Zwischen all den Schlagzeilen, Börsen-News und Fusionsgerüchten verstecken sich die «Good News» aus der Wirtschaftswelt manchmal. Wir haben unsere guten Nachrichten des Jahres hier zusammengestellt:
1. Es ist eine Sensation aus dem Forschungs-Standort Schweiz: Die ETH präsentierte diesen Sommer eine Technologie, die Sonnenlicht und Luft in flüssigen Treibstoff verwandeln kann. Das Sonnen-Kerosen wird seit diesem Jahr in einer Mini-Raffinerie auf dem Dach der Hochschule in Zürich gewonnen. Die Technologie weist ein grosses Potenzial für die Luftfahrt, Schifffahrt oder auch andere Transportmittel auf. Noch kann man mit dem Verfahren nur wenige Deziliter Treibstoff herstellen. Die ETH will die Menge in den kommenden Jahren drastisch erhöhen. Mehr dazu hier.
2. Zürich wird immer mehr zu einem Ableger von Silicon Valley – zumindest bauen Tech-Giganten ihre Büros in der grössten Schweizer Stadt weiter aus. Anfang Oktober gab Facebook bekannt, die Anzahl der Mitarbeiter am Standort Zürich auf 200 Personen zu erhöhen. Und zwar nicht nur mit Techies, sondern auch mit eigenen Vertriebs- und Marketingleuten in der Schweiz. Sie sollen die Werbemöglichkeiten auf dem Sozialen Netzwerk bei KMUs und in der Luxusgüterindustrie bekannt machen. Mehr dazu hier.
3. Zwei Startups, die dieses Jahr von sich reden gemacht haben sind die Verkehrs-App Fairtiq und das Dental-Startup Bestsmile. Die App, mit der man mit einem Wisch ein Ticket gelöst hat, erobert ein Land nach dem anderen. Inzwischen ist das Transport-Startup aus Zürich auch in Deutschland aktiv, Tests laufen zudem in Grossbritannien; die SBB hat die Check-in-Check-out-Technologie dieses Jahr in ihrer App integriert (mehr dazu hier).
Das Zürcher Startup Bestsmile sorgt nicht nur für ein Lächeln bei ihren Kunden, sondern auch bei den Investoren. Erst vor rund zwei Jahren gegründet, eröffnet Bestsmile einen Shop nach dem anderen. Dort gibt es durchsichtige Zahnspangen im Abo. Sie sind günstiger, sexier und stilvoller präsentiert als herkömmliche Modelle (mehr dazu hier).
4. Peter Spuhler, Unternehmer des Jahres 2019, sorgte mit dem Börsengang und Dutzenden von Aufträgen für sein Bahnunternehmen Stadler Rail für Schlagzeilen. Aber der ehemalige Nationalrat sitzt auch auf einem Nebengleis im Führerstand – beim Fahrzeughersteller Aebi Schmidt. Dort amtet er als Verwaltungsratspräsident. In dieser Position will Spuhler das Unternehmen ebenfalls bald an die Börse bringen. Vielleicht schon 2020 (mehr dazu hier).
5. Im Jahr von Greta Thurnberg setzt sich eine Einsicht durch: Klimaschutz zahlt sich aus. Daten dazu bietet die in London beheimatete Organisation CDP: Unternehmen, die auf das Klima achten, profitieren von einer besseren Aktienentwicklung. Das hilft in der Schweiz beispielsweise auch Nestlé (siehe hier). Anleger wiederum fürchten sich zunehmend vor «stranded assets», die aus fossilen Energieträgern entstehen können, und investieren das Geld lieber in nachhaltige Unternehmen und Projekte (mehr dazu hier).
