Allein macht sich der Mann auf den Weg. Während die anderen Euro-Finanzminister zum Gala-Diner in der Innenstadt von Riga aufbrechen, verlässt Yanis Varoufakis sein Hotel. Kein Leibwächter begleitet ihn, niemand aus der griechischen Delegation ist dabei. Er habe andere Pläne, lässt der Minister ausrichten. In seinem schwarzen Mantel überquert er die Brücke über den Fluss Düna. Beim traditionellen Abendessen nach dem informellen Treffen der Euro-Finanzminister in der lettischen Hauptstadt wird er nicht auftauchen.

Der Finanzminister des hoch verschuldeten Griechenlands ist im Kreis der Eurogruppe ein Aussenseiter. Seine Kollegen essen Lachs und Barsch, Varoufakis wählt die Isolation. Von dem Starrummel, der den ehemaligen Wirtschaftsprofessor aus Australien wegen seines lockeren Auftretens und seiner revolutionär klingenden Thesen in den vergangenen Monaten umgab, ist nicht mehr viel zu spüren.

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Varoufakis und Draghi würdigen sich keines Blickes

Schon vor der Sitzung der Eurogruppe am Freitagmorgen würdigen sich der griechische Minister und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, keines Blickes, obwohl sie im Hotel nur eine Armlänge voneinander entfernt am Frühstücksbuffet stehen. Gesprächsstoff gäbe es genug, denn die EZB ist der letzte Rettungsanker es Staates.

Stunden später berichten Draghi sowie die Verantwortlichen von EU-Kommission, Eurogruppe und Rettungsfonds ESM mit ernsten Mienen über die festgefahrenen Verhandlungen im Schuldenstreit und drängen die griechische Regierung erneut zur Eile. Varoufakis betritt anschliessend gut gelaunt die Bühne in der lettischen Nationalbibliothek, dem Tagungsort der Eurogruppe. Es habe gewaltige Fortschritte gegeben, sagt er. Die Flasche sei eher halbvoll als halbleer. Dann geisselt Varoufakis erneut die Auflagen für sein Land und Fehler, die bei den Hilfsprogrammen begangen worden seien.

Augenrollen hinter verschlossenen Türen

Die Sichtweise der anderen 18 Finanzminister ist eine andere. So fordert der slowenische Ressortchef Dusan Mramor hinter verschlossenen Türen einem Vertreter der Euro-Zone zufolge, sich auf einen Plan B vorzubereiten. Mit «Plan B» ist die mögliche Staatspleite und ein Austritt Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum gemeint. Andere Insider berichten aus der Sitzung, dass sich mehrere Minister bei den Ausführungen Varoufakis' die Ohren zuhielten, mit den Augen rollten oder diese lieber gleich ganz schlossen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, dessen Verhältnis zu Varoufakis schon seit der ersten gemeinsamen Pressekonferenz in Athen vor rund drei Monaten kühl ist, bezeichnet die Gespräche anschliessend als «sehr kritisch».

«Er ist völlig isoliert», sagt ein hochrangiger Vertreter der Euro-Zone später über Varoufakis. Diese Isolation ist den ganzen Tag spürbar, bis der Minister am Abend allein zur Brücke am Fluss spaziert. Es ist ein weiter Weg über die Düna. Ein kalter Wind weht.

(reuters/ccr)