Wann sollte man als Paar das erste Mal über Geld sprechen?
Clara Creitz: So früh wie möglich. Eigentlich gehört ein Gespräch über die Finanzen schon in die Phase des Kennenlernens. Wofür gibt jemand gerne Geld aus, wo spart er? Wer über diese Themen spricht, erfährt auch viel über die Werte des anderen. Und ja, es gehört auch dazu, irgendwann über die Höhe des Einkommens und des Vermögens zu sprechen. Spätestens, wenn man zusammenzieht und entscheidet, wie man als Paar sein Geld verwalten möchte und welche Ausgaben künftig gemeinsam geleistet werden.
Ein wichtiger Schritt, das gemeinsame Konto.
Es gibt ja viele Varianten. Es gibt die etwas extreme Lösung, dass jeder weiterhin alles für sich selbst bezahlt. Oder das Paar wählt ein gemeinsames Konto und bezahlt alles fifty-fifty, unabhängig davon, wie die Einkommen sich unterscheiden. Oder aber man teilt zumindest die grossen Ausgaben wie Miete so auf, dass sie anteilig nach Gehalt berechnet werden, zum Beispiel über ein drittes Konto. Wichtig ist aber oft erstmal, sich eine Übersicht zu verschaffen über die relevanten Einnahmen und Ausgaben. Manchmal zeigt sich, dass man doppelt zahlt, zum Beispiel bei den Versicherungen.
Was hilft bei der Übersicht, ein Haushaltsbuch?
Da bin ich zweigeteilt. Ein Haushaltsbuch beziehungsweise eine entsprechende App hilft sicher, um erstmal Klarheit zu gewinnen. Auf Dauer ist es aber für viele Paare wenig praktikabel, die Ausgaben konstant zu tracken. Mein Vorschlag wäre, so viel wie möglich zu automatisieren. Mit Apps, zum Beispiel Outbank, kann man seine Konten verknüpfen und das gemeinsame Budget überblicken, auch wenn die Konten getrennt sind. Oder man hat ein gemeinsames Konto mit einem Budgetplaner im Online-Banking.
Welche Aufteilung empfehlen Sie?
Welche Konto-Lösung Paare bevorzugen, das ist eine sehr individuelle Entscheidung. Ich persönlich präferiere die Drei-Konten-Lösung, bei der Paare ein Konto für die gemeinsamen Ausgaben teilen und dann jeder noch über ein Konto mit eigenem Geld verfügt. Wenn beide Partner über eigenes Geld verfügen, hilft das auch, eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu führen.
Die Einkommenssituation ändert sich oft stark, sobald ein Kind kommt. Vor allem Frauen reduzieren ihr Arbeitspensum und damit ihr Einkommen. Wie gelingt es, bei den Finanzen trotzdem auf Augenhöhe zu bleiben?
Eine Möglichkeit ist, dass alles Einkommen – also klassischerweise der Vollzeitlohn vom Mann und der Teilzeitlohn von der Frau - auf ein Konto fliesst und dann für beide die gleiche Summe auf je ein eigenes Konto. Es geht dabei auch um Wertschätzung. Was ist der Wert, den jeder in die Beziehung einbringt? Der eine leistet seinen Lohn, der andere investiert seine Zeit in Haushalt und die Kinder. Das ist gleichwertig, auch wenn nicht beides bezahlt wird.
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Verändert sich nicht trotzdem die Dynamik in einer Beziehung, wenn einer von beiden das gesamte Geld verdient?
Jedes Paar sollte da den Weg gehen, der für die beiden passt. Wichtig ist aber schon zu wissen: Wer jahrelang Teilzeit arbeitet, verliert Arbeitserfahrung und ist mit der Zeit schlechter qualifiziert. Dann entsteht verstärkt eine Abhängigkeit von demjenigen, der Vollzeit arbeitet. Das kann zum Problem werden, nicht nur, wenn die Ehe scheitert. Ich werde zum Beispiel viel öfter danach gefragt, wie man finanzielle Risiken für den Fall minimieren kann, sollte der Hauptverdiener aus gesundheitlichen Gründen, einem Jobverlust oder im schlimmsten Fall durch einen vorzeitigen Tod ausfallen. Zum Beispiel, wenn mit dem Gehalt noch ein Haus abbezahlt wird.
Kein schöner Gedanke. Es ist verständlich, dass Paare vor der Familiengründung nicht an solche Schreckensszenarien denken wollen.
Das stimmt. Aber es ist absurd: Wenn zwei Geschäftspartner ein Unternehmen gründen, schliessen einen Gesellschaftsvertrag ab, falls der Versuch scheitert. In der Ehe fällt vielen genau das schwer. Es ist eine kulturelle Frage, dass Gespräche über Geld in der Partnerschaft so häufig zum Tabu werden. Dabei ist es wichtig gerade für Frauen und ihre eigene Vorsorge, sich des Themas anzunehmen und sich zu informieren.