Angesichts knapper Kassen mögen die Star-Alliance-Partner kaum spassen. Mitte Dezember muss bei ihrem Treffen in Wien die komische Oper «Der Barbier von Sevilla» nachhelfen, die Lufthansa-Chef Christoph Franz mit den Chefs der Partnerairlines als Ablenkung geniesst. Zumindest für den 53-Jährigen werden entspanntere Tage kommen, wenn er ab Frühjahr Präsident des Pharmakonzerns Roche ist. Weit entfernt sind dort Sparprogramme wie «Score», die Franz bei der Kranich-Linie durchzog. Er wird ab 2014 eine der wichtigsten Figuren der Schweizer Wirtschaft – in einer Branche mit Milliardengewinnen. Ist Franz zwar Neuling im Pharmageschäft, kennt er dank dreier Jahre im Roche-Verwaltungsrat doch die Grundzüge und kann auf CEO Severin Schwan bauen. Beide bilden einen Gleichklang: als bodenständige und ruhige Manager, die sachliche Argumente bevorzugen. Das dürfte Roche-Präsident Franz Humer bei der Wahl seines Nachfolgers zugesagt haben.
In der Schweiz ist der gebürtige Frankfurter gut verdrahtet, seit er die Swiss vor Jahren sanierte und auf Flughöhe brachte. Franz blieb trotz seines Wechsels an die Lufthansa-Spitze mitsamt seiner Familie in Zürich wohnen, plante pro Woche mehrere Rückflüge nach Hause, auch wenn er viele im Arbeitsgefecht wieder streichen musste.
Die Getreuen
Ein Förderer ist zum engen Freund von Christoph Franz geworden: Johannes Ludewig. Bevor der Chef der Deutschen Bahn abtrat, protegierte er den damaligen Bahn-Manager Franz. Dieser ging später zurück zur Lufthansa und erklomm deren Spitze. Freundschaftlich verbunden ist der Airline-Lenker auch Alexander Pereira, ehemals Intendant der Zürcher Oper und nach einem Intermezzo in Salzburg ab 2014 an der Mailänder Scala. Gegensätzlicher könnten Franz und Swiss-Chef Harry Hohmeister kaum sein, und doch sind sie eng verbunden. Franz, der besonnene, zurückhaltende Manager, und der schnell aufbrausende, schonungslos direkte Hohmeister sanierten die Swiss. Seither machten beide Karriere im Swiss-Mutterkonzern Lufthansa: Franz bis zur Lufthansa-Spitze, Hohmeister bis zum Swiss-Chefsessel. Bruno Gehrig, Präsident von Swiss und bis zu diesem Jahr zudem Vizepräsident von Roche, ist Franz ein wichtiger Unterstützer. Auch Roche-Präsident Franz Humer erwärmte sich für den Lufthansa-Chef auf der Suche nach einem Nachfolger. Seit 2011 sitzt Franz im Roche-VR und versteht sich dort bestens mit André Hoffmann, Sprecher der Roche-Eignerfamilie, wie auch mit Andreas Oeri, dem wichtigsten Mann des zweiten Familienzweigs. Verbunden fühlt sich Franz Nestlé-Chef Paul Bulcke und dem abtretenden Shell-CEO Peter Voser, beide ebenfalls Verwaltungsräte von Roche und wie Franz bodenständige Manager.
