Auf seinen Spaziergängen am Genferseeufer kam der deutschstämmige Bernd Grohe oft am Château de l’Aile in Vevey (Bild) vorbei. «Da hat es mir jeweils im Herzen wehgetan», erinnert sich der Wahlwaadtländer. Denn das 1846 im neugotischen Stil errichtete Stadtschloss in Seenähe war augenfällig dem Verfall preisgegeben und bröckelte seit Jahren vor sich hin. Das Château mitsamt Nebengebäuden wurde 1988 von der Stadt Vevey für 5,5 Millionen Franken gekauft – und war danach während beinahe 20 Jahren Zankapfel der Lokalpolitiker. Die Gemeinde wollte kein Geld in das Gebäude vermauern. Doch auch die gegen 20 erarbeiteten Projektideen sowie Angebote von Investoren scheiterten ausnahmslos.
Als Grohe, dessen Familie durch den Verkauf des gleichnamigen deutschen Armaturenherstellers zu Milliarden gekommen war, sich auf der Gemeindeverwaltung erkundigte, wurde ihm das Schloss für einen Franken angeboten. Mit der Auflage, das Château wieder in den bestmöglichen Zustand zu versetzen. Der 69-Jährige liess Spezialisten eine nachhaltige Sanierung kalkulieren und freute sich über eine «Bausubstanz in hervorragendem Originalzustand». Dennoch veranschlagte der Architekt eine originalgetreue, sich voraussichtlich über drei Jahre hinziehende Renovation mit Kosten von satten 19 Millionen Franken. Grohe liess sich nicht abschrecken, und so kam das Ein-Franken-Geschäft 2007 zur Abstimmung. Trotz heftigster Opposition stimmten 62,4 Prozent der Bürger dem Verkauf zu. Seit gut einem Jahr wird auf dem Schlossgelände heftig gewerkelt.
London und Genf. Als frischgebackener Schlossbesitzer kann Bernd Grohe von den Erfahrungen seines Bruders Charles profitieren. Denn der ebenfalls im Waadtland lebende 57-Jährige hat vor einigen Jahren das von ihm erworbene Château de Vincy aus dem Jahr 1724 höchst liebevoll – und teuer – restauriert. Vor zwei Jahren verkaufte Grohe die weitläufige Anlage nahe Gilly für einen Preis «im höheren zweistelligen Millionenbereich». Im Weinbauerndorf wurde damals von gut 50 Millionen Franken gesprochen.
Seither wird im prachtvollen Gemäuer mit seinen eleganten Fassaden und den französischen Gärten very British parliert. Neuer Schlossherr ist nämlich Lord Foster of Thames Bank, wie Stararchitekt Norman Foster sich seit seiner Ernennung zum Lord durch Queen Elizabeth II. im Jahre 1999 offiziell bezeichnen darf. Norman Robert Foster, Chef des Londoner Hightech-Architekturbüros Foster + Partners, will in der majestätischen Umgebung allerdings nicht nur dem Müssiggang frönen. Die Tinte auf dem Kaufvertrag war kaum trocken, da reichte er bei der Gemeinde Baupläne ein, um die Schlossgaragen in Büros umbauen zu dürfen. Wie fleissig im Château de Vincy seither am Reissbrett gezeichnet wird, lässt sich nicht eruieren. Die Fosters aber haben sich in der Familienresidenz eingelebt, die Kinder Paola und Eduardo besuchen längst eine Schule in der Region. Und Lord Foster pendelt im Privatjet zwischen Genfersee und Themse.
Was treibt Ultrareiche in die Rolle des Burgherrn? Bei Uli Sigg war es ein Erlebnis aus der Militärzeit, wie der einstige Schindler-Manager und Schweizer Botschafter in China ungewohnt offen dem KPMG-Magazin «Clarity» berichtete. Als junger Offizier habe er während eines Manövers den Auftrag erhalten, mit seinen Männern die Insel Mauensee zu stürmen. Und als die Insel eingenommen war, dachte er: «So zu wohnen, das wäre schön.» Jahrzehnte später hat Sigg seinen Traum verwirklicht und das vor rund 400 Jahren vom Surseer Schultheissen Michael Schnyder erbaute Schloss Mauensee samt Insel und 56 Hektaren grossem See erworben. Der Preis, bis heute streng gehütetes Familiengeheimnis, liege «irgendwo im zweistelligen Millionenbereich», wird in der kleinen Luzerner Gemeinde gemunkelt. Sowieso ist der Hausherr, obwohl einst selbst Journalist und heute noch VR-Vizepräsident des Verlagshauses Ringier, höchst verschwiegen, was sein Privatleben betrifft. Erst recht empfängt er keine Neugierigen, die das idyllisch gelegene Schlösschen besichtigen wollen; die schmale Brücke, die vom Festland auf die 1,4 Hektaren kleine Insel führt, ist mit einem Gittertor verriegelt. Dafür empfängt der 63-Jährige Geschäftskunden, die sich von seiner auf der Insel domizilierten Firma Banfa in Sachen westlich-chinesische Kooperationen beraten lassen. Wohl noch lieber empfängt der Herr von Mauensee Kunstliebhaber: Die Mauern des Schlosses bieten der weltweit grössten Sammlung zeitgenössischer chinesischer Kunst Schutz.
Teure Träume. Höchst verschwiegen gibt sich auch Ralph Sonnenberg, wenn sich das Gespräch nicht um die von ihm beherrschte Hunter Douglas, den Weltmarktführer für Fensterverkleidungen, sondern um seinen Wohnsitz dreht. Vor 17 Jahren kam Sonnenberg nach Luzern, liess das Management nachkommen und steuert heute die Firma von einer Luzerner Villa aus. Der 75-Jährige wohnt in Meggen, an der Innerschweizer Goldküste, im Schloss Neuhabsburg. Einst Sitz der Habsburger und später durch die Eidgenossen niedergebrannt, wurde das heutige Gebäude um 1900 erbaut. Sonnenberg liess das heruntergewirtschaftete 40-Zimmer-Gemäuer für schätzungsweise 13 Millionen Franken wieder auf Vordermann bringen. Heute löst das unvergleichlich schön an den Gestaden des Vierwaldstättersees gelegene Märchenschloss bewundernde Ahs und Ohs bei Dampfschifftouristen aus.
Aber noch weitere der 300 Reichsten in der Schweiz haben sich ihren Traum von den eigenen zwanzig Wänden erfüllt, insgesamt rund ein Dutzend. Charles von Graffenried beispielsweise residiert im Schloss Worb, dem Sitz seiner Vorväter; August von Finck duckt sich hinter den wehrhaften Mauern von Schloss Weinfelden; Henri-Ferdinand Lavanchy hat sein Château de Bonmont zum noblen Golfclub umgestaltet. Doch über allen thront Fürst Hans-Adam von und zu Liechtenstein auf seinem mächtigen Schloss Vaduz.