Kein Liebhaber zeitgenössischer Kunst kommt heute mehr daran vorbei: Design ist nicht nur en vogue – es hat sich auch als Wertanlage etabliert. An der Schnittstelle zwischen Kunst, Architektur und Skulptur angesiedelt, ist Contemporary Design heute eine feste Grösse im internationalen Kunstbetrieb. Auch die aufstrebenden Märkte China, Russland und Indien haben, parallel zur aktuellen Kunst, hochpreisiges Design als neues Sammelgebiet entdeckt. Wie überall gilt auch hier: Besonders begehrt ist, was rar ist.
Messen wie die 2005 gegründete Design Miami/Basel oder der Salone del Mobile in Mailand, der diesen April zum 50. Mal stattfand, waren und sind wichtige Plattformen für die Etablierung von Design. Diese rückten limitierte Sammlerstücke historischer wie auch zeitgenössischer Designer ins Rampenlicht. Hin und wieder führte dies dazu, dass Auflagebeschränkungen als reines Marketinginstrument eingesetzt wurden. Diese Tendenz birgt Gefahren, denn ein Objekt wird nicht einzig durch seine Limitierung zum Kunstwerk.
Namhafte Designer werden heute nicht nur von Kunstgalerien angeboten, ihre Werke sorgen auch auf Auktionen für Umsatzrekorde. So etwa die Werke des Szenestars Marc Newson. Die Unikate und Prototypen des Australiers knackten bereits vor einigen Jahren die Millionen-Dollar-Grenze. Besonders gefragt sind momentan auch Namen wie der israelische Architekt Ron Arad, die Irakerin Zaha Hadid, der Amerikaner Scott Burton oder der britische Industriedesigner Ross Lovegrove. Auch die historischen Designermöbel von Charlotte Perriand, Carlo Mollino und Jean Prouvé erzielen regelmässig sechsstellige Beträge.
Kunstsammler möchten sich auch mit exklusiven Einrichtungsgegenständen umgeben. Deshalb werden viele Designobjekte zu Kunstmarktpreisen gehandelt. Als einer der Ersten ordnete das Auktionshaus Phillips De Pury solche Objekte der Contemporary Art zu. Da sie nicht in den klassischen Design-Bereich passten, kreierte man den Begriff «Design Art» – und erzielte herausragende Preise.
Wurden die Preise zu Anfang des 21. Jahrhunderts vor allem in New York durch ein kaufkräftiges Publikum nach oben getrieben, so haben in den letzten Jahren auch die europäischen Auktionshäuser mit Spezialauktionen nachgezogen. So etwa das Wiener Dorotheum, das der Sparte Design am 17. Mai 2011 in einer eigenen Auktion einen 337 Lose starken Katalog widmet. Der Querschnitt durch das internationale Design bietet auch für Einsteiger ein reiches Angebot: In grosser Stückzahl produzierte, aber deswegen nicht minder schöne Stücke werden bereits im vierstelligen Euro-Bereich angeboten.
Zu den Highlights der Auktion gehören der in limitierter Auflage produzierte Stahltisch von Mario Cecci (Schätzpreis 50000–60000 Euro) sowie Ross Lovegroves zwei Meter hohes futuristisches Lautsprecherpaar «Muon» aus Aluminium (Schätzpreis 60000–80000 Euro). Begehrt bei Sammlern sind auch die Prototypen des Architekten Daniel Libeskind wie etwa das architektonische Tee- und Kaffeeset aus Silber, das er 2009 für Sawaya & Moroni entwarf und das jetzt auf 70000–80000 Euro geschätzt ist.
Gerade solche Prototypen sowie als «One-off» bezeichnete Design-Unikate und limitierte kleine Auflagen sind gesuchte Sammlerobjekte, die eine Aura des Luxuriösen und Elitären umgibt. Sie müssen sich nicht dem Diktat der Serienherstellung beugen und haben oft einen experimentellen Charakter. «Form follows function» – dieser berühmte Gestaltungsleitsatz, den 1896 der amerikanische Architekt Louis Sullivan formulierte, ist beim zeitgenössischen Design so nicht mehr gültig. Denn die klar definierten Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst verwischen sich zusehends. Markttechnisch gesehen wachsen Kunst und Design immer mehr zusammen. Und auch Künstler wie Donald Judd, Richard Artschwager oder Franz West experimentieren seit Jahren in der Grauzone zwischen Design und Kunst.Katrin Bachofen
Dorotheum, Palais Dorotheum, Wien Design-Auktion: 17. Mai 2011.