Nobelpreis für Wirtschaft? Männersache! Nur zwei von 87 Ausgezeichneten sind Frauen. In der Physik nur vier von 218. Damit gehören diese Kategorien zu den absoluten Schlusslichtern bei der Gender-Verteilung. Eine der Ausgezeichneten mit dem Wirtschaftsnobelpreis, Elinor Ostrom, war zudem nicht mal Ökonomin, sondern Politikwissenschaftlerin. Von den insgesamt 57 Nobelpreisträgerinnen wurden die meisten in den Kategorien Frieden und Literatur prämiert.
Immerhin: Seit ein paar Jahren werden Frauen häufiger ausgezeichnet: Zwischen 2001 und 2020 haben 28 Frauen die Auszeichnung erhalten, während es zwischen 1981 und 2000 nur elf und zwischen 1961 und 1980 nur sieben waren. Aber warum spielen Frauen beim Wirtschaftsnobelpreis fast keine Rolle?
«Die Volkswirtschaftslehre ist immer noch eine ziemlich männerlastige Disziplin», sagte dazu der Star-Ökonom Ernst Fehr in einem Interview. Es machten erheblich mehr Männer als Frauen das Doktorat, welches ein Voraussetzung für eine spätere Professur sei.
Förderung verstärken
Zwar gebe es in seinem Departement einen Beschluss für besondere Bemühungen, um Frauen für Professorenstellen zu gewinnen. Doch habe dies bisher nicht gefruchtet. «Wir haben in den letzten Jahren mehrfach Angebote für Professuren an Frauen gemacht», so Fehr. Doch da derzeit sehr viele Departments international um eine kleine Zahl von Frauen im Wettbewerb seien, hätten die Frauen die Angebote aus Zürich bisher ausgeschlagen.
Aber tun Unis und andere Forschungsinstitute wirklich genug, um die Stimme von Ökonominnen hörbar zu machen? Das Argument, dass es zu wenig Frauen im Fach gibt, gilt nämlich nur mehr begrenzt. In den letzten Jahren hat sich eine ganze Reihe von Ökonominnen einen Namen gemacht und zunehmend ihren Platz in Medien, auf Podien und beim Kampf um Forschungsgelder behauptet.
Ökonominnen erobern ihren Platz
Neben Dina Pomeranz von der Universität Zürich sind Arbeitsmarktökonomin Conny Wunsch von der Universität Basel und Ökonomieprofessorin Patricia Funk von der Università della Svizzera italiana weitere unter vielen Beispielen von Topfrauen in der Volkswirtschaftlehre. Dazu gehören auch Monika Bütler (HSG) oder Isabel Martinez (ETH), die als Kolumnistin für die Handelszeitung schreibt. Auch Irmi Seidl (ETH) und Margith Osterloh (Crema Research) reihen sich in die Riege der Top-Ökonominnen des Landes.
Besonders wichtig: Die Ökonominnen bringen oft andere Forschungsschwerpunkte ein als Männer. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung erstellte vor einigen Jahren ein Ranking, das nur Ökonominnen berücksichtigt. Sie analysierte, dass Ökonominnen neue Schwerpunkte im Fach setzen. Selten beschäftigten sich die Frauen, die in der Rangliste auftauchen, mit Steuern oder Ungleichheit, mit dem Wirtschaftswachstum, der Automobilwirtschaft oder dem Arbeitsmarkt – also mit Themen, die viele der einflussreichsten Männer der Zunft besetzen.
Frauen gewinnen ihren Einfluss in der Ökonomie häufig mit Umweltthemen, in der Megadebatte um die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels sind sie sehr präsent. Und selbst in den üblichen Arbeitsmarktthemen setzen sie neue Schwerpunkte. Diese Perspektivenvielfalt ist wertvoll und bringt uns weiter. Auf sie darf nicht mehr verzichtet werden - auch beim Nobelpreis.
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