BILANZ: Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Wirtschaftslage?
Christoph Blocher: Wir haben keine Krise ...
Wie bitte?
... keine Krise, aber einen Bruch im weltweiten Konjunkturverlauf – eine Rezession –, sozusagen als Reaktion auf die vielen sehr guten Jahre zuvor. Bis 1998 haben die USA praktisch einen zwölfjährigen Aufschwung erlebt, den längsten seit dem letzten Weltkrieg. Man vergisst viel zu schnell die einfache Regel, wonach auf fette Jahre magere Jahre folgen, und umgekehrt.
Demzufolge sind wir in einem halben Jahr nicht über den Berg.
Wenn es ihm gut geht, denkt der Mensch, dass es ewig so weitergehe; das ist naturgegeben. Wenn es ihm schlecht geht, denkt er das Gegenteil. Ich glaube nicht, dass wir früher als in zwei oder drei Jahren aus der gegenwärtigen Flaute herauskommen.
In der Schweiz hatten Beratungsfirmen einen grossen Einfluss auf Entscheidungen von Unternehmen, zum Beispiel der Swissair. Was ist falsch gelaufen?
Ihre Methode war an sich nicht falsch. Aber die beratenden Firmen haben die Methode zum Inhalt erhoben, und damit gingen sie davon aus, dass sich damit jederzeit alle Probleme lösen liessen. Wo die Methode zur Strategie wird, gepaart mit blindem Wachstumsglauben – wie eben bei der Swissair – stürzen Firmen ab. Die Swissair ist hier kein Einzelfall. Im Wahn wurden die Bilanzen angepasst: «Wir sind die Grössten, und deshalb genügt ein Eigenkapital von zehn Prozent, und wir können beliebig viele Schulden machen.» Man sieht, wohin das bei Enron geführt hat. Aber auch wenn es mit rechten Dingen zugeht: Schulden haben ihre Grenzen. Das musste Martin Ebner bitter erleben. Er ist mit zu wenig eigenen Mitteln zu gross geworden.
Was hat Martin Ebner falsch gemacht?
Hinterher ist es immer einfach zu sagen, die Strategie sei falsch gewesen. Nach der Gründung seiner ersten Gesellschaft – der Pharma Vision, an der ich beteiligt war – hat Ebner begonnen, die Anzahl seiner Firmen zu vervielfachen. Das Ganze wurde zu breit. Hier konnte ich nicht mehr folgen. Das war 1997. Als Industrieller darf und kann ich mich nicht verzetteln. Wenn die Anzahl Firmen stetig zunimmt und es an allen Ecken und Enden zu brennen beginnt, wird man zum Feuerwehrmann, der von einem Brandherd zum anderen rennt, aber kein einziges Feuer mehr löschen kann.
Martin Ebner war ein Verfechter des Shareholder-Value. Haben die Versuche, dieser Maxime nachzukommen, erst recht zu Verlusten geführt?
Nein. Ich bin ein vehementer Verfechter des Shareholder-Value. Aber durch Überbetonung auch guter Ziele wurden Fehler gemacht, und es ist Missbrauch betrieben worden. Wir haben es hier mit demselben Phänomen zu tun wie in der so genannten New Economy. Ein blinder Glaube an Wachstum – ohne Produkte.
Waren das die einzigen Fehler?
Die guten Unternehmer, die ich kenne, arbeiten nicht alle nach der besten Manager- methode. Aber sie führen ihr eigenes Unternehmen mit allen Chancen und Risiken. Sie haben die Fähigkeit, dafür ihr Letztes zu geben, und leben für und vor allem vom Unternehmen. Ganz im Gegensatz zu den Managern, die plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht sind. Diese haben die Unternehmen – ihre rechtmässigen Besitzer, die Aktionäre – enteignet und so in die eigene Tasche gewirtschaftet. Deshalb kämpfe ich dafür, dass die Manager von börsenkotierten Firmen ihre Saläre inklusive Boni, Optionen und anderer Gratifikationen offen legen. Ich verlange auch, dass sie auf Grund der Resultate, die sie erreichen, entlöhnt werden sollen. Interview: Jean-Luc Ingold
Christoph Blocher: Wir haben keine Krise ...
