Angestellte müssen draussen bleiben: Im ersten Stock des Omega-Hauses an der Bieler Jakob-Stämpfli-Strasse gibt es einen grossen Raum, den Omega-Mitarbeiter nicht betreten dürfen. «Off limits», sagt Omega-Präsident Stephen Urquhart – und freut sich diebisch darüber.

Die Freude hat einen guten Grund: Der Raum mit beschränktem Zutritt steht sinnbildlich für die Innovationskraft, die Omega zu einem Leader der Schweizer Uhrenbranche gemacht hat: Die Marke gehört mit Rolex und Cartier zum Spitzentrio im Club der Umsatzmilliardäre. Nach BILANZ-Schätzungen folgen im illustren Verein Longines, Tissot, Patek Philippe und, ganz knapp noch, TAG Heuer.

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Rot-weisse Schilder an den Glastüren im Omega-Haus machen deutlich, worum es im Raum mit beschränktem Zutritt geht: Das renommierte Eidgenössische Institut für Metrologie prüft hier neuerdings Uhren auf Herz und Nieren und vergibt nach strengen Tests das Master-Chronometer-Zertifikat. Die Prüfung steht allen Marken offen, doch bisher hat es keine zweite gewagt, Uhren zum Test einzuschicken.

Omega wollte viel härtere Tests

Natürlich gibt es für genaue Uhren schon lange ein bekanntes Zertifikat, das von Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres, kurz COSC, vergeben wird. Omega lässt dort zwar weiterhin Uhren prüfen, doch die Bieler Marke, die zur Swatch Group mit Nick Hayek an der Spitze gehört, wollte mehr. Sie wollte viel härtere und strengere Tests – und zwar zwingend von einer unabhängigen Stelle. «Etwas Neutraleres als die Eidgenossenschaft gibt es nicht», sagt Markenchef Stephen Urquhart.

Acht Prüfungen müssen die Uhren durchlaufen. Anders als bei der COSC wird die Präzision zum Beispiel bei ganz aufgezogenem Werk und beim fast nicht mehr aufgezogenen Werk gemessen, die Uhr wird unter Wasser gesetzt, und vor allem: Sie muss schadlos ein starkes Magnetfeld von 15 000 Gauss überstehen. Man kann davon ausgehen, dass das derzeit nur Omega-Uhren schaffen. Nicht ein antimagnetisches Gehäuse schützt dabei das Werk, es sind, wie Stephen Urquhart betont, magnetresistente Materialien in allen wichtigen Teilen der Uhr.

Eigenschaften, die die Marken gemein haben

Innovationskraft ist eine Eigenschaft, die die Marken im Club der Milliardäre verbindet. Dazu kommt eine lange Geschichte: Alle sieben Marken sind über hundert Jahre alt. Und alle sieben Marken haben eine Ikone in ihrer Modellpalette, einen Klassiker, der seit langem im Programm und nach wie vor sehr begehrt ist. Die Monduhr von Omega gehört zum Beispiel dazu, die Nautilus von Patek Philippe oder, viel moderner, die T-Touch von Tissot. Letzter Punkt: Alle Marken haben ein klares Profil, und alle verfolgen eine klare Strategie.

Sehr gut weiss das Walter von Känel, Urgestein der Schweizer Uhrenbranche und seit 1988 Chef von Longines, ebenfalls einer Marke der Swatch Group. Von Känel erinnert sich genau, wie Mitte der achtziger Jahre Nicolas G. Hayek in sein Büro kam und eine unmissverständliche Order herausgab: «Walter», sagte Hayek, «du wirst jetzt die Nummer 1 in deinem Preissegment.»

Klar definiertes Segment

Das Segment war klar definiert: Über Longines thronte Omega, unter Longines war Tissot angesiedelt. Ein leichtes Overlapping sei zwar erlaubt, sagt von Känel, aber grundsätzlich bleibe man beim Preisschild stur innerhalb der Grenzen von heute 1000 bis 4000 Franken. Und zwar mit allen Konsequenzen: Longines hat das Produzieren eigener Werke aufgegeben und bezieht die Werke von der ETA. Das Aufgeben der Manufaktur mag zwar ein harter Schritt gewesen sein, «doch wir wären nicht da, wo wir heute sind, wenn wir es nicht getan hätten», so von Känel.

Der Erfolg ist atemberaubend: Vor zehn Jahren wurde Longines von Experten auf einen Umsatz von rund 250 bis 300 Millionen Franken geschätzt. Heute dürften es rund 1,5 Milliarden sein.

 

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