Wer solche Prognosen trifft, stellt sich automatisch ins Scheinwerferlicht: Burkhard Varnholt, Chefanleger von Julius Bär, sagt dem hiesigen Leitindex SMI in den nächsten fünf Jahren einen Anstieg auf 20'000 Punkte voraus. Gegenüber dem aktuellen Niveau (rund 9'400 Punkte) entspräche das mehr als einer Verdoppelung und wäre nur durch einen gewaltigen Börsenboom erreichbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass Varnholt mit dieser gewagten Vorhersage ordentlich danebenliegt, ist gross. Zum einen gelten Aktien nach der sechsjährigen Hausse heute als teuer. Zum anderen hat sich Varnholt schon oft verschätzt.
So hatte ihn die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende nicht gross beunruhigt. Er riet zu Firmen mit einem globalen Geschäftsumfeld und jährlichen Wachstumsraten von 200 Prozent beim Umsatz und 70 Prozent beim Gewinn. Damals noch Leiter Investment Analysis von Credit Suisse Private Banking, sah er die Hausse im Jahr 1999 «durch harte wirtschaftliche Fakten» fundamental untermauert. Crash-Ängste hielt er für unbegründet. Kurz darauf ging der Tech-Blase und dem globalen Börsenboom die Luft aus. Bis 2003 halbierten sich die Kurse an der Schweizer Börse.
Zur falschen Zeit gewechselt
Zur falschen Zeit wechselte der meist optimistische Varnholt ins Lager der Pessimisten. Dem Aufschwung ab 2003 an den Börsen sagte er als Chefanalyst der Credit Suisse eine kurze Lebensdauer voraus. Mittel- und längerfristig sei nicht mit einem dauerhaften Aufschwung zu rechnen. Der Index hielt sich nicht an Varnholts Prognose und schoss bis 1. Juni 2007 auf das seither geltende Allzeithoch von 9531 Punkten.
Der Optimismus stellte sich bereits 2005 wieder ein. Er verstellte den Blick für die anrollende Finanzkrise. Im März 2007, als das Kartenhaus schon heftig wackelte, riet der inzwischen bei Sarasin beschäftigte Varnholt, Kurseinbrüche für Zukäufe zu nutzen. Die ersten Korrekturphasen hielt er noch für gesund.
Die USA glaubte er von einer Rezession «meilenweit entfernt». Die Realität holte Amerika und Varnholt schnell ein. Im vierten Quartal 2007 fingen die Wachstumsraten zu bröckeln an. 2008 schlitterte die grösste Volkswirtschaft der Welt in eine ihrer tiefsten Rezessionen, die im zweiten Quartal 2009 mit negativen Wachstumsraten von vier Prozent ihren Höhepunkt fand.
Auch mit der Einschätzung der Eurokrise tut sich Varnholt schwer. Noch im ersten Halbjahr 2012 werde Europa die Währungskrise überwinden, glaubte er einst.