Ein Facebook-Profil, dazu zwei Mail-Konten und ein Streaming-Abo: Wenn heutzutage jemand stirbt, hinterlässt er häufig auch ein digitales Erbe. Vieles davon – Fotos, Musik, Mails – erhalten die Erben aber oft nie.
Die Spuren, die wir im Internet hinterlassen, bleiben oft über den Tod hinaus: Das Twitter-Profil des verstorbenen Zürcher Soziologieprofessors Kurt Imhof beispielsweise existiert nach wie vor, ebenso jenes des deutschen Journalisten Frank Schirrmacher, der im Juni 2014 verstorben ist.
Digitale – und teils unerwünschte – Grabstätten
Auch das Facebook-Profil der Mutter, die in Rupperswil AG ermordet worden ist, besteht noch – im Gedenkzustand. «In Erinnerung an» steht in solchen Fällen neben dem Namen der Person.
Manche Angehörige entscheiden sich bewusst dafür, das Profil des Verstorbenen zu erhalten – als eine Art digitale Grabstätte. Doch einige Profile dürften länger als gewollt im Netz bleiben, weil das Löschen nicht immer einfach und schnell möglich ist. Damit Betrüger keine Konten erschleichen können, wenden die Anbieter oft komplizierte Verfahren an, wie die Stiftung für Konsumentenschutz in einem Ratgeber zum Thema schreibt.
Bilder, Mails und Daten: Nicht immer haben die Erben Zugriff
Der digitale Nachlass sei immer wieder ein Thema bei Nachlassregelungen, sagt Markus Näf, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter für Informatikrecht. «Akut ist das Problem bei ungewöhnlichen Todesfällen, etwa wenn eine junge Person bei einem Unfall stirbt.»
Führende Portale haben inzwischen reagiert, Facebook beispielsweise führte den «Gedenkzustand» ein, Google den Inaktivitätsmanager. Doch ein Problem bleibt: Die Fotos, Mails und andere Daten, die bei Online-Diensten gespeichert sind, bleiben für die Hinterbliebenen oft unerreichbar.
Nutzungsrecht ist nicht vererbbar
Dabei wäre das Erbrecht eigentlich klar, wie Näf sagt: Grundsätzlich gehören die Inhalte den Erben. Viele Anbieter würden die Herausgabe aber mit Verweis auf das Briefgeheimnis verweigern. «Das ist eigentlich nicht in Ordnung – denn auch Briefe gehören in den Nachlass.»
Auch Musik, die beispielsweise auf iTunes gekauft wurde, können die Hinterbliebenen unter Umständen nicht erben: Werden Songs online gekauft und in einer Cloud abgelegt, hat der Käufer in der Regel nur ein Nutzungsrecht, das mit dem Tod des Kunden erlischt. «Die teure Musiksammlung, die früher in Form von Schallplatten an die Erben überging, ist so einfach verloren», sagt Näf.
Manche Mail-Anbieter sind ebenfalls nicht bereit, die Daten herauszugeben. Das kann zum Problem werden, wenn Rechnungen im Mail-Eingang eines Verstorbenen landen – und von niemandem gesehen werden.
Gute Vorbereitung für den Todesfall nötig
Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) rät in ihrer Broschüre «Digitales Erbe planen und verwalten» daher zur Vorsorge: Damit die Hinterbliebenen wissen, was mit dem digitalen Erbe geschehen soll, empfiehlt die SKS, genau festzuhalten, welche Accounts gelöscht, in den Trauermodus gestellt oder erhalten werden sollen.
Nützlich ist zudem eine Liste mit den Passwörtern für alle Benutzerkonten. Diese soll auf einem USB-Stick gespeichert werden, der wiederum mit einem Passwort gesichert wird, das nur ausgewählte Personen kennen, rät die SKS.
Nutzungsbestimmungen stehen im Weg
Im Extremfall könnte ein Angehöriger deswegen allerdings eine Strafanzeige am Hals haben, wenn er auf die Daten zugreift – weil er damit gegen die Nutzungsbestimmungen verstösst. Im Ausland werde dies teils strenger gehandhabt als in der Schweiz, sagt Näf.
Facebook beispielsweise schreibt auf seiner Hilfeseite klar und deutlich: «Bedenke bitte, dass wir keine Anmeldedaten für das Konto einer anderen Person herausgeben dürfen – selbst in einer solchen Situation. Sich bei dem Konto einer anderen Person anzumelden, stellt immer einen Verstoss gegen die Richtlinien von Facebook dar.»
Die Politik hat das Thema inzwischen aufgegriffen. Der Nationalrat hat den Bundesrat vor rund einem Jahr beauftragt zu prüfen, wie die Rechte der Erben an Personen- und Zugangsdaten sicherzustellen wären.
(sda/jfr)