In China werden so viele Elektro-Fahrzeuge verkauft wie im Rest der Welt zusammen. Doch nicht internationale Grössen wie Tesla und Daimler treiben den Boom an. Angeschoben wird er vielmehr von Billigmodellen einheimischer Hersteller.
Unterstützt durch üppige Subventionen fahren sie ihrer ausländischen Konkurrenz davon - mit Wagen, die wie der Zweitürer Chery eQ für umgerechnet rund 8200 Euro (rund 8800 Franken) zu haben sind. Der chinesische Batterie-Flitzer kostet damit nur einen Bruchteil dessen, was der amerikanische E-Auto-Pionier Tesla und die Daimler-Marke Denza in der Volksrepublik für ihre Fahrzeuge verlangen. Das könnte den Chinesen auch beim Sprung auf den Weltmarkt helfen.
Preis als zentrales Verkaufsargument
«Die 300'000 bis 600'000 Yuan (44'000 bis 88'000 Franken) für einen Luxuswagen von Tesla oder Denza kann ich mir definitiv nicht leisten», sagt ein Regierungsmitarbeiter in Peking. Der 31-Jährige kaufte sich stattdessen ein deutlich günstigeres Auto aus der hauseigenen Produktion des Daimler-Partners BYD, mit dem die Stuttgarter ihre Denzas herstellen. Der sparsame Autokäufer erklärt weiter, einzige Alternative zu seinem neuen BYD Qin wäre noch ein Modell von BAIC ebenfalls aus China gewesen - aus Kostengründen, auch wenn die Reichweite geringer ist als bei den ausländischen Fahrzeugen.
Auch der Chef des Autohändlers EVBuy, Dawei Zhang, bezeichnet den Preis als zentrales Verkaufsargument, weil die Ausstattungen chinesischer Elektro-Fahrzeuge sehr ähnlich seien. «Es ist eben nur ein Transportmittel, nichts zum Angeben.» Doch das scheint auszureichen, um der Branche kräftige Zuwachsraten zu bescheren: Der Absatz von Autos mit Elektro- und Hybridantrieb erhöhte sich 2016 um 53 Prozent auf 507'000 Stück. Nicht nur die Bewohner in den verkehrsdichten Grossstädten sondern auch Taxi-Betriebe und Behörden setzen verstärkt auf sie.
Vorsprung der Chinesen noch einzuholen?
Den Autohäusern werden die Sparangebote ermöglicht durch die grosszügige Subventionspolitik, mit der die Pekinger Führung das Riesenland mit seinen Smogproblemen in den Grossstädten zum Leitmarkt für umweltfreundlicheres Fahren machen will. Davon profitieren in erster Linie heimische Unternehmen wie BAIC und BYD. Ausländische Autobauer können die staatliche Förderung nur nutzen, wenn die Wagen - wie bei Daimler - in Kooperation mit einem chinesischen Partner gebaut werden. Doch dann fehlt ihnen das Gütesiegel des grossen internationalen Namens, während sie aber gleichzeitig teurer sind als die Konkurrenz vor Ort.
Ob der Vorsprung der Chinesen noch einzuholen ist, bleibt vorerst fraglich. Zwar gleichen sich die Wettbewerbsbedingungen in den nächsten Jahren formal an, weil staatliche Kaufanreize in diesem Jahr um ein Fünftel gekürzt werden und bis 2020 ganz wegfallen sollen. Doch möglicherweise ist es dann schon zu spät für die Ausländer. BYD jedenfalls zeigt sich optimistisch: Durch immer höhere Stückzahlen könnten die Produktionskosten soweit gedrückt werden, dass auch ohne Subventionen attraktive Preise drin seien, sagte Marken- und PR-Vize-Chef Li Yunfei.
Diese Skaleneffekte sieht Li auch als Startvorteil beim Sprung auf den Weltmarkt, zu dem seine Branche ansetzt. So verkaufe BYD bereits Elektrobusse in Europa und Afrika und bereite sich «an allen Fronten» auf den Einstieg in den Pkw-Markt vor. Chinesische E-Autobauer würden international bald zu einer wichtigen Grösse, sagte Li. «Das Potenzial ist riesig.»
(reuters/ccr)