Herr Babin, heute reden alle von DNA, von historischen ästhetischen Codes, die man strikt anwenden müsse. Sie nicht. Warum nicht?
Für Bulgari geht es bei der DNA um Farben, Formen und Verwegenheit der Kreationen. Daraus kann man unterschiedliche Produkte entwickeln, ohne sich an sture Design-Codes halten zu müssen. Aber der Geist der Marke soll spürbar sein, auch bei zeitgemässen Auslegungen der historischen DNA.
 
Dennoch: Vintage ist das Zauberwort in der Luxusbranche.
Man hatte in der Tat in den letzten zehn Jahren viel Erfolg mit Design-Codes aus den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren. Ich halte es aber für unsere Mission, auch eine neue zeitgemässe Ästhetik zu schaffen. Nehmen Sie unser Modell Octo. Da wurden neue Design-Codes geschaffen, stimmig im Einklang mit der Marken-DNA.
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Woher kommt die Vintage-Faszination?
Die Uhrmacherei hat in den siebziger Jahren eine Art Renaissance erlebt. Es gab damals viele geniale Designentwürfe. Es war ja die Zeit der Pop-Art und der Post- 68er, die Kreativität sprudelte. Wegen der Quarzkrise gingen die genialen Entwürfe aber zum Teil unter und verschwanden. In den letzten Jahren wurden sie erfolgreich ausgegraben. Man hat jedoch vergessen, dass es auch unsere Mission wäre, neue Codes zu kreieren.
 
Fehlte der Mut?
Er war schier inexistent. Wenn ich an wirklich neue Codes denke, fällt mir etwa die Ballon von Cartier ein. Das war kreativ. Wir haben die Kollektionen Lucea, Serpenti und Octo. Und natürlich gibt es auch sonst ein paar Beispiele. Aber generell haben die meisten Leader-Marken in den letzten 20 Jahren keine neuen Codes erfunden, sondern Bestehendes weiterentwickelt.
 
Wird das Neue auch gekauft?
Sehr gut sogar. Die jüngsten Produkte bei uns, die vor drei, fünf oder sieben Jahren lanciert wurden, haben klar den Löwenanteil beim Umsatz. Und sie weisen das beste Wachstum aus.
 
Warum?
Es sind drei klare neue Designs, wie man sie zuvor nicht gesehen hatte, die aber dennoch deutlich als Bulgari erkennbar sind. Ist ein Produkt nur anders, wird das kaum Erfolg bringen. Wenn es nur kohärent ist, genauso wenig. Es braucht beides.
 
Wann lancieren Sie wieder etwas total Neues?
Wir haben Produkte, die sehr jung sind, aber viel Erfolg haben – auch im Vergleich zu Produkten, die zum Teil mehr als 100 Jahre alt sind. Ich glaube, hier lohnt es sich, noch etwas dranzubleiben. An der Baselworld sehen Sie zig Uhren, die einen Lebenszyklus von 24 Monaten haben. Schon 24 Monate nach ihrer Präsentation sind sie mangels Erfolg verschwunden. Unsere haben bestens überlebt, und deshalb haben wir starke Gründe, zu glauben, dass wir an ihnen festhalten sollten.
 
Was funktioniert heute im Luxusgeschäft?
Aktuell vor allem der Schmuck. Da haben wir eine grosse Dynamik und ein starkes Wachstum. Beim Uhrengeschäft sind wir zwar über dem Branchenschnitt, aber das Wachstum ist hier doch kleiner.
 
Dieser Text erschien in der November-Ausgabe 11/2017 der BILANZ.