Wie vertragen sich Donald Trump und Wladimir Putin bei ihrem ersten Treffen? Wie schlägt sich Angela Merkel als Gastgeberin und wie verläuft die Gipfelpremiere Emmanuel Macrons? Was bringt Xi Jinping mit nach Deutschland? Und kommt Recep Tayyip Erdogan nach dem Auftrittsverbot der Bundesregierung überhaupt noch nach Hamburg?
Auf diese sechs Staats- und Regierungschefs kommt es beim G20-Gipfel in Hamburg an:
Angela Merkel
Die deutsche Bundeskanzlerin ist die dienstälteste Regierungschefin in Europa. Im Gegensatz zu ausländischen Amtskollegen hat die beherrschte Physikerin alle Konflikte überstanden - von der Schuldenkrise über die Euro-Krise bis zur Flüchtlingskrise. Zu Jahresbeginn waren durch ein Erstarken der SPD Zweifel an einer vierten Kanzlerschaft der 62-Jährigen aufgekommen. Laut Umfragen steht die CDU-Vorsitzende mit ihrer Union drei Monate vor der Bundestagswahl innenpolitisch aber sehr gut da.
Aussenpolitisch war die Lage für Merkel selten so angespannt wie jetzt. Ihr Verhältnis zum neuen US-Präsidenten Donald Trump ist schwierig, weil die in der DDR aufgewachsene Pfarrerstochter für Freiheitsrechte und Freihandel eintritt und in der Globalisierung Chancen für alle Partner sieht - während Trump eine Politik der Abschottung betreibt. Die Beziehung zu Russlands Staatschef Wladimir Putin ist seit der Ukraine-Krise gestört. In Anbetracht dessen wirkt Merkels Austausch mit Chinas Präsident Xi Jinping geradezu gelassen.
In ihre bisher rund zwölfjähriger Amtszeit fallen der G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 und der G7-Gipfel 2015 in Elmau. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs in Hamburg ist ihr erster G20-Gipfel im eigenen Land.
Donald Trump
Der US-Präsident ist in viel schlechterer Verfassung als sein Land. Er tut sich fünf Monate nach Amtsübernahme innenpolitisch schwer, hat bisher kaum ein grösseres Politikprojekt umsetzen können, blickt weiterhin auf geradezu desaströse Umfragewerte. Sein Einreisestopp wurde von Gerichten auf Minimalmass gestutzt, seine Gesundheitsreform hängt im Senat fest, seine Steuerreform steht in den Sternen. Nicht einmal der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko, eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen, hat bisher begonnen. Dazu kommt sein oft wenig präsidialer Auftritt. Erst am Donnerstag beleidigte er eine Fernsehjournalistin mit als sexistisch empfunden Äusserungen schwer und löste auch in den eigenen Reihen Kopfschütteln aus.
Trump wird beim Gipfel versuchen, «Make-America-Great»-Themen zu spielen. Dazu gehört auch der Streit um Stahlimporte aus Deutschland und China und der grössere Kontext des Welthandels. Notfalls, so droht Trump, würden die USA aus der Welthandelsorganisation (WTO) austreten. Beim Thema Sicherheit wird Trump auf die Karte des Anti-Terror-Kampfes setzen und das Nordkorea-Thema ansprechen. Dass die Nato-Mitglieder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen, verbucht er als Erfolg. Mit Spannung wird erwartet, ob Trump in der Klimapolitik zumindest einen Minimalkompromiss zulassen wird.
Wladimir Putin
Der russische Präsident reist vor allem nach Hamburg, um erstmals Trump zu treffen. Der Kremlchef ist in einer misslichen Lage. Russland hat sich nach Erkenntnissen von US-Geheimdiensten vergangenes Jahr zugunsten von Trump in den Wahlkampf eingemischt. Doch nun verhindert gerade dieser Skandal die Annäherung, die Trump versprochen und Putin erhofft hatte. Jede Bewegung Trumps auf Moskau zu würde misstrauisch beäugt. Und die republikanische Mannschaft um den Präsidenten sieht Russland traditionell eher als Gegner, dem man auch in Syrien oder der Ukraine gelegentlich zeigen muss, wo es langgeht.
