Der neue Chef der US-Notenbank Fed ist ganz nach dem Geschmack von Präsident Donald Trump. Denn der gelernte Jurist Jerome Powell hat sich seine beruflichen Sporen in der Privatwirtschaft verdient: zunächst in einer Investmentbank, später bei der Beteiligungsgesellschaft Carlyle in New York, bevor er schliesslich als Direktor zur Fed stiess.
Wie Trump gilt der 64-Jährige als Wachstumsapostel. Die Förderung der Wirtschaftsleistung liege im «höchsten nationalen Interesse», sagte er jüngst bei einer Reuters-Veranstaltung in seiner Heimatstadt Washington. Trump strebt mittelfristig ein Plus beim US-Bruttoinlandsprodukt von drei Prozent an. Auch Powell kann sich offenbar für dieses ambitionierte Ziel begeistern: «Schon ein Prozentpunkt mehr Wachstum kann im Leben der Menschen einen riesigen Unterschied machen.»
Auf Yellens Spuren
Im Fed-Direktorium ist Powell nach der jetzigen Chefin Janet Yellen der Dienstälteste: Er sitzt bereits seit 2012 im Führungsgremium der mächtigen Zentralbank. Er hat daher vor Yellen auch Ben Bernanke als Fed-Chef erlebt.
Als Direktor hat Powell dort mit die Weichen dafür gestellt, dass die US-Wirtschaft nach der weltweiten Finanzkrise 2008/09 mittlerweile wieder rund läuft. Niemals hat er dabei gegen eine Entscheidung des Gremiums votiert: «Als Chef dürfte er daher wohl die Politik der schrittweisen Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen, die Yellen eingeleitet hat», so die Volkswirte von Grossbank UniCredit vor dem Entscheid.
Powell wird daher auch als Status-Quo-Wahl bezeichnet, wie Bloomberg schreibt. Thomas Heller, Investchef der Schwyzer Kantonalbank, zeigte sich im Vorfeld überzeugt, dass die Märkte sich mit einem Fed-Chef Powell sicherlich sehr gut anfreunden könnten.
Kein Unbekannter in Washington
Wie Trump hat Powell ein republikanisches Parteibuch. Dass er damit im Fed-Direktorium allein ist, dürfte der US-Präsidenten mit Blick auf die anstehende Bestätigung durch den Senat mit ins Kalkül genommen haben.
Auch Politikerfahrung hat Powell reichlich. Er arbeitete bereits unter dem früheren US-Präsidenten George Bush als Spitzenbeamter im Finanzministerium. Bei seinem Karrieresprung dürfte dem Vater dreier Kinder auch die Fürsprache des ehemaligen Goldman-Sachs-Managers und jetzigen Finanzministers Steven Mnuchin geholfen haben, wie in Washingtoner Medien kolportiert wird.
Ein Notenbanker aus dem Bilderbuch
Der Mann mit dem grau-melierten Haar, den Freunde und Weggefährten nur «Jay» nennen, wirkt meist ernst und bisweilen ein wenig kühl. Er wägt seine Worte stets sorgsam ab und entspricht so dem Bild, das sich wohl viele Amerikaner von einem Notenbanker machen. Powell befürwortet angesichts hoher Wachstumsraten und einer deutlich gesunkenen Arbeitslosenquote wie Yellen eine Politik stufenweiser Zinserhöhungen. So ist er ein Kandidat gewesen, der eine Fortsetzung des Fed-Kurses verspricht, zu dem auch der baldige Abbau der aufgeblähten Bilanz zählt.
Zugleich ist er offen für eine Lockerung der Dodd-Frank-Gesetze: Dieses Regelwerk war die zentrale Lehre aus der Finanzkrise, in der Banken mit Steuermilliarden vor dem Aus bewahrt wurden. Trump hält die Regeln jedoch für überzogen, da sie die Wirtschaft aus seiner Sicht zu stark bremsen. In einer Rede Anfang Oktober hat Powell zu Regulierung Stellung genommen: «Mehr Regulierung ist nicht die beste Anwort für jedes Problem.»
(reuters/ccr)
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