Alexis Tsipras bleibt der Hoffnungsträger der Linken. Trotz harten Sparprogramms, Spaltung seiner Partei und ungünstiger Umfragewerte kehrt der griechische Wahlsieger als Strahlemann zurück auf die grosse Politikbühne.
Darf Alexis Tsipras jetzt wieder als politischer Superstar gelten? Immerhin hat es der griechische Linkspolitiker allen ungünstigen Voraussetzungen zum Trotz noch einmal geschafft: Er hat die Wahlen in seinem Land überraschend klar gewonnen und wird es nun durch schwierige Zeiten führen - wieder mit einem harten Sparprogramm, wieder mit schmerzhaften Reformen.
Gemacht für schwierige Aufgaben
Der Mann scheint gemacht zu sein für schwierige Aufgaben. Er hat es mal wieder geschafft, seine Gegner zu überraschen, taktierte im Wahlkampf geschickt mit der Stimmungslage im Volk und wird nun höchstwahrscheinlich wieder von Athen aus regieren dürfen. Dabei zögert er auch diesmal nicht, eine «unheilige Allianz» mit den Rechtspopulisten zu bilden.
Nach der Ausrufung von Neuwahlen erschien Tsipras zunächst nervös, geriet oft sichtbar ins Schwitzen, büsste seine jungenhafte Lockerheit ein. Manchmal reagierte er verärgert, wenn unbequeme Fragen zur steigenden Arbeitslosigkeit in Griechenland kamen. Dann aber begann der Polit-Charmeur die Wähler wieder für sich einzunehmen.
Tsipras wirkt offenbar glaubhaft
Ja, er habe als Ministerpräsident Fehler gemacht. Und ja, auch falsche Personalentscheidungen habe er getroffen. Er habe aber daraus gelernt und werde nun besser regieren. Viele Wähler scheinen ihm zu glauben - oder zumindest keine bessere Alternative zu sehen.
Fehler hat Tsipras tatsächlich viele gemacht: Als er im Januar triumphal sein Amt als Regierungschef antrat, wollte er das Sparprogramm unbedingt rückgängig machen. Er verhandelte mit den internationalen Geldgebern, vollzog dann eine Kehrtwende, als es schon nach Einigung aussah, und fragte die Griechen in einem Referendum, ob sie das von den Gläubigern vorgeschlagene Spar- und Reformpaket akzeptieren wollen oder nicht.
Vom Idealisten zum Machtpolitiker
Fast 62 Prozent lehnten es ab. Doch was machte Tsipras? Er stimmte zusätzlichen, noch härteren Auflagen zu. Die Renten und Löhne wollte er eigentlich erhöhen - sie wurden gekürzt. Der reichen Elite und den Steuersündern wollte er endlich an den Kragen - sie blieben weitgehend verschont. Tsipras startete als Idealist und wandelte sich immer mehr zum gewieften Machtpolitiker.
Die Übermacht der Grossen in der EU habe ihm keinen Spielraum gelassen, sagt Tsipras. Und nur durch Einlenken sei das Land vor der Katastrophe bewahrt worden, vor einem Austritt aus der Eurozone. Jetzt will Tsipras mit den internationalen Geldgebern über Schuldenerleichterungen verhandeln.
Die Taktik, den Gegner ständig mit strategischen Kniffen zu überraschen, beherrscht Tsipras seit jungen Jahren. Er blickt auf einen klassisch linken Werdegang zurück: Die ersten politischen Schritte machte er als Anführer rebellischer Schüler, schliesslich wurde er Mitglied der Kommunistischen Jugend Griechenlands (KNE). Es folgte der Anschluss an die Anti-Globalisierungsbewegung und das damals noch unbedeutende Linksbündnis Syriza.
Nicht aus der alten Machtelite
Er beendete das scheinbar ewige Wechselspiel zwischen konservativen und sozialistischen Regierungen. Tsipras war keiner aus der alten Machtelite - und schien einen neuen Weg zu eröffnen. Nun bestimmen er und seine Gefolgsleute die griechische Politik. Einer kleinen Gruppe von etwa sieben Vertrauten wird grosser Einfluss zugeschrieben - dazu gehören sein politischer Mentor, Alekos Flambouraris, und Jugendfreund Nikos Pappas.
Der Vater zweier Kinder lebt mit seiner Lebensgefährtin in Kypseli, einem Athener Arbeiter- und Angestelltenviertel. Selten sieht man das Paar zusammen. Peristera Baziana ist politisch aktiv, bleibt aber fast immer im Hintergrund.
(sda/ccr)