Proportionen, in erster Linie aus dem berühmten Sechszylindermotor. Fahreigenschaften und Handling sind erste Sahne. Ein klassischer GT mit Nachteilen bei Platzangebot und Komfort.
BMW 630i Coupé
Antrieb: Hinterräder
Motor: 3,0 Liter, 6 Zylinder
Leistung: 258 PS / 190 KW
Drehmoment (1): 300 NM bei 2500 U/min
Energieeffizienz (2): D
Tankinhalt: 70 Liter
(1) Der Drehmomentverlauf in Abhängigkeit von der Drehzahl ist massgebend für die Motorelastizität (Durchzugskraft) sowie für das Beschleunigungs- und das Steigvermögen eines Autos.
(2) Neu ist seit 2003 die Angabe der Energieeffizienz für Personenwagen, eingeteilt in Kategorien von A bis G, wobei A für energieeffizient und G für energieineffizient steht. Die Kategorie wird ermittelt, indem der Treibstoff-Normverbrauch und das Leergewicht in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.
Quelle: Auto-Interleasing AG