Hillary Clinton und ihr Widersacher Donald Trump sind im Rennen um die Wahl zum nächsten US-Präsidenten zum ersten von bis zu drei TV-Duellen aufeinandergetroffen. Die Debatte wurde weltweit ausgestrahlt.
Die 90-minütige Debatte galt als eines der grössten politischen TV-Ereignisse der vergangenen Jahre. Bis zu 100 Millionen Zuschauer wurden erwartet. Hillary Clinton und Donald Trump lieferten sich im Rennen um das Weisse Haus ein höchst engagiertes und teils hart geführtes TV-Duell.
Teilweise aggressiv und oft atemlos
Der Moderator musste wiederholt eingreifen. Clinton und Trump stritten vor allem über die Wirtschaft- und Aussenpolitik aber auch über Fragen der nationalen Sicherheit und die Spannungen zwischen der schwarzen und weissen Bevölkerungsschicht. Mit dem TV-Duell trat der Wahlkampf in die heisse Phase. Gut ein Fünftel der Wähler war Umfragen zufolge zuletzt noch unentschlossen.
Trump wirkte teilweise aggressiv und oft atemlos. Seine Antworten wurden im Laufe der Debatte immer unsteter und aufgeregter. Er unterbrach Clinton oft. Clinton gab sich meist gelassen und versuchte, mit Argumenten zu überzeugen. Beide gerieten unter anderem bei Themen wie internationaler Handel und bei der Integration der afroamerikanischen Minderheit aneinander.
Trump lobte sich in einem Teil der Debatte selbst. «Ich habe die deutlich bessere Urteilsfähigkeit als sie», sagte er. «Sie sieht nicht wie eine Präsidentin aus, sie hat nicht die Ausdauer dazu.» Die «Washington Post» bezeichnete Trump in Teilen der Debatte als «ziellos».
Heftiger Streit über Aussenpolitik
Beim Thema Aussenpolitik kritisierte Clinton die Bewunderung, die Trump für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgedrückt hatte. Zudem erklärt sie, dass die US-Luftangriffe auf die Islamisten-Miliz IS verstärkt werden müssten.
Vorwürfe von Trump, sie und Präsident Barack Obama hätten wegen des verfrühten Abzugs aus dem Irak eine Mitschuld an dem Erstarken der IS- Terrormiliz, wies sie zurück. Die Entscheidung über den Irak-Abzug sei von dem republikanischen Präsidenten George W. Bush getroffen worden, nicht von Obama.
Zusammenarbeit mit der Nato
Clinton betonte zudem die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus, unter anderem im Rahmen der Nato. Trump habe dagegen die muslimischen Verbündeten immer wieder beleidigt.
Trump warf der Nato vor, sich nicht genug auf den Kampf gegen den Terrorismus zu konzentrieren. Auch könnten sich die USA ihre jetzigen Verteidigungsausgaben finanziell nicht leisten. «Wir können nicht der Weltpolizist sein», sagte er.
Härtere Gangart gegen die IS-Terrormiliz
Die frühere Aussenministerin setzte sich für eine härtere Gangart im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein. «Wir müssen die Luftangriffe auf den IS intensivieren», sagte sie. «Wir müssen auch Bagdadi jagen», sagte sie über den Anführer der Terrormiliz, Abu Bakr al-Bagdadi.
Trump warf der Administration US-Präsident Barack Obamas schwere Fehler vor und wiederholte seine Darstellung, die USA hätten die Ölquellen des Iraks besetzen müssen, um sie vor dem IS zu schützen. Trump widersprach der Darstellung Clintons, er werde als Sicherheitsrisiko angesehen und für nicht tauglich gehalten, die Rolle des Oberkommandierenden der US-Armee zu übernehmen.
«Mehr als 200 Admirale und Generäle unterstützen mich», sagte Trump. «Ich werde sicher nicht den nuklearen Erstschlag führen.» Er behauptete erneut, er sei stets gegen den Einmarsch der USA in den Irak gewesen. Diese Behauptung ist mehrmals widerlegt worden.
Rassismus eines der grössten Probleme
«Die ungleiche Behandlung von Schwarzen und Weissen» ist nach Ansicht von Clinton nach wie vor eines der grössten Probleme der USA. «Wir müssen das Vertrauen zwischen den Kommunen und der Polizei wiederherstellen», sagte sie in der TV-Debatte. Jeder müsse sich an das Gesetz halten.
«Wir müssen die Waffen aus den Händen derer wegnehmen, die sie nicht tragen sollten», betonte sie. Donald Trump sagte, Amerika brauche mehr «law and order», Recht und Ordnung. Clinton wolle diese Wörter nicht einmal benutzen.
Angriff wegen Email-Affaire
Der New Yorker Milliardär forderte Clinton hinsichtlich ihrer E-Mail-Affäre heraus. Er werde seine Steuerunterlagen veröffentlichen, sobald Clinton die 33'000 E-Mails publik mache, die sie als Aussenministerin über einen privaten Server gesendet hat und die noch nicht von der US-Bundespolizei FBI aufgefunden werden konnten.
Traditionell veröffentlichen Präsidentschaftskandidaten in den USA ihre Steuererklärungen, um dem Wahlvolk einen Einblick in ihre Verdienst- und Vermögenssituation zu geben. Clinton hat dies ebenfalls getan. Trump weigert sich bisher beharrlich. «Irgendetwas versteckt er», sagte Clinton.
Persönliche Argumente
Gegen Ende der Debatte stritten beide über das richtige Temperament eines Präsidenten: Dies sei vielleicht seine grösste Stärke, sagt Trump, denn er habe das Temperament eines Siegers.
Clinton erklärte dagegen, ein Mann, der sich von einem Tweet provozieren lasse, sollte nicht seinen Finger auf dem Knopf für den Abschuss von Atomraketen haben.
Bisheriger Höhepunkt
Die Debatte auf einer Bühne der Hofstra Universität in Long Island im Bundesstaat New York war der Höhepunkt des bisherigen Wahlkampfes. Experten erwarteten bis zu 100 Millionen Zuschauer - fast ein Drittel der Bevölkerung und ein Wert, der in den vergangenen Jahren nur vom Football-Finale Super Bowl erreicht wurde.
In der Vergangenheit haben die seit 1960 ausgetragenen Fernsehduelle mehrfach einen Einfluss auf den Verlauf des Wahlkampfs gehabt. In jüngsten Umfragen lagen beide Kandidaten fast gleichauf, wobei eine noch am Montag veröffentlichte Reuters/Ipsos-Erhebung einen Vorteil für Clinton ergab. Die beiden Kandidaten sollen noch zwei Mal im Fernsehen aufeinandertreffen. Die Wahl findet am 8. November statt. In einigen Bundesstaaten ist die Stimmabgabe jedoch bereits seit einigen Tagen erlaubt.
(sda/reuters/ccr)