Die Aufgabe der Jury war es herauszufinden, welche Politiker und Verwaltungsmitglieder mächtig sind. Resultat: Die Spitzenvertreter der Parteien haben Macht!

Das Urteil macht Denkstrukturen sichtbar, wie man Macht im Jahre eins nach dem grossen Wechsel von 2003 in der schweizerischen Politik beurteilt:

Kein Bundesrat hat wirklich Macht. Seit die Landesregierung kaum mehr harmoniert und der Eindruck vorherrscht, alle handelten zuerst für sich, hat das machtmässige Gewicht des Gremiums gelitten.

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Keine Chefbeamten finden sich ganz vorne: Offensichtlich sind die Zeiten passé, in denen man über ein prestigeträchtiges Bundesamt zum achten Bundesrat avancieren konnte.

Niemand aus der Romandie ist ganz top. Romands gelten heute nur dann als mächtig, wenn sie einen Sprung in ein Spitzenamt schaffen; ansonsten nimmt man sie gar nicht mehr wahr.

Keine Querdenker figurieren ganz oben; die Zeit der Aussenseiter, die einen eigenen, parteifernen Diskurs führen und so neue Realitäten definieren, ist vorbei.

Die Parteien mag das freuen. Selten habe ich eine Bewertung gesehen, die sich so auf die ungeliebten Kinder der direkten Demokratie konzentriert. Dass die Parteioberen so mächtig erscheinen, hat wohl damit zu tun, dass sie heute zu allem und jedem in der Öffentlichkeit Stellung beziehen können. Sonst wäre es kaum nachvollziehbar, dass CVP und FDP vier der sechs mächtigsten Politikerinnen und Politiker stellen und dennoch nicht in der Lage sind, die Geschicke des Landes aus dem politischen Zentrum heraus zu steuern. Ich kann daraus nur einen Schluss ziehen: Sie sind mächtig, ohne wirklich Macht zu haben.

Claude Longchamp, Jury-Mitglied

1 (1)
Maurer Ueli (54)
Nationalrat und Präsident SVP
Ueli Maurer bleibt auf Platz eins. Der Parteipräsident, der sich als Fussballtrainer sieht, hat zwar mit Christoph Blocher seinen Mittelstürmer und Goalgetter verloren. Ein Grund mehr für Maurer, mit veränderter Aufstellung erfolgreich weiterzuspielen und seine gut organisierte Mannschaft zu Höchstleistungen anzutreiben. Bei kantonalen Parlamentswahlen hat die SVP kräftig zugelegt. Schwierigkeiten bekundet sie bei Exekutivwahlen, geschadet hat das der Oppositionspartei und Referendumsmacht bis anhin nicht. Eine Zerreissprobe steht mit den Abstimmungen zu Schengen/ Dublin und zur erweiterten Personenfreizügigkeit an. Das doppelte Nein hat die Wirtschaftskreise der SVP aufgeschreckt. Note 8,22

2 (11)
Leuthard Doris (42)
Nationalrätin und Präsidentin CVP
Shooting Star Doris Leuthard hat es geschafft, die bis anhin desorientierte CVP rechtzeitig in der politischen Mitte zu positionieren. Anders als die FDP hat die CVP bei vergangenen Parlamentswahlen nur moderat verloren. Im Heimatkanton der Präsidentin, im Aargau, legte die CVP sogar zu, in Zürich holte sie den an die SVP verlorenen Regierungsratssitz zurück. Die gewiefte und gut vernetzte Politikerin kann sich über Medienpräsenz nicht beklagen. Man sieht sie schon als mögliche Bundesratskandidatin. Note 8,17

3 (5)
Frick Bruno (51)
Ständeratspräsident und Ständerat CVP
Der Schwyzer Parlamentarier ist Inhaber zweier Anwaltskanzleien, Mitglied gewichtiger Kommissionen und sitzt in mehreren Verwaltungsräten. Er ist zudem Oberst im Generalstab, Lehrbeauftragter an der Uni Zürich und amtiert als Ständeratspräsident. Der ehemalige Schüler der Stiftsschule Einsiedeln ist ein Macher. Unter seiner Leitung ist das Schwerpunkteprogramm der CVP entstanden. Diesem, so der Katholik, lägen zwei christliche Grundsätze zu Grunde: Eigenverantwortung und Verpflichtung für das Gemeinwohl. Note 7,77

