Die diesjährige Baselworld findet unter schwierigen Vorzeichen statt. Die Meldungen der letzten Wochen sprechen wenig für den drittwichtigsten Schweizer Exportwirtschaftszweig. Und schon gar nicht für ein erfolgversprechendes Jahr 2016. Als Reaktion auf die sich schleppend entwickelnde Nachfragesituation, vor allem in Hongkong, in Festland-China und in den Vereinigten Arabischen Emiraten, kündigt der in Genf beheimatete Luxusgüterkonzern Richemont (Cartier, IWC, Jaeger-LeCoultre, Piaget, Montblanc, Vacheron & Constantin, Baume & Mercier usw.) das Streichen von 350 der insgesamt 9000 Arbeitsplätze an.
Und die Swatch Group, die Weltnummer eins im Geschäft mit tickendem Luxus, muss für 2015 zu konstanten Wechselkursen ein Umsatzminus um 0,9 Prozent auf 8,45 Milliarden Franken und einen Rückgang des Konzerngewinns – bedingt auch durch Währungsverluste – um 21 Prozent auf 1,11 Milliarden Franken vermelden.
Massiver Einbruch in Hongkong
Zu guter Letzt setzt die Schweizer Januar-Exportstatistik den Negativmeldungen aus dem Jurabogen zwischen Genf und Schaffhausen die Krone auf. Um 7,9 Prozent sind im Vorjahresvergleich die Uhrenausfuhren von 1,650 auf 1,519 Milliarden Franken eingebrochen. Am massivsten in Honkong, dem bisher wichtigsten Abnehmer, um 33,1 Prozent, in China um 13,7 Prozent, in Singapur um 22,6 Prozent und in Russland, lediglich noch Nummer 29 in der Länderstatistik, um gar 63,6 Prozent. Wenig zu trösten vermögen hier die Steigerungen in den ebenfalls wichtigen Märkten Japan (plus 35,8 Prozent), Grossbritannien (plus 10,3 Prozent) und Deutschland (plus 7,9 Prozent).
Das bedeutet – auf den ersten Blick – wenig Verheissungsvolles für die Uhrenindustrie und ihre (noch) rund 59'000 Beschäftigten. Zumal, hörte man sich in den Tagen vor der weltwichtigsten Uhrenmesse «BaselWorld» in der Branche um, der Februar 2016 keine Besserung gebracht haben soll (Zahlen werden am 22. März publiziert).
Weitere Faktoren hemmen das Luxusgeschäft
Allen voran Hongkong (Marktanteil 13 Prozent) ist in den Tiefschlaf gefallen, die Lager in der ehemaligen britischen Kronkolonie und ihrem Vergnügungsableger Macao sind nach wie vor übervoll, das Shoppen aber als beliebtestes Freizeitvergnügen für Touristen wie Einheimische verläuft extrem schleppend. Das Einkaufsparadies in Südostasien könnte mittelfristig seine Drehscheibenfunktion verlieren, zumal sich in Festland-China, Hongkongs wichtigstem Touristikmarkt, immer mehr Aversion gegen die Sonderverwaltungszone breitmacht.
Weitere Einflussfaktoren, die dem Geschäft mit Luxus abträglich sind, sind der tiefe Rohölpreis, die Angst vor Terrorismus, die den internationalen Tourismus bremst, die fehlenden Impulse in Europa (als Konsequenz der Flüchtlingswelle) und die Wahlen in den USA.
Sich nicht von den Rekorden blenden lassen
Die «BaselWorld» (17. bis 24. März) mit ihren rund 1500 Ausstellern aus 40 Ländern und erwarteten 150'000 Besuchern wird trotz diesen Negativvorzeichen dennoch nicht zur Jammermesse. Auf den ersten Blick scheinen zwar die erneuten Minuszeichen, ununterbrochen die siebten seit Juli 2015, vor den Exportzahlen beunruhigend – und auch die Warner, die prognostizieren, der Boom bei den Smartwatches werde sich auf die helvetischen Uhrenmarken auswirken, werden sich in ihrer Vorahnung bestärkt fühlen.
Ihnen allen sei ins Buch geschrieben: Die Schweizer Uhrenexporte bewegen sich nach wie vor auf hohem Niveau. 2015 brachte das drittbeste je erzielte Ergebnis. Die Korrekturen der Rekordwerte nach unten sind zwar schmerzlich, vor allem dort, wo bei den Marken und deren Zulieferer personelle Konsequenzen nicht auszuschliessen sind. Im Grossen und Ganzen bewegt sich aber die Branche jetzt wieder auf dem Niveau der Jahre 2011 bis 2013.
Strahlebranche muss sich mit Normalität anfreunden
Zu rasch ging nach dem Jubeljahr 2014 mit Rekordexporten von 22,3 Milliarden Franken der Vergleichswert 2010 vergessen. Damals hatte dieser bei 16,2 Milliarden Franken gelegen. Damit können aller Unbilden des Marktes zum Trotz die Uhren und ihre Industrie 2016 ganz normal ticken. Die Strahlebranche wird sich auf ein verlangsamtes Wachstumsszenario und damit auf die Rückkehr in die Normalität ausrichten. Allerdings nicht ganz freiwillig.