Letzte Woche Woche schlug das Bundesamt für Gesundheit Alarm. Die Intensivstationen seinen schon bald voll, die Lage besorgniserregend. Die Schweiz müsse rasch handeln. Der Bundesrat schickte am Mittwoch einen Vorschlag an die Kantone: In vielen Bereichen – Restaurants, Fitnesszentren, Kinos, Grossveranstaltungen und Hochzeiten – soll eine Zertifikatepflicht gelten. Das heisst, die Kunden oder Teilnehmer müssen vor dem Betreten ein Covid-19-Zertifikat vorweisen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Doch nun will die Landesregierung zuwarten: Sie beschloss, die Zertifikatepflicht nicht einzuführen (aber notfalls später zu reagieren). Und sie erklärt dies damit, dass sich die «Dynamik der Pandemie in der Schweiz hat sich in den letzten Tagen etwas abgeschwächt» habe.

Eine Person unter 830'000 mit Covid-19 im Spital

Tatsächlich sinkt die Zahl der hospitalisierten Covid-19-Patienten seit zwei Wochen rasant. War am 15. August eine Person unter 120'000 Einwohnern in Spitalbehandlung, so war es gestern noch eine unter 830'000.

Die Hotspots, was die Hospitalisierungen betrifft, sind derzeit noch die Kantone Uri, Obwalden und Glarus. Vor einer Wochen waren es auch der Aargau, die Waadt und Zürich. Der Hauptgrund für diese fallende Tendenz dürften die Ferienrückkehrer sind, die vor drei, vier Wochen an Covid-19 erkrankt waren und wieder genesen sind. Ein guter Teil davon war im Kosovo und in Nordmazedonien in den Ferien und ist ungeimpft.

Die Zahl der bestätigten positiven Fälle sinkt ebenfalls. Sie hat sich halbiert. Waren es vor zwei Wochen 45 Fälle pro 100'000 Einwohner, so waren es am letzten Dienstag noch 24 Fälle. So die Daten des BAG.

Zahl der positiven Tests, Screenshot vom Mittwoch 1.9.21

Die Zahl der positiv Getesteten auf den Coronavirus hat sich innert vierzehn Tagen halbiert.

Quelle: zvg/BAG

Die Intensivstationen erleben keinen Anstieg mehr. Vor einer Woche waren 230 Covid-Patienten in Intensivpflege gewesen, am Dienstag waren es immer noch gleich viele. Der 14-Tage-Schnitt beträgt 209 Menschen. Dass dieser Kurve nicht so schnell sinkt wie die Hospitalisierungen, hat damit zu tun, dass schwere Verläufe oft länger dauern. Manche Erkrankte liegen zwei bis vier Wochen auf der Intensivpflege, bis sie entlassen werden können.

Die für den Bundesrat entscheidende Zahl ist die der Hospitalisierungen. Denn wenn sie abnimmt, reduziert sich in der Folge auch die Belegung der Intensivpflegebetten. 

Deshalb hat der Bundesrat heute Mittwoch keine Zertifikatepflicht für Restaurants und weitere private Bereiche verhängt.

Und die Bettenzahl?

Die Diskussion über die Anzahl der Intensivpflegebetten ist allerdings nicht abgeflaut. Der Alarm des Bundesamtes für Gesundheit von letzter Woche zeigt, dass es derzeit nur rund 850 Intensivpflegeplätze gibt. Dies sind rund 400 bis 500 Betten weniger als vor einem Jahr. Damit haben die Spitäler die Kapazität stark eingeschränkt.

Warum, darüber gibt es mehrere Theorien. Der Bundesrat und die Kantone werden diese Frage jetzt aufarbeiten müssen. Ist es eine Kostenfrage? Fehlt das Personal? Ist es eine Frage der Bürokratie, spricht der fehlenden Zertifizierung? Ist es eine normale Anpassung und kann die Kapazität wenn nötig rasch wieder rasch ausgebaut werden? 

Die SVP, Teile der Wirtschaft und bürgerliche Parlamentarier fordern eine Aufstockung auf 1400 bis 1500 Betten, solange das Coronavirus zu Engpässen bei der Spitalintensivpflege führen kann. Es sei viel günstiger, solche Kosten zu tragen, als die Gesellschaft und die Wirtschaftsfreiheit stark einzuschränken. Die Impfquote der Bevölkerung beträgt derzeit 51 Prozent. Tendenz steigend.