Als Chef des Schweizer Dentalimplantate-Herstellers Nobel Biocare ist Domenico Scala grandios gestolpert. Teils wegen äusserer Faktoren, teils aus eigenen Fehlern. Doch der gebürtige Basler mit italienischen Wurzeln ist zurück im Rampenlicht – und dies gleich auf der internationalen Bühne. Seit drei Jahren leitet Scala die Audit- und Compliance-Kommission der Fifa, eine Art unabhängige Finanzkontrolle. Im Strudel des jüngst aufgebrochenen Korruptionsskandals beim in Zürich ansässigen Weltfussballverband hat der bald abtretende Präsident Sepp Blatter den 50-jährigen Scala neu mit umfassenden Reformen der Fifa beauftragt.
Doch Scala selbst steht ebenfalls im Schussfeld der Kritik. Vielen gilt er als Mann Blatters. Während seiner Zeit als Leiter der Audit- und Compliance-Kommission hat er keine grossen Unregelmässigkeiten aufgedeckt. Noch am Fifa-Kongress von Ende Mai dieses Jahres referierte er: «I can report that no significant weaknesses have been discovered.» Dabei wurden am Tag vorher hochrangige Fifa-Funktionäre in Zürich wegen Korruptionsverdachts festgenommen. Etwas seltsam mutet an, dass Scala auch im Compensation Sub-Committee des Fussballverbandes sitzt; dort werden die Löhne der Fifa-Funktionärsspitze festgelegt.
Die Verbündeten
Domenico Scalas wichtigster Mitstreiter ist Mark Pieth. Der Strafrechtsprofessor und Korruptionsexperte holte als Präsident des Independent Governance Committee der Fifa 2012 seinen einstigen Studienkollegen Scala an die Spitze des Audit and Compliance Committee. Noch-Fifa-Chef Sepp Blatter wird nicht müde, den von ihm mit der Reform beauftragten Scala über den grünen Klee zu loben.
Die Untersuchung gegen die Fifa-Grössen eingeleitet hat die US-Justizministerin Loretta Lynch. Letztlich haben sie und Scala dieselben Interessen. Nur hat sie das gesamte Fifa-Universum im Visier, und dazu gehören auch die Kommissionen. Ohne Chuck Blazer, Kronzeuge des FBI, wäre Scala nicht in die heutige Position gekommen. Eine natürliche Verbündete ist die Südafrikanerin Sindi Mabaso Koyana, Deputy Chairwoman des Audit and Compliance Committee. Reformen fordern schon seit längerem die Fussballfunktionäre Sunil Gulati und David Gill.
Die Gegner
Bundesanwalt Michael Lauber ermittelt im Fifa-Korruptionsfall gegen unbekannt. Er liess dabei auch Akten der Kommissionen, wo Scala Mitglied ist, beschlagnahmen. Keine Freude an einer Durchleuchtung hat Tamim bin Hamad Al Thani. Der Scheich fürchtet, dass Katar die Fussball-WM von 2022 abgesprochen wird. Nicht zu den Reformern zählt Michel Platini. Der Präsident des europäischen Fussballverbands Uefa ist selbst unter medialen Beschuss gekommen. Wenn Scala Reformen anstrebt, muss er sich wohl auch mit Jérôme Valcke anlegen; der Generalsekretär steht wegen Zahlungen an Ex-Fifa-Topmann Jack Warner unter Beschuss.
Nicht beschuldigt wird Vizepräsident Issa Hayatou. Doch der Afrikaner fürchtet im Zuge der Reformen um seinen Job. Scala will auch das Fifa-Exekutivkomitee reformieren. Das passt vielen Mitgliedern nicht, so dem Vizepräsidenten Jeffrey Webb, der in den USA der Bildung einer kriminellen Vereinigung beschuldigt wird. Harsch kritisiert der Sportjournalist Jens Weinreich: «Auch Scalas Ansätze sind nur Kosmetik.»
Das vollständige Machtnetz lesen Sie in der aktuellen «BILANZ», erhältlich am Kiosk oder mit Abo jeweils bequem im Briefkasten.