Im winzigen Lokal am Kopf der Nydeggbrücke sassen einst die Damen der feinen Berner Gesellschaft, versüssten sich den Nachmittagskaffee mit einem Stück Kuchen und parlierten über Gott und den Gatten, der als guter Berner selbstverständlich beim Bund diente.

Heute speisen immer noch feine Damen im früheren Zollhäuschen, das 1844 eröffnet wurde und 1853, nach der Aufhebung der Brückenzölle, wieder schliessen musste – doch im Unterschied zu damals sitzen nun oft auch Herren dabei, und die Gespräche dürften sich weniger um Privates als um die Geschicke unseres Landes drehen: In der Brasserie Bärengraben von Frédéric Wyler treffen sich während der Sessionen die Hedonisten unter den Parlamentariern, um bei Tatar, Entenbrust und Beaujolais ausgiebig zu debattieren und zu dinieren.

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Französischer Esprit. Die Stimmung ist dementsprechend angeregt: Der französische Esprit, der hier nicht nur in der Karte allgegenwärtig ist, sondern genauso in der gut bestückten Patisserie-Vitrine sowie im einfachen, aber eleganten Mobiliar, scheint die Berner Behäbigkeit endgültig vertrieben zu haben. Ein perfekter Rahmen für die klassische Bistroküche.

«Exzellent.» Mein Gegenüber fängt mit einem bunten Blattsalat an, der in seiner aromatischen Sauce vor Frische strotzt und mit viel Croûtons und Speck in einer Schüssel serviert wird. Ich probiere das mit Roquefort gefüllte Blätterteigkissen. Der Boden ist ein bisschen feucht, und dem Kissen fehlt die Luftigkeit, aber das ist auch das Einzige, was es zu monieren gibt. Die Bärenkrebse, die sich als grosszügige Portion auf dem Teller meines kritischen Kollegen türmen, schmecken – wie er zwischen jedem Bissen entrückt bestätigt – «exzellent». Die Kalbsnieren sind an einer pikanten Senfsauce, die zwar schwer im Magen liegt, aber dafür so gut schmeckt, dass man sie mit den handgemachten Pommes allumettes bis aufs letzte Tröpfchen aufputzt.

Dazu wollten wir eigentlich einen Beaujolais trinken, doch Frédéric Wyler fand, dass der Merlot Tête de Cuve aus dem Languedoc viel besser zum Essen passen würde, und bescherte uns mit seinem Tipp eine wunderbare Überraschung. Beim Gehen warfen wir einen letzten Blick auf die Profiteroles in der Vitrine und schworen uns, dass wir wieder kommen. Und zwar très bientôt!

  • Was man gegessen haben muss: Die Pommes allumettes, weil sie handgeschnitten und somit eine Rarität sind.
  • Zeit bis zum ersten Bissen: Eine gemütliche Viertelstunde.
  • Diskretionsfaktor: Ein idealer Ort, um sich avant la lettre zu informieren.

Brasserie Bärengraben
Grosser Muristalden 1
3006 Bern
Tel. 031 331 42 18

Täglich von 11.30 bis 22.30 Uhr offen.