Nach ihrem Scheitern beim Brexit tritt Grossbritanniens Premierministerin Theresa May am (heutigen) Freitag als Tory-Vorsitzende zurück. Bis Ende Juli gibt sie auch ihr Amt als Regierungschefin auf. Derzeit gibt es elf Bewerber für ihre Nachfolge. Ein Überblick:
Der frühere Bürgermeister von London war einer der Wortführer der Brexit-Kampagne vor dem Referendum im Jahr 2016. Johnson ist unkonventionell, oft undiplomatisch-polternd und verfügt über Charisma. May ernannte den polarisierenden Politiker nach dem Brexit-Referendum zum neuen Aussenminister. Er leistete sich allerdings diverse Ausrutscher und machte insgesamt keine gute Figur auf dem diplomatischen Parkett. Schon vor seinem Rücktritt im Juli 2018 war er ein heftiger Kritiker von Mays Brexit-Kurs.
Der 54-Jährige, der oft einfach nur «Boris» oder «BoJo» genannt wird, hat sich in den Reihen der Tories einige Feinde gemacht. Doch er hat auch wortgewaltige Unterstützer - etwa US-Präsident Donald Trump. Bei dessen Staatsbesuch in Grossbritannien am Dienstag telefonierte er 20 Minuten mit Johnson und verteilte grosszügig Lob für «Boris».
Die überzeugte Brexit-Befürworterin hat im Sommer 2016 schon einmal nach der Macht gegriffen - unterlag damals aber ihrer Konkurrentin May. Die 56-Jährige hat drei Jahrzehnte als Bankerin in der City of London gearbeitet, ehe sie in die Politik wechselte. Leadsom ist eine Bewunderin der Tory-Ikone Margaret Thatcher. Aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs warf Leadsom vergangenen Monat als Ministerin für Parlamentsangelegenheiten das Handtuch. Nach Mays Rücktritt gilt Leadsom als Kompromisskandidatin, die in der Partei weithin konsensfähig ist. Sie strebt einen EU-Austritt ohne Abkommen mit Brüssel an.
Der Brexit-Wortführer Gove wollte bereits in den Wirren nach dem Referendum im Jahr 2016 an die Parteispitze. Er schaffte es bei der Abstimmung in der Fraktion jedoch nicht in die Endrunde. May machte ihn im Juni 2017 zum Umweltminister, wo er mit einer Reihe umweltfreundlicher Ankündigungen in den Schlagzeilen blieb. Der 51-Jährige ist der führende Brexit-Hardliner in Mays Kabinett.
Der Nachfolger von Boris Johnson im Amt des Aussenministers war eigentlich für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU. Allerdings kritisierte der 52-Jährige das Auftreten Brüssels in den Verhandlungen später als «arrogant». Der frühere Geschäftsmann gilt als besonders belastbar. Sein Einfluss im Kabinett ist nach und nach gestiegen. Er kann zudem auch auf Unterstützung aus den USA zählen: Trump sagte bei seinem Grossbritannien-Besuch, Hunt würde als britischer Regierungschef «sehr gute Arbeit» machen.
Der 45-Jährige folgte im Juli als Brexit-Minister auf David Davis, der seinen Posten räumte, weil er die Linie von May gegenüber Brüssel als zu weich empfand. Doch auch Raab hielt es nicht lange auf dem Posten. Der frühere Anwalt für internationales Recht trat im November zurück und bezeichnete das Brexit-Abkommen als «schlecht für unsere Wirtschaft und unsere Demokratie». Raab ist Boxer und zudem Träger eines schwarzen Karate-Gürtels.
Der frühere Investmentbanker und Sohn eines pakistanischen Busfahrers gilt als das Gesicht des modernen, multikulturellen Grossbritannien. Der 49-Jährige gehört dem wirtschaftsliberalen Flügel der Konservativen an und stimmte 2016 für einen Verbleib seines Landes in der EU. Nach dem Ausgang des Referendums unterstützte er aber den Brexit-Kurs. Seit April 2018 ist Javid Innenminister.
Gesundheitsminister Matt Hancock warf seinen Hut am Tag nach Mays Rücktrittsankündigung in den Ring. «Wir brauchen einen Anführer für die Zukunft», schrieb Hancock damals auf Twitter. Er kündigte an, beim Brexit «liefern» zu wollen. Dann müsse das Land auch bei anderen Dingen «vorankommen» und sich eine «strahlende Zukunft» aufbauen.
Entwicklungshilfeminister Rory Stewart gilt als Anhänger der EU. Er akzeptiert jedoch das Ergebnis des Brexit-Referendums. Einen No-Deal lehnt er kategorisch ab und will mit Bürgerbeteiligung einen Brexit-Kompromiss ausarbeiten.
Der frühere Hochschul-Staatssekretär setzt sich für ein zweites Brexit-Referendum ein. Er zog 2010 ins Parlament ein und wurde von May im Januar 2018 ins Kabinett geholt.
Die ehemalige Fernsehmoderatorin ist eine Anhängerin des Brexits. Im Kabinett May sass sie als Arbeitsministerin, bis sie im November aus Protest gegen den Brexit-Kurs von Theresa May ihr Amt niederlegte.
Im Rennen um die Nachfolge von Theresa May rechnet sich Mark Harper selbst keine grossen Chancen aus.