4 (13)
Gutzwiller Felix (57)
Nationalrat und Fraktionschef FDP
Der Spezialist für Gesundheitspolitik etablierte sich in Bern als glaubwürdiger Sachpolitiker. Lange galt der Basler, der seit Jahren in Zürich wohnt, als Favorit für das Parteipräsidium. Aus Zeitgründen sagte er ab, liess sich später aber zum Fraktionschef wählen. Gutzwiller leitet das Institut für Sozial- und Präventivmedizin, sitzt in zahlreichen berufsständischen Gremien und Parlamentskommissionen, ist Verwaltungsrat (u.a. Hirslanden Holding) und Mitglied im Beirat der CS und im Stiftungsrat der Sanitas.
Note 7,67

5 (4)
Sommaruga Simonetta (45)
Ständerätin SP
Die Berufspolitikerin ist Mitglied mehrerer Kommissionen sowie Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz und möchte sich als Swissaid-Präsidentin vermehrt mit entwicklungspolitischen Fragen auseinander setzen. Wie bereits vor vier Jahren, als sie zusammen mit Rudolf Strahm das Gurtenmanifest veröffentlichte, ist sie auch in diesem Jahr ihrer Partei um einige Nasenlängen voraus: Anfang Februar haben die beiden ihre Reformpläne für eine moderne Schweiz präsentiert. Note 7,57

6 (42)
Pelli Fulvio (54)
Nationalrat und Präsident FDP
Pelli, dessen Wahl zum Parteipräsidenten viele Beobachter überrascht hat, stammt aus einer urliberalen Familie, ist Pro-Europäer und zählt zum fortschrittlichen Flügel der Partei. Minuspunkt: Als Fraktionschef gelang es Pelli nicht, die zersplitterte Partei im Bundeshaus auf Vordermann zu bringen. Der Gentleman könnte aber über sich hinauswachsen – als Tessiner Grossrat und Kantonalpräsident wusste er sich dezidiert gegen die Lega dei Ticinesi durchzusetzen. Note 7,53

7 (3)
Calmy-Rey Micheline (59)
Bundesrätin SP
Die Bundesrätin kann sich zurzeit über Arbeit nicht beklagen: Visa-Affäre, Kritik an der Genfer Initiative und Kompetenzgerangel mit ihren beiden Kollegen Deiss (Freihandelsabkommen mit den USA) und Couchepin (Präsenz schweizerischer Künstler im Ausland) sind nicht ohne Schwierigkeiten zu bewältigen. Trotzdem gehört die Politikerin gemäss Umfragen zu den beliebtesten in der Schweiz. Besonders bei Frauen steht die machtbewusste Politikerin, die sich gegen Männer durchsetzt, hoch im Kurs. Note 7,43

8 (20)
Fust Walter (60)
Direktor Deza
Seit zwölf Jahren steht der Toggenburger Diplomat der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit vor. Der oberste Entwicklungshelfer der Schweiz – Jahresbudget 1,3 Milliarden – hat bisher mehr als 100 Länder bereist. Einer breiteren Öffentlichkeit war Fust bislang unbekannt. Dies änderte sich mit der Flutwelle in Südasien, deren katastrophale Auswirkungen die Welt erschütterten. Seither stehen die schweizerische Entwicklungshilfe und der Chef von 530 Mitarbeitern wieder vermehrt im Brennpunkt. Note 7,40

9 (2)
Blocher Christoph (64)
Bundesrat SVP
Seine Medienpräsenz ist nach wie vor enorm. Gleichwohl hat Christoph Blocher einige Ränge eingebüsst. Als Oppositionspolitiker ist es einfacher, sich zu profilieren. Im Regierungsamt, eingebunden in die Konkordanz, ist harte Knochenarbeit gefragt, die ihm weniger zu liegen scheint. Hinzu kommt, dass er in der Verwaltung, die er schon als «geschützte Werkstatt» beschimpfte, weniger gut vernetzt ist als andere. Note 7,33

