Das gelingt den wenigsten: ein Schnellstart gleich nach der Kunstschule. Kaum hatte Natacha Donzé (32) die École cantonale d’art de Lausanne (Ecal) verlassen, landete sie auch schon auf dem Radar der Kunst-Scouts. Sie war Finalistin des Prix Mobilière (2019), wurde im selben Jahr mit dem begehrten Kiefer-Hablitzel-Stipendium ausgezeichnet und beteiligte sich an Ausstellungen in Berlin, München, Prag, Mexico-City und Tokio. Das war aber noch nicht alles: Hinzu kamen die ersten Einladungen zu Solo-Shows – mit dem Resultat, dass sie heute bereits in Sammlungen wie derjenige des Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne und La Chaux-de-Fonds oder in namhaften Firmenkollektionen wie der Collection de la Banque cantonale vaudoise (BCV) und von BNP Paribas vertreten ist.
Donzé zaubert mit der Airbrush-Technik und feinsten Pinselstrichen tatsächlich Wundersames auf die Leinwand. Es sind aber nicht irgendwelche imaginierte Räume, sondern Donzé betont, ganz in alter modernistischer Haltung, die Oberfläche. Während sie die Leinwand mit intensiven Farben präpariert, webt sie Bilder hinein, die aus der Welt der Wissenschaft, aus Videogames oder KI entstammen, verbindet Mikro- mit der Makroperspektive, spielt mit Formaten und Bildordnungen und verweist dabei auf kritische Themen, beispielsweise die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Das Vorgehen resultiert in ebenso verführerisch schönen wie tief irritierenden Tafelbildern.
Catherine Othenin-Girard, die Kuratorin der Kunstsammlung der Banque cantonale vaudoise, entdeckte Donzés Bilder in einem Offspace in Lausanne, als die Künstlerin noch in ihren frühen Zwanzigern war. Heute besitzt die Firmensammlung bereits acht Werke von ihr. «Donzé ist eine der cleversten Künstlerinnen der jungen Generation», sagt Othenin-Girard. «In ihren Bildern formuliert sie ihre ganz eigene Interpretation der digitalisierten Welt, verbindet etwa Bilder der Nasa oder aus der KI mit ihrer sehr sinnlichen Malerei».
Ihr Galerist, Stefano Pult von Lange + Pult, prophezeit Donzé, halb Vietnamesin, halb Schweizerin, die vor Energie nur so sprühe, eine grosse Zukunft. «Die Bilder wirken in ihrer Farbintensität auf den ersten Blick sehr sinnlich und schön», sagt er. «Aber dann kommen die Fragen – und schliesslich die Rätsel: Man sieht nicht mehr, was man meint, gesehen zu haben.»
Donzés Werke kosten, je nach Grösse, zwischen 5000 und 20'000 Franken.
Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der «Handelszeitung», erschienen (März 2024).