6. Dass Libra, die umstrittene Weltwährung von Facebook aus Genf heraus aufgebaut wird, hat mittlerweile jeder mitgekriegt. Doch dieses Jahr prüft auch ein anderes Tech-Schwergewicht einen Zuzug in die Schweiz: Die Messenger-App Telegram, die weltweit von rund 300 Millionen Menschen genutzt wird. In Russland entstanden, hegt Telegram ähnliche Pläne wie Facebook – und möchte ein eigenes Bezahlsystem auf den Markt bringen. Allenfalls vom Kanton Zug aus. (mehr dazu hier).
7. Weltweit werden rund 70 Milliarden Tiere pro Jahr geschlachtet. Das stösst immer mehr Konsumenten vor den Kopf. Deshalb sind pflanzliche Burger und Laborfleisch auf dem Vormarsch. Auch Gigant Nestlé hat den Trend erkannt und im Spätsommer seinen «Incredible Burger» in die Regale von Coop gebracht. Schwindelerregende Aktienkurse von Laborfleisch-Startups und zweistellige Wachstumsraten von pflanzlichen Steak scheinen die Foodindustrie gerade auf den Kopf zu stellen (wie hier aufgezeigt wird). Auch Nestlé-Präsident Paul Bulcke redet im grossen Interview über diese Unwälzungen in der Nahrungsmittelindustrie.
8. Ein Mega-Coup lieferte die Zürcher Sportschuh-Firma On: Sie gewinnt Roger Federer – nicht fürs Sponsoring, sondern als Investor. Der Tennis-Champion steigt bei der Firma ein, die es gegen Nike, Asics und Adidas aufnimmt. Mit Federer treffen zwei Schweizer Exportschlager aufeinander. Federer mag Sneakers und sagt zum Deal: Der «Batzen» sei gross genug gewesen, «dass ich mir das gut überlegen musste.» Mehr zum Deal gibt es hier.
9. So viel Geld hat ein Schweizer Startup noch nie erhalten: Im Frühling wird das Schweizer Touristik-Jungunternehmen Getyourguide mit einem Geldregen von einer halben Milliarde Dollar beschert. Das ist absoluter Schweizer Rekord. Das Unternehmen mit Büros in Zürich und Berlin steigt damit definitiv unter die «Unicorns» auf, also in die Welt jener Firmen, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden. Ein Erfolg nicht nur für Getyourguide, sondern für die gesamte Schweizer Startup-Szene. (Mehr dazu hier).
10. Nun hat auch ein Wallstreet-Urgestein entdeckt, dass Krawatte und Anzug nicht mehr so wirklich zeitgemäss sind. Goldman Sachs lässt seinen Mitarbeitern nun die Wahl, selber zu entscheiden, welche Kleidung angemessen ist. Bankchef David Solomon hat wohl bemerkt, dass Tech-Startups, denen die Bank aufs Börsenparkett helfen will, eher schlipskritisch sind. Der Verzicht des Dresscodes hilft dem Traditionshaus aber auch beim Recruiting. Schliesslich sollen Tech-Talente der Wallstreet-Legende bei der Digitalisierung auf die Sprünge helfen. Die wenigsten dieser Entwickler oder Programmier haben eine Krawatte im Kleiderschrank. Ob sie aber gleich mit Flip-Flops erscheinen dürfen, erfahren Sie hier.
11. Seit 1906 gibt es die Firma. Sie strahlte einst in alle Welt aus und war ein Schweizer Love-Brand: Kuoni, das Reiseunternehmen, mit der Weltkugel im Logo. Nach der Jahrtausendwende begann Kuonis Stern zu sinken. Die strategischen Ansätze, der Digitalisierung gerecht zu werden, verreisten im Nirwana. 2015 wurde Kuoni Schweiz an die deutsche DER-Touristik verkauft. Die Folge: Noch mehr Unruhe beim Personal, grosses Aufräumen, rote Zahlen. Nun aber zu den good news: Per Kalenderjahr 2019 schreiben Kuoni Schweiz und DER Touristik Suisse erstmals wieder schwarze Zahlen. Wie er das Tal der Tränen durchschritt, welche Stellschrauben er wie einstellte und welches sein erstes Schweizerdeutsch-Wort war, erzählt DER-Touristik-Suisse-Chef Dieter Zümpel hier.