9 (9)
Couchepin Pascal (63)
Bundesrat FDP
Der Walliser Innenminister ist ein «animal politique». Im vergangenen Jahr ist ihm indes nicht viel gelungen, mit der AHV-Revision hat er Schiffbruch erlitten. In diesem Jahr stehen die schwierigen Dossiers IV und AHV an. Couchepin bekundet Mühe, die richtigen Prioritäten zu setzen. Dafür hat er eine heimliche Liebe zur Kultur entdeckt: Das BAK hat einen neuen Chef, in der Hirschhorn-Affäre stand er für Kunstfreiheit ein, und nach einem Krach mit der Filmförderung hat er sich mit der Filmbranche versöhnt. Note 7,33

11 (12)
Fehr Hans-Jürg (56)
Nationalrat SP
Seine Partei will er zur stärksten machen. Und er will sie als Wirtschaftspartei profilieren. Eine interne Arbeitsgruppe erarbeitet jetzt dafür neue Leitlinien. Ziel des Schaffhausers: Mit dem neuen Wirtschaftsprogramm sollen sowohl der gewerkschaftliche wie auch der liberale Flügel leben können. Dem ehemaligen Mittelschullehrer, Journalisten und Verlagsleiter könnte dies gelingen. Er ist hartnäckig, ein guter Zuhörer und Taktiker und rhetorisch eloquent. Note 7,27

12 (31)
Gerber Jean-Daniel (58)
Staatssekretär Seco
Knapp ein Jahr im Amt, schreckte der neue Seco-Direktor die Schweiz auf: Sie werde zum Armenhaus Europas wegen des mageren Wirtschaftswachstums, liess Jean-Daniel Gerber über die Medien verlauten. Der feingliedrige Berner weiss, wann er mit der Peitsche knallen muss, um etwas zu bewirken. Der Volkswirt bringt die notwendigen Voraussetzungen für seine neue Aufgabe mit: internationale Erfahrung, Vertrautheit mit der Politik und der Bundesverwaltung, Führungserfahrung und wirtschaftliche Kompetenz. Note 7,23

13 (64) Meier-Schatz Lucrezia (53)
Nationalrätin CVP
Note 7,19

14 (5) Schmid-Sutter Carlo (55)
Ständerat CVP
Note 7,17

14 (14) Zeltner Thomas (57)
Direktor Bundesamt für Gesundheit
Note 7,17

16 (81) Levrat Christian (34)
Nationalrat SP
Note 7,13

16 (7) Spuhler Peter (46)
Nationalrat SVP
Note 7,13

18 (23) Cina Jean-Michel (41)
Nationalrat CVP
Note 7,07

18 (63) Huber-Hotz Annemarie (56)
Bundeskanzlerin
Note 7,07

20 (38) Schiesser Fritz (54)
Ständerat FDP
Note 7,06

21 (21) Leuenberger Ernst (60)
Ständerat SP
Note 7,03

22 (17) Triponez Pierre (61)
Nationalrat FDP
Note 7,00

23 (25) Siegenthaler Peter (56)
Direktor Eidgenössische Finanzverwaltung
Note 6,97

24 (36) Leuenberger Moritz (58)
Bundesrat SP
Note 6,93

25 (33) Deiss Joseph (59)
Bundesrat CVP
Note 6,90

26 (51) Mörgeli Christoph (44)
Nationalrat SVP
Note 6,89

27 (10) Roth Jean-Pierre (59)
Präsident Direktorium Schweiz. Nationalbank
Note 6,87

28 (19) Rechsteiner Paul (52)
Nationalrat SP
Note 6,83

29 (30) Merz Hans-Rudolf (62)
Bundesrat FDP
Note 6,67

30 (38) Fasel Hugo (49)
Nationalrat CSP
Note 6,63

31 (17) Schweiger Rolf (60)
Ständerat FDP
Note 6,60

32 (15) Fässler-Osterwalder Hildegard (53)
Nationalrätin SP
Note 6,57