Der Bundesrat verbietet wegen des Coronavirus Grossveranstaltungen. Das teilt die Landesregierung an einer Medienkonferenz in Bern mit, Titel: «Coronavirus (COVID-19): Massnahmen des Bundesrates in einer besonderen Lage nach Epidemiengesetz.»
Laut Bundesrat und Gesundheitsminister Alain Berset sind inzwischen rund 15 Personen mit dem Virus diagnostiziert; rund 100 Menschen in der Schweiz befinden sich in Quarantäne. Allerdings habe man in der Schweiz noch keinen Fall, bei dem man den Ansteckungsweg nicht zurückverfolgen kann.
Gestützt auf das Epidemiengesetz hat die Landesregierung beschlossen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen zu verbieten. Kleinere Anlässe bedürfen einer Bewilligung: Die Veranstalter müssen mit den zuständigen kantonalen Behörden eine Risikoabwägung durchführen.
Dieser Entscheid gilt ab sofort – und bis 15. März 2020. Es stehe den Kantonen frei, weitergehende Massnahmen zu verfügen, so Berset: «Wir wollen weitere Ansteckungen so gut es geht in Grenzen halten.»
Bürogebäude ausgenommen
Vom Veranstaltungsverbot des Bundes ausgenommen sind Bürogebäude mit mehr als tausend Personen. «Dort können sich die Personen frei bewegen und können die Hygienevorschriften umsetzen», sagte Innenminister Berset vor den Bundeshausmedien.
Im Bundeshaus selbst allerdings sind in Folge Besuche während der Frühjahrssession nicht möglich. Die Session beginnt am Montag. Die Zahl der Personen im Parlamentsgebäude in Bern müsse reduziert werden, hiess es im Communiqué.
Auch Besucher der Parlamentsmitglieder und nicht fest akkreditierte Medienschaffende haben deshalb keinen Zutritt zum Parlament. An einem normalen Sessionstag bewegten sich in der Regel weit über tausend Personen im Gebäude, schrieben die Parlamentsdienste.
In einer weiteren Erklärung sagte Heidi Hanselmann (SP), die EDK-Präsidentin und Gesundheitsdirektorin des Kantons St. Gallen, dass die Absage solcher Veranstaltungen ein effizientes Mittel sei, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen: Dies zeige die internationale Erfahrung. Auf der anderen Seite habe man gemerkt, dass es schwierig ist, das Problem nur noch kantonal anzugehen. Als Beispiel nannte Hanselmann die Eishockeyliga, wo heute in verschiedenen Kantonen Entscheide für Samstag gefällt werden mussten.
Von Peter Maffay bis Autosalon Genf
Schon zuvor waren mehr und mehr Events dem Virus zum Opfer gefallen. Der Genfer Uhrensalon «Watches & Wonders» – der frühere SIHH – wurde am Donnerstagmorgen abgesagt. Der Genfer Autosalon (7. bis 17. März) ist nun auch betroffen. Gestoppt ist die Agrimesse in Thun; die Landwirtschaftsmesse, die jeweils rund 20'000 Menschen anzieht, hätte noch bis 1. März laufen sollen (mehr).
Fussball-Ligen und der Eishockey-Playoff-Start müssen, sofern die Spiele durchgeführt werden, ohne Live-Publikum stattfinden. Hinzu kommen unzählige Konzerte – etwa «Star Wars in Concert» am 8. März oder der Auftritt von Peter Maffay am 11. März im Hallenstadion Zürich.
«Wir sind uns der hohen wirtschaftlichen Kosten bewusst», so EDK-Präsidentin Hanselmann, aber die Gesundheit der Bevölkerung habe Vorrang. Die wirtschaftlichen Schäden, so Alain Berset, könnten noch nicht beurteilt werden – laut dem Epidemiengesetz gebe es aber auch keine Haftung des Bundes für die Ausfälle. Das Veranstaltungs-Verbot sei keine isolierte Massnahme, betonte der Gesundheitsminister: Man arbeite zugleich weiter bei der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und der Prävention.
Enorm hart wird trifft es die Basler Fasnacht: Der «Morgestraich» sollte am kommenden Montag stattfinden. Die Kantonsregierung verbietet die «Durchführung der organisierten Veranstaltungen im Rahmen der Fasnacht 2020». Das gelte für «alle privaten oder öffentlichen Veranstaltungen …, die den spezifischen Charakter der Fasnacht transportieren und deshalb als Attraktionen Publikum an den Fasnachtstagen anziehen», so die Mitteilung des Regierungsrates. «Darunter fallen insbesondere der Morgenstreich (die Lichter werden nicht gelöscht), der Cortège, Veranstaltungen mit Schnitzelbängg, Schlussveranstaltungen wie Kehraus- und Schnitzelbanggschlussabende, Guggenkonzerte, Laternen- und Requisitenausstellungen, Bälle und Bummelsonntage.» Gastronomiebetriebe könnten ihren ordentlichen Betrieb aufrechterhalten.
Was geht? Was nicht?
Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP) machte an einer Pressekonferenz klar, dass man man keine Verletzungen tolerieren werde. Sollten trotzdem Cliquen gässle» wollen, werde die Polizei darauf aufmerksam machen, dass die Fasnacht abgesagt sei. Dürr rief die Fasnächtler dazu auf, sich nicht zu widersetzen. Basels Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP) betonte, dass sämtliche «organisierten Fasnachtsveranstaltungen» verboten seien.
Nicht betroffen seien die Skigebiete, so Alain Berset auf Nachfrage: Es gehe um Anlässe, wo man in einem Raum eine grosse Menge an Personen eng beieinander sind.
Auch nicht im Raster der Direktive fällt eigentlich die Baselworld: Die Uhrenmesse war vom 30. April bis 5. Mai angesagt. Nachdem aber mehrere Veranstalter ihrerseits auf eine Beteiligung verzichteten, folgte am Freitag Nachmittag hier ebenfalls die Absage. Die nächste Uhrenmesse in Basel soll nun Ende Januar stattfinden. Die veranstaltende MCH Group musste zudem ihre Gartenmesse Giardina in Zürich (11.-15. März 2020) absagen beziehungsweise verschieben. Verschoben wurde ferner die Internationale Messe für Erfindungen in Genf: Statt vom 25. bis zum 29. März soll sie nun im September ablaufen.
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Bleibt die Frage, wann die Regierung ganze Ortschaften absperren würde – so wie es in Italien jetzt geschah. Es gebe diese Eskalationsmöglichkeit, so Alain Berset an der Medienkonferenz, und je nach Lage könnte sich das auch aufdrängen. Der Entscheid müsse aber verhältnismässig und effizient sein, und dazu bestehe derzeit «wirklich kein Anlass».
Einen Überblick über die weltweit abgesagten oder verschobenen Messen finden Sie hier.
(rap/gku/me)