Er ist unverkennbar mit seinem strohblonden Haarschopf: Der Brexit-Hardliner Boris Johnson will die Nachfolge der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May antreten - als neuer Parteichef der konservativen Tories und in der Folge auch als Regierungschef.
Johnson, von vielen einfach nur «Boris» genannt, wurde 1964 in New York als Alexander Boris de Pfeffel Johnson geboren. Schon als Kind habe er den Wunsch geäussert, einmal «König der Welt» zu werden, verriet seine Schwester Rachel dem Biografen Andrew Gimson.
Ihr Bruder Boris erhielt als Schüler ein Stipendium für die Eliteschule Eton und ging später auf die Universität Oxford, wo er Mitglied im berüchtigten Bullingdon Club wurde.
Nach dem Studium wurde Johnson Journalist. Die Zeitung «The Times» feuerte ihn nach einem Jahr, weil er Zitate fälschte. Dann arbeitete er für «The Daily Telegraph», das Magazin «Spectator» und verfasste mehrere Geschichtsbücher.
Von 1989 bis 1994 als Brüsseler Korrespondent für den "Telegraph" machte er sich über EU-Institutionen und angebliche EU-Beschlüsse lustig. In Brüssel zerbrach die Ehe mit seiner ersten Frau Allegra Mostyn-Owen. Er heiratete seine Jugendfreundin Marina Wheeler, mit der er vier gemeinsame Kinder hat. Das Paar trennte sich 2018.
Politisches Geschick
Seine politische Karriere begann Johnson 2001 als Abgeordneter. Sein politisches Geschick bewies er 2008 und 2012 durch die zweimalige Wahl zum Bürgermeister von London - einer normalerweise eher links wählenden Stadt.
International gewann er durch die Organisation der Olympischen Spiele in der Hauptstadt 2012 an Profil. Kritiker werfen ihm allerdings vor, sein Erbe als Bürgermeister beschränke sich auf eine bessere Verkehrsinfrastruktur für Fahrradfahrer.
Ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister kehrte Johnson 2015 als Abgeordneter ins Unterhaus zurück. Seine Entscheidung, die Brexit-Kampagne zu unterstützen, gilt als Wendepunkt in den Austrittsbestrebungen des Vereinigten Königreichs, und führte zum Sieg der Brexit-Befürworter.
Erfolgloser Aussenminister
Bereits nach seinem Triumph beim Brexit-Votum galt Johnson als Favorit für den Posten des Premierministers - doch grätschte ihm sein bis dahin engster Unterstützer Michael Gove dazwischen, der selbst seine Kandidatur verkündete.
Johnsons Ernennung zum Aussenminister im Jahr 2016 galt den einen als gewiefter Schachzug der neuen Premierministerin May - wurde angesichts undiplomatischer, teils rassistischer Bemerkungen Johnsons unter anderem über Ex-US-Präsident Barack Obama von anderen aber als ungeschickt gewertet.
Das Institut Chatham House bezeichnete Johnson als den "erfolglosesten" britischen Aussenminister seit dem Zweiten Weltkrieg: Wo Ernsthaftigkeit und Detailgenauigkeit erforderlich gewesen seien, habe Johnson nur Sprüche geklopft. Im Sommer vergangenen Jahres trat er aus Verärgerung über Mays Brexit-Kurs zurück.
Schlagzeilen mit Privatleben
Obwohl Johnson im Rennen um die Parteiführung von Anfang an als haushoher Favorit gehandelt wurde, fürchtete sein Team, er könnte es mit seinem unvorhersehbaren Verhalten noch vermasseln.
Er mied deshalb zunächst die mediale Bühne - das brachte ihm allerdings den Vorwurf ein, seine als zu vage kritisierte Vision vom Brexit einer genauen Prüfung durch die Öffentlichkeit entziehen zu wollen.
Vor wenigen Wochen machte Johnson dann auch noch mit seinem Privatleben Schlagzeilen. Ein nächtlicher Streit mit seiner Lebensgefährtin rief die Polizei auf den Plan und dominierte alle Titelseiten.
Dass sich die Parteibasis von solchen Schlagzeilen jedoch noch umstimmen lässt, ist aber unwahrscheinlich. Denn die Tory-Mitglieder wollen vor allem eins: endlich den Brexit durchziehen.
(sda/tdr)