Trotz den jüngsten Terroranschlägen herrscht diese Ostern Reisefieber: Die Buchungen der Städtereisen liegen zweistellig über Vorjahr. Die Tessiner Hotellerie erwartet doppelt so viele Übernachtungen. Und die SBB wappnen sich für eine nie dagewesene Auslastung.
London ist diese Ostern bei den Reiseanbietern Hotelplan Suisse und TUI Suisse die beliebteste Städtedestination. Die Ereignisse in London und Stockholm hätten die Buchungslust glücklicherweise nicht gebremst, sagt Marcel Schlatter, Sprecher von Kuoni Reisen AG. Letztes Jahr dagegen hätten sich die Anschläge in Paris und Brüssel noch negativ ausgewirkt. «Man gewinnt den Eindruck, dass die Leute diesen schrecklichen Ereignissen gegenüber langsam abgestumpft sind», sagt Schlatter.
Paris wieder begehrt
Nach regelrechten Einbrüchen bei TGV-Verbindungen nach Paris letztes Jahr kann auch die TGV-Betreibergesellschaft Lyria wieder aufatmen. «Die Schweizerinnen und Schweizer wollen wieder nach Paris reisen», sagt eine Lyria-Sprecherin. Der Reservations-Stand vor Ostern liege 10 bis 15 Prozent über Vorjahr. Besonders stark sei die Nachfrage für die Strecke Genf-Paris, aber auch Zürich- und Basel-Paris legten zu.
Anhaltende Buchungsrückgänge verzeichnen die Reiseanbieter Hotelplan Suisse und Kuoni einzig für Istanbul. Die Swiss hatte die Destination Istanbul im Winterflugplan 2016/17 gestrichen. Eine Wiederaufnahme ist gemäss Swiss-Sprecherin, Meike Fuhlrott, im zweiten Halbjahr 2017 nicht geplant.
Sehr begehrt hingegen sind bei allen Anbietern Reisen in andere europäische Städte. Hotelplan Suisse erlebt ein zweistelliges Wachstum gegenüber Vorjahr und Kuoni gar ein «Plus im hohen zweistelligen Prozentbereich». Beliebte Destinationen sind etwa Venedig, Wien, Barcelona, Amsterdam, Lissabon und Paris. Auch Dubai und New York sind hoch im Kurs. Die Airline Swiss nennt Barcelona, Madrid, London und Berlin als Topdestinationen an Ostern.
«Der Mensch vergisst sehr schnell»
Weil die Ostern dieses Jahr sehr spät sind, locken die südeuropäischen Badedestinationen bereits wieder. Klares Wachstum verzeichnen laut der Hotelplan-Sprecherin Griechenland, Spanien und Zypern. Gut gebucht bei TUI Suisse sind die spanischen Inseln Mallorca, Gran Canaria und Fuerteventura.
Stornierungen habe es bisher nach den Anschlägen weder für London, Stockholm, noch für Ägypten gegeben, sagt Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir. «Nachdem es bereits letztes Jahr etliche Terroranschläge gegeben hat, sind die Auswirkungen auf das Buchungsverhalten eher gering - der Mensch vergisst sehr schnell, sofern Touristen nicht direkt betroffen sind.»
Tessin profitiert vom Neat-Effekt
In der Schweiz befinden sich die Gewinnerdestinationen der Oster-Feiertage im Tessin. Viele hätten die Ski-Saison gedanklich beendet und suchten das Frühlingserlebnis, sagt Michael Maeder, Geschäftsleiter des Reiseunternehmens Switzerland Travel Centre. Das Buchungsplus im Tessin sei auch auf die schnellere Erreichbarkeit mit dem Zug zurückzuführen. Der Neat-Effekt und die späten Ostern versetzen den Direktor der Hotellerie Ticino, Lorenzo Pianezzi, geradezu in Jubelstimmung: «Wir haben 50 Prozent mehr Buchungen über Ostern als in den Vorjahren.» Sollte das Wetter in den Ostertagen mitspielen, erwartet er sogar eine Verdoppelung.
Die SBB sind sich eines Grossandrangs gewiss und setzen für die Reise in den Süden 28 Extrazüge mit 46'000 Plätzen ein - letzte Ostern waren es nur 24'000 Plätze. «Im Spitzenverkehr zu Ostern 2017 erwarten wir am Gotthard eine noch nie dagewesene Auslastung der Personenzüge», sagt SBB-Sprecher Christian Ginsig. Entgegen anders lautenden Gerüchten seien Sitzplatzreservationen, die sehr empfohlen seien, in den Extrazügen immer noch möglich.
Zürich-Milano komplett ausgebucht
Die EuroCity-Züge Zürich-Milano sind dagegen bereits komplett ausgebucht. Reservationen sind laut Ginsig nicht mehr möglich. Für Velos seien die Reservationsplätze auf der Nord-Südstrecke begrenzt. Mit sehr starker Besetzung rechnen die SBB vor allem am Gründonnerstag und Karfreitag sowie Ostermontag.
Bereits in den ersten 57 Betriebstagen des Gotthard-Basistunnels ist die Nachfrage im Intercity- und Eurocityverkehr um rund 30 Prozent gestiegen. Ticino-Turismo-Sprecherin Laura Gugelmann sagt: «Wir hoffen, dass die kürzere Anreise für viele in diesen Tagen ein Argument für einen Aufenthalt im Tessin ist.»
(sda/ccr)