Die Gegner
Für einen, der wie Franz die Harmonie liebt, wiegt der tiefe Zwist mit Hartmut Mehdorn schwer. Mehdorn, der sich als Chef des Berliner Chaos-Flughafens versucht, liess Franz unter seiner Ägide als Chef der Deutschen Bahn vor zehn Jahren abrupt fallen. Franz hatte ein flexibleres Preissystem ausgetüftelt, das in der Öffentlichkeit für Kritik sorgte. Mehdorn versicherte Franz, den Druck auszuhalten, entliess ihn aber als Bauernopfer. Giftige Worte findet Franz für Etihad und deren Chef James Hogan, der mit der arabischen Airline dank Staatshilfen die Lufthansa radikal angreift. Genervt reagiert er auch auf Preisattacken von Ryanair-CEO Michael O’Leary. Beim Aufstieg auf der Karriereleiter an die Lufthansa-Spitze liess Franz vor Jahren Stephan Gemkow hinter sich. Der einstige Lufthansa-Finanzchef galt als aussichtsreicher Kandidat für den Spitzenjob und führt nun den Mischkonzern Haniel. Kürzlich trat im von Franz angestossenen Managementumbau Lufthansa-Manager Stefan Lauer ab, der die Führung der Airline-Töchter an Harry Hohmeister abgab. Lauer, heisst es, habe sehr für die alte Lufthansa-Zeit gestanden.
Die Schweiz-Connection
Seine Kenntnisse über den Bahnverkehr aus der Zeit bei der Deutschen Bahn helfen Franz in der Schweiz. Stadler-Rail-Präsident Peter Spuhler holte ihn 2011 in den Verwaltungsrat und lobte sein Wissen und Netzwerk. In dem VR trifft Franz auf den früheren ABB-Chef Fred Kindle. Daneben hält er sich den Zugang zu einem weit grösseren Managerzirkel offen: Im Think Tank Avenir Suisse sitzt Franz seit 2009 und kennt daher Schweizer Manager wie Lonza-Präsident Rolf Soiron, Zurich-Chef Martin Senn und Credit-Suisse-Oberaufseher Urs Rohner. Rohner gehörte mit Franke-Patron Michael Pieper auch zu dem Wahlausschuss, der Franz einst zum Swiss-CEO ernannte.
Die Karriere
Nach einem exzellent benoteten Studium in Deutschland, Frankreich und den USA sowie seiner Promotion an der Technischen Universität Darmstadt startete Franz 1990 bei der Lufthansa. Dort begegnete er seinen zwei wichtigen Airline-Förderern: Der damalige Lufthansa-Chef Jürgen Weberholte Franz in sein Sanierungsteam, das die Airline wieder zu einer grossen Nummer im Markt machen sollte. Dieses Team leitete Wolfgang Mayrhuber, der dieses Jahr «Mister Lufthansa» Weber als Chefaufseher der Kranich-Linie ablöste. Mit Weber wie Mayrhuber ist Franz per Du. Beide halten grosse Stücke auf diesen. Nachdem Franz zur Deutschen Bahn gewechselt, sich in neun Jahren zum Personenverkehrschef hochgearbeitet hatte und vom damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn unfair abserviert worden war, ging Franz 2004 als Chef zur Swiss. Deren gelungene Sanierung beförderte ihn fünf Jahre darauf ins Führungsteam der Lufthansa, welche die Airline übernommen hatte. 2010 stieg er zum Konzernchef auf. Mit dem Ruf nach Basel als Präsident von Roche krönt Franz nun seine Karriere.
Die Familie
Eine Wohnung in Frankfurt hatte Christoph Franz gar nicht gesucht, trotz seinem Wechsel von der Swiss auf den Lufthansa-Chefsessel. Seine Ehefrau Isabelle, die er beim Studium in Paris kennen lernte, und einige seiner Kinder wohnen wie Franz weiter in der Nähe des Zürcher Zentrums. Vier Söhne und eine Tochter beanspruchen die Freizeit des Managers, der sie gerne mit seiner Familie teilt. Seine Mitstreiter bei der Lufthansa kennen ihn als ausgesprochenen Familienmenschen, der unter der Woche nach Hause pendelt. Muss er in Frankfurt übernachten, wählt Franz mal ein Hotel, mal ein Zimmer bei seiner Mutter, die nahe bei Frankfurt lebt. Dank vielen Wanderungen und Skifahrten kennt sich Franz in der Schweiz bestens aus.