Russlands starke Stellung im Syrien-Konflikt ist trotzdem ein Pfund, mit dem Putin bei der G20 wuchern kann. Seit dem Rauswurf aus der G8 ist der Zwanzigergipfel für ihn jedes Jahr die grösste internationale Bühne, auf der er viele Kontakte pflegt. Wirtschaftlich läuft es in Russland nicht mehr ganz so schlecht wie noch vor zwei Jahren. Eine neue Herausforderung für Putin sind die Proteste junger Russen gegen seine Dauerherrschaft. Sie dürften seine Wiederwahl 2018 nicht verhindern, bereiten dem Kreml aber mehr Kopfzerbrechen als erwartet.
Xi Jinping
Chinas Staats- und Parteichef hat mehr Macht an sich gerissen als seine Vorgänger. Gegner in Partei und Militär hat er mit seiner Anti-Korruptionskampagne ausgeschaltet. Auf dem nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteitag im Herbst wird Xi Jinping auch den engsten Machtzirkel, den Ständigen Ausschuss des Politbüros, mit seinen engsten Vertrauten besetzen und mit noch grösserer Machtfülle in eine zweite fünfjährige Amtszeit gehen.
Anders als seine Vorgänger will Xi auch eine grössere Rolle auf der Weltbühne spielen. Kern seiner geopolitischen Strategie ist die Initiative einer «Neuen Seidenstrasse». Geplant sind Investitionen in Wirtschaftskorridore und Infrastrukturprojekte wie Häfen, Strassen, Zugstrecken oder Pipelines, die Chinas Einfluss in der Welt ausweiten. Kritiker fürchten eine «neuen Weltordnung chinesischer Prägung». Der Abschottungskurs von Trump spielt ihm in die Hände, da sich Xi als Vorkämpfer gegen Protektionismus und Klimawandel präsentieren kann.
Recep Tayyip Erdogan
Der türkische Präsident gehört nicht zu den Lieblingsgästen in Deutschland. Es ist sein erster Besuch, seit er den Deutschen «Nazi-Methoden» vorwarf. Auslöser war, dass im Frühjahr Wahlkampfauftritte türkischer Regierungspolitiker in Deutschland verhindert wurden. Und auch nach dem türkischen Verfassungsreferendum sind solche Auftritte unerwünscht. Die Bundesregierung hat einen geplanten Auftritt Erdogans vor seinen Anhängern in Deutschland verboten. Jetzt stellt sich die Frage, ob der türkische Staatschef überhaupt noch zum Gipfel kommt. Bisher hat er nicht reagiert.
Für Erdogan stehen derzeit nicht die vielen Streitpunkte mit Deutschland im Mittelpunkt, zu denen beispielsweise die Inhaftierung des «Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel zählt. Auf der aussenpolitischen Ebene beschäftigt ihn vor allem die Krise um das Golf-Emirat Katar, einen engen Verbündeten. Erdogan will beim G20-Gipfel den saudi-arabischen König Salman treffen, den er gebeten hat, die von dessen Land angeführten Sanktionen gegen Katar zu beenden.
Emmanuel Macron
Der französische Präsident ist erst seit wenigen Wochen im Amt, mischt aber schon kräftig in der Weltpolitik mit. Er traf bereits Trump und Putin. Der Senkrechtstarter will die Atom- und UNO-Vetomacht Frankreich auf internationaler Bühne wieder sich sichtbarer machen. So fordert der sozialiberale Ex-Wirtschaftsminister einen neuen Plan zur Befriedung des bürgerkriegserschütterten Nahostlandes Syrien. Eine «rote Linie» zog der jüngste Präsident aller Zeiten auch schon. Falls in Syrien wieder Chemiewaffen eingesetzt würden, wolle er notfalls im Alleingang Luftschläge anordnen, sagte er unlängst der «Süddeutschen Zeitung» und anderen Medien.
In Europa setzt der Herr des Élyséepalastes auf eine enge Partnerschaft mit Deutschland. Es ist aber klar, dass Frankreich nun endlich seine Staatsfinanzen sanieren muss. Bisher gibt es keine Sicherheit, dass Paris die Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr tatsächlich einhält. Das hatte die Vorgängerregierung den EU-Partnern verbindlich zugesagt.
(sda/ccr)