Das Wahrzeichen des Kunstprojekts «Zürich Transit Maritim» wird abgebrochen. Der Abbau des Hafenkrans hat am Montag begonnen. In zehn bis vierzehn Tagen dürften vom rostigen Stahlkoloss keine Spuren mehr zu sehen sein. Auf der politischen Agenda ist er weiterhin vorhanden.

Zu ungewohnt früher Stunde haben sich um 7 Uhr vor dem Hafenkran am Limmatquai einige wenige Journalistinnen und Journalisten versammelt. Sie sahen in der Dunkelheit vor allem die Westen der Arbeiter und die Warnlampen am Pneukran leuchten.

Bauleiter Rolf Kaspar geht davon aus, dass der Abbau des Krans weniger lang dauert als der Aufbau im Frühling. «Kaputtmachen geht immer schneller». Er hofft vor allem, dass während der Arbeiten kein Unfall geschieht.

Bei den kalten Temperaturen steige jedoch das Risiko. «Eine kleine Eisschicht auf dem kalten Stahl genügt, und schon kann ein Fehltritt oder ein Missgriff passieren», erklärt Kaspar. Er und seine Leute - darunter Fachkräfte aus Rostock, der Heimat des Krans - werden alle Teile abstellen und lagern, aber nicht zerkleinern. Das macht dann der Schrotthändler.

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Der Kran als Demokratie-Lehrstück

Einige Kleinteile wie Schrauben oder Emailschildchen finden wohl den Weg an Sammlerbörsen. Auch der Zürcher Stadtrat wird sich Souvenirteilchen sichern und allenfalls Gästen schenken, wie der zuständige Stadtrat Filippo Leutenegger, Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartementes, vor Ort sagte.

Für ihn, der das umstrittene, 600'000 Franken teure Projekt von seinen Vorgängern Martin Waser und Ruth Genner übernommen hat, ist das Ganze «ein Lehrstück über die Demokratie».

Laut Leutenegger zeigt sich exemplarisch, dass ein langer, aber nachvollziehbarer politischer Prozess das Projekt ermöglichte, auch wenn nicht alle damit einverstanden waren. Der Entscheid sei demokratisch gefallen, die künstlerische Freiheit gewahrt worden.

Für Jan Morgenthaler, den Vertreter des künstlerischen Projektteams, wird am Ende des Abbaus «wohl etwas Melancholie aufkommen». Aber es sei von Anfang an klar gewesen, dass der Kran nur während neun Monaten da ist. «Die Vergänglichkeit war ein wesentlicher Bestandteil des Projekts.»

Dieses habe grosse Aufmerksamkeit erhalten, Emotionen und Diskussionen ausgelöst. «Ich bin sehr zufrieden», sagte Morgenthaler weiter.

Hafenkran-Debatte

Die Diskussionen drehten sich stets darum, ob dies Kunst sei und ob man dafür so viel Steuergeld ausgeben soll. Über Jahre lieferten sich auch die Politiker während des Budgetprozesses jeweils eine Hafenkran-Debatte.

Befürworter betonten die Anziehungskraft des Projekts. Zürcher Kinder würden mit ihren Eltern das Kunstwerk bestaunen, Touristen ans Limmatquai strömen und nach dem Kunstgenuss shoppen und Kaffee trinken und so die Wirtschaft ankurbeln.

Die Gegner waren der Ansicht, «dass niemand in dieser Stadt versteht, warum man so einen Schrott aufstellt». Es gebe eine «riesige Kluft» zwischen der Stadtregierung und dem Volk.

Abstimmungstermin noch offen

Die SVP lancierte zusammen mit den Jungfreisinnigen und der Jungen SVP die Initiative «Hafenkräne-Nein». Im Dezember 2012 reichten sie 6000 Unterschriften ein.

Die Initiative will in der Bau- und Zonenordnung (BZO) einen neuen Artikel verankern, der in allen Kernzonen der Stadt Zürich «keine weitere Hafeninfrastruktur» erlaubt. Ausgenommen wären jene Infrastrukturen für die professionelle und private Schifffahrt auf Zürichsee und Limmat.

Wann über die Initiative abgestimmt wird, ist noch unklar. Unklar sind auch die Auswirkungen des Projekts auf den Tourismus. Klar ist nur, das der Kran ein beliebtes Fotosujet bei Touristen und Einheimischen war.

(sda/ccr)