12. Und nochmals eine Sensation von Forschern aus der Schweiz: Die möglicherweise erste Alzheimer-Therapie kommt – ursprünglich – aus der Schweiz. Aducanumab, der Wirkstoff, für das die amerikanische Biogen die Zulassung beantragen wird, kommt von der Schlieremer Neurimmune, einem Spin-off der Universität Zürich. Es wäre die erste Therapie, welche nicht nur die Symptome von Alzheimer lindert, sondern die kognitive Degeneration der Patienten verlangsamt. Alzheimer gehört zu den grössten medizinischen und gesellschaftlichen Problemen. Die internationale Alzheimervereinigung rechne bis 2030 mit fast 150 Millionen Alzheimer-Patienten weltweit. (Mehr dazu hier).
13. Nach den Pleiten von Air Berlin und Skywork ereignete sich ein weiteres Debakel bei einer deutschen Airline: Die Fluggesellschaft Germania musste grounden und ging pleite. Das ist erst einmal eine schlechte Nachricht. Die Gute ist aber, dass die Schweizer Germania Flug AG eine Gesellschaft mit einer eigenen Betriebsbewilligung ist. Sie flog deshalb auch weiter – die Zukunft war aber ungewiss. Bis sich im Februar schliesslich Leyla Ibrahimi-Salahi, VR-Präsidentin und Chefin von Air Prishtina, einschaltete. Sie hat über ihre Beteiligungsgesellschaft Albex Aviation 100 Prozent der Anteile von Germania Flug übernommen. Nicht nur eine gute Nachricht für die Airline, sondern auch Fluggäste. Denn Konkurrenz belebt das Geschäft, vor allem am Flughafen Zürich. (Mehr dazu hier.)
14. Leyla Ibrahimi-Salahi war dieses Jahr bei weitem nicht die einzige Spitzenmanagerin, die auffiel. Auch einige andere Frauen in der Schweizer Wirtschaft sorgten für Aufsehen. Mitte Sommer schreiben die beiden «Bilanz»-Autoren Marc Kowalsky und Iris Kuhn-Spogat: «Noch nie haben Frauen so viele hohe Führungspositionen in der Schweizer Wirtschaft übernommen wie in den letzten 18 Monaten». Swiss-Re-COO Anette Bronder, UBS-COO Sabine Keller-Busse, McKinsey-Partnerin Nina Probst, UPC-Chefin Severina Pascu, Anita Eckardt, Leiterin Konzernsparte Spezialitäten bei Implenia oder Novartis-Pharmaceuticals-Präsidentin Maria-France Tschudin sind nur einige davon. Erwähnt werden muss hierbei auch Ursula Nold, die neue Migros-Präsidentin. Sie ist die erste Frau überhaupt an der Spitze des orangen Riesen in der Geschichte. (Mehr dazu hier.)
15. Das war ein schwarzes Jahr für die SBB: Vor allem auch wegen dem Debakel mit den Pannenzügen. Und vielleicht wird nächstes Jahr unter dem neuen CEO Vincent Ducrot alles besser. Trotzdem gab es auch 2019 eine gute SBB-Nachricht: Die vernetzte Mobilität nahm konkrete Züge an: Die SBB plant ein Ticket für alle Verkehrsträger, das auf einer einzigen App bedienbar sein soll. Zusätzlich zu einem Abo der lokalen Verkehrsbetriebe soll es beispielsweise Zugriff auf Veloverleihsysteme, Mietwagen, Sharing-Autos, Taxidienste und Elektroscooter geben. Und auch in Sachen Sparbillett haben die SBB einiges erreicht, auch wenn sie immer noch in Kritik stehen, unter anderem auch vom Preisüberwacher Stefan Meierhans. (Mehr dazu hier.)