Wie bitte?
... keine Krise, aber einen Bruch im weltweiten Konjunkturverlauf – eine Rezession –, sozusagen als Reaktion auf die vielen sehr guten Jahre zuvor. Bis 1998 haben die USA praktisch einen zwölfjährigen Aufschwung erlebt, den längsten seit dem letzten Weltkrieg. Man vergisst viel zu schnell die einfache Regel, wonach auf fette Jahre magere Jahre folgen, und umgekehrt.
Demzufolge sind wir in einem halben Jahr nicht über den Berg.
Wenn es ihm gut geht, denkt der Mensch, dass es ewig so weitergehe; das ist naturgegeben. Wenn es ihm schlecht geht, denkt er das Gegenteil. Ich glaube nicht, dass wir früher als in zwei oder drei Jahren aus der gegenwärtigen Flaute herauskommen.
In der Schweiz hatten Beratungsfirmen einen grossen Einfluss auf Entscheidungen von Unternehmen, zum Beispiel der Swissair. Was ist falsch gelaufen?
Ihre Methode war an sich nicht falsch. Aber die beratenden Firmen haben die Methode zum Inhalt erhoben, und damit gingen sie davon aus, dass sich damit jederzeit alle Probleme lösen liessen. Wo die Methode zur Strategie wird, gepaart mit blindem Wachstumsglauben – wie eben bei der Swissair – stürzen Firmen ab. Die Swissair ist hier kein Einzelfall. Im Wahn wurden die Bilanzen angepasst: «Wir sind die Grössten, und deshalb genügt ein Eigenkapital von zehn Prozent, und wir können beliebig viele Schulden machen.» Man sieht, wohin das bei Enron geführt hat. Aber auch wenn es mit rechten Dingen zugeht: Schulden haben ihre Grenzen. Das musste Martin Ebner bitter erleben. Er ist mit zu wenig eigenen Mitteln zu gross geworden.
Was hat Martin Ebner falsch gemacht?
Hinterher ist es immer einfach zu sagen, die Strategie sei falsch gewesen. Nach der Gründung seiner ersten Gesellschaft – der Pharma Vision, an der ich beteiligt war – hat Ebner begonnen, die Anzahl seiner Firmen zu vervielfachen. Das Ganze wurde zu breit. Hier konnte ich nicht mehr folgen. Das war 1997. Als Industrieller darf und kann ich mich nicht verzetteln. Wenn die Anzahl Firmen stetig zunimmt und es an allen Ecken und Enden zu brennen beginnt, wird man zum Feuerwehrmann, der von einem Brandherd zum anderen rennt, aber kein einziges Feuer mehr löschen kann.
Martin Ebner war ein Verfechter des Shareholder-Value. Haben die Versuche, dieser Maxime nachzukommen, erst recht zu Verlusten geführt?
Nein. Ich bin ein vehementer Verfechter des Shareholder-Value. Aber durch Überbetonung auch guter Ziele wurden Fehler gemacht, und es ist Missbrauch betrieben worden. Wir haben es hier mit demselben Phänomen zu tun wie in der so genannten New Economy. Ein blinder Glaube an Wachstum – ohne Produkte.
Waren das die einzigen Fehler?
Die guten Unternehmer, die ich kenne, arbeiten nicht alle nach der besten Manager- methode. Aber sie führen ihr eigenes Unternehmen mit allen Chancen und Risiken. Sie haben die Fähigkeit, dafür ihr Letztes zu geben, und leben für und vor allem vom Unternehmen. Ganz im Gegensatz zu den Managern, die plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht sind. Diese haben die Unternehmen – ihre rechtmässigen Besitzer, die Aktionäre – enteignet und so in die eigene Tasche gewirtschaftet. Deshalb kämpfe ich dafür, dass die Manager von börsenkotierten Firmen ihre Saläre inklusive Boni, Optionen und anderer Gratifikationen offen legen. Ich verlange auch, dass sie auf Grund der Resultate, die sie erreichen, entlöhnt werden sollen. Interview: Jean-Luc Ingold
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