Man findet sie auf Fototapeten, in Kunstkatalogen von Monet bis Turner, an Wänden von Solarien, in Versicherungsreklamen und Reiseprospekten: Sonnenuntergänge. Sie gehören zu den am meisten verewigten, aber auch meistmissbrauchten Sujets. Abermilliarden von ihnen dümpeln in unseren Smartphones. Was also will eine Künstlerin im 21. Jahrhundert, wenn sie Sonnenuntergänge malt, wie die 31-jährige Freiburgerin Elise Corpataux?

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Corpataux verwendet Fotografien, die sie auf Instagram findet, als Vorlage für ihre Malerei und versieht sie mit eingängigen Slogans. Interessante Gegenwartskunst handelt eben nicht (nur) vom offensichtlich Erkennbaren, sondern von den Schichten darunter, der Metaebene; nicht einfach von Maltechnik, sondern von der konzeptuellen Idee. Corpataux’ Kunst schwankt zwischen Sentimentalität und Abgeklärtheit, untersucht die Beziehung zwischen Bild und Sehnsucht, sie handelt von der Naturschönheit und ihrem Gebrauchswert, wie sie uns beflügelt und betäubt.

«Every Minute of Every Hour», 2021, courtesy of the artist and Suns.works.

«Every Minute of Every Hour», 2021, courtesy of the artist and Suns.works.

Quelle: ZVG

Mit der Strategie ist sie rasch auf dem Radar der Talentsucher gelandet. Erst 2020 hat sie ihre Ausbildung an der Hochschule für Kunst und Gestaltung Basel abgeschlossen, schon wurde sie ein Jahr später für den renommierten Kiefer-Hablützel-Preis nominiert, und letztes Jahr wurde sie von Lorenzo Bernet mit seiner Galerie Suns.works (Zürich) auf der Basler Liste erstmals international vorgestellt. Kuratoren und Sammler zeigten grosses Interesse, auch die Kunstkommission der Bank Bär entdeckte sie dort und kaufte im Herbst gleich zwei kleinformatige Malereien. «Wir waren von ihrer Einzelpräsentation an der Liste Art Fair Basel 2022 beeindruckt», sagt Barbara Staubli, die Kuratorin der Sammlung. Das auch oft in der Schweizer Kunstgeschichte verwendete Motiv des Sonnenuntergangs werde, so Staubli, von der Künstlerin hier auf interessante Art neu verhandelt.

«Ohne Titel», aus der Serie «All You Have Is Now», 2022, Öl und Acryl auf Leinwand, 33 x 26,5 cm, Kunstsammlung Julius Bär.

«Ohne Titel», aus der Serie «All You Have Is Now», 2022, Öl und Acryl auf Leinwand, 33 x 26,5 cm, Kunstsammlung Julius Bär.

Quelle: David Aebi

«Ihre Bilder nehmen Anleihen bei Ed Ruscha, dem kalifornischen Meister des Sign-Painting, sie sind aber auch universell verständlich», sagt Galerist Bernet. Für Sammler wäre der Zeitpunkt interessant, zuzugreifen. Soeben hatte sie ihre erste Ausstellung in der Kunsthalle Friart in Fribourg, die Preise sind mit 2000 bis 5000 Franken noch erschwinglich.

Dieser Artikel ist im Millionär, dem Anlegermagazin der Handelszeitung, erschienen (Oktober 2023).