Als Ende August die Wahl von Erich Hunziker (48) zum neuen Finanzchef des Pharmamultis Roche bekannt wurde, reagierte die Branche überrascht. Nach seinen beiden schillernden Vorgängern, Henri B. Meier und Anton Affentranger, hatten Roche-Kenner einen ähnlich bekannten Namen erwartet. Schliesslich gilt der Posten des Roche-Kassenwarts als eine der Schlüsselpositionen der Schweizer Wirtschaft. Vor allem Henri B. Meier hat diesen Ruf gefestigt, besorgte er für Roche doch mit seinen Finanzdeals jahrein, jahraus nicht nur einen grossen Teil des Jahresgewinns, sondern zog durch seine exzellenten Kontakte auch sonst die Fäden in der Schweizer Wirtschaft. Hunziker indes war bisher höchstens Insidern bekannt. Diese jedoch wissen viel Gutes über ihn zu berichten. So hat er als CEO des Zürcher Handelshauses Diethelm Keller offensichtlich einen überzeugenden Job gemacht und das Familienunternehmen erfolgreich umgebaut und positioniert. Hunziker gilt als disziplinierter und bodenständiger Manager. Er strahlt ein hohe soziale Kompetenz aus. Diese Stärke weiss er aber auch geschickt für seinen eigenen Vorteil einzusetzen. Der spektakuläre Auftritt liegt ihm nicht, er gilt als medienscheu. Hunziker, geboren in der Nähe von Bern, stammt aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Bahnangestellter. Nach dem Ingenieurstudium in Zürich, das er selber finanzierte, ging er 1983 zum deutschen Pharmaunternehmen Boehringer Mannheim. Zunächst war er in der Holding der Besitzerfamilie in Zug tätig, 1992 wurde er Finanzchef in Mannheim. 1997 wurde Boehringer durch Roche übernommen. 1998 wechselte er als CEO zu Diethelm Keller. Hunziker ist geschiedener Vater von drei Kindern.

Seine prominenten Vorgänger
Sein unmittelbarer Vorgänger, Ex-Lombard-Odier-Topbanker Anton Affentranger, war nur fünf Monate im Amt. Dass sich der kantige Banker mit seinem Vorgesetzten Humer verkrachte – «die Chemie stimmte nicht», so der Roche-CEO nach dem Abgang von Affentranger – dürfte sich für Hunziker als Vorteil erweisen, weil er nach dem Abgang des ungeliebten Vorgängers mit offenen Armen empfangen wird. Eine hohe Benchmark hat aber der vorletzte Roche-Finanzchef, Henri B. Meier, von 1986 bis Ende 2000 Kassenwart beim Pharmamulti, gesetzt. Als «Fels von Roche» (BILANZ 8/2000) prägte dieser den Basler Konzern nachhaltig. Auch Meier soll, so sagen Insider, grosse Stücke auf Hunziker setzen. Dass der langjährige Finanzchef heute immer noch im Verwaltungsrat der Roche sitzt, birgt aber Konfliktpotenzial. Denn Meier kann seinem Nachfolger leicht dreinreden. Ob Hunziker jemals die Bedeutung von Meier erreichen wird, ist fraglich – und dürfte auch nicht erwünscht sein. Denn Roche hat im Zug einer konsequenteren Corporate Governance das Betätigungsfeld des neuen Finanzchefs von Anfang an enger abgesteckt als das seiner Vorgänger.

Seine Roche-Connection
Obwohl Hunziker von aussen zu Roche kommt, ist seine Hausmacht beim Pharmakonzern schon jetzt beachtlich. Geholt hat ihn Franz Humer, CEO und Präsident von Roche. Der kennt Hunziker noch aus der Zeit, als Roche den deutschen Diagnostikakonzern Boehringer Mannheim kaufte. Humer war damals Divisionsleiter Pharma, Hunziker Finanzchef der Corange Holding, der Dachgesellschaft von Boehringer Mannheim. Als Vertrauensperson von Curt Engelhorn, Patron der Besitzerfamilie von Boehringer Mannheim, war Hunziker zunächst bei der Aushandlung des Deals und später bei der Integration von Boehringer Mannheim in Roche an vorderster Front dabei. Nicht nur Humer war von der Leistung Hunzikers begeistert. Auch Fritz Gerber, damals VR-Präsident und heute noch als mächtige graue Eminenz im Roche-Verwaltungsrat, soll vom jungen Manager beeindruckt gewesen sein. Laut Insidern soll nebst Gerber und Humer auch André Hoffmann, Repräsentant der Besitzerfamilie, für Hunziker votiert haben. Schliesslich gilt Hunziker als Mann für schwierige Familienkonstellationen. Schon bei Boehringer Mannheim hatte er sich mit der Besitzerfamilie Engelhorn gut arrangiert, und bei Diethelm Keller schaffte er es, sich nicht zwischen den vier Familienzweigen zerreiben zu lassen. Dies wird den Roche-Besitzern wohl angezeigt haben, dass er sich gut in die manchmal verzwickten Machtgefüge von grossen Familienaktionären einordnen kann. Geholfen haben dürfte Hunziker schliesslich die enge Beziehung zwischen Diethelm Keller und Roche. Der Pharmamulti ist einer der wichtigsten Kunden des traditionsreichen Handelshauses.

Seine Förderer
Der Gründer des World Economic Forum (WEF), Klaus Schwab, machte Hunziker 1996 zum «Global Leader of Tomorrow». Diese Auszeichnung vergibt der WEF-Gründer an junge Topmanager, denen zugetraut wird, in Zukunft besondere Marksteine zu setzen. Dies hat Hunziker wertvolle Kontakte verschafft. In der gleichen Gruppe ist etwa auch der Shooting Star der US-Chefdenker, Ted Halstead. Zementbaron Thomas Schmidheiny hat Hunziker in seinen Verwaltungsrat und damit ins Machtzentrum eines Schweizer Bluechip-Unternehmens geholt. Der Zürcher Headhunter Bjørn Johansson hat Hunziker bei Diethelm Keller platziert und ihn in den Verwaltungsrat von Schmidheinys Holcim empfohlen.

Seine Wegbegleiter
Noch aus seiner Zeit in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren beim Studentenreisedienst SSR kennt Hunziker den CS-Topbanker Thomas Wellauer, Chef von CS Financial Services. Hunziker war zunächst Reiseleiter, später Präsident bei SSR, Wellauer im SSR-Verwaltungsrat. Auch mit anderen Mitgliedern des salopp als «SSR-Mafia» verschrienen Grüppchens von Aufsteigern hat der neue Roche-Finanzchef immer noch Kontakt, etwa mit der Ex-Nestlé-Topfrau Barbara Kux, heute im Europamanagement von Ford, oder Urs Frey, heute Inhaber des Reiseveranstalters Travac Vista Business Travel. Bei Diethelm Keller hat Hunziker eng mit Andreas Keller, VR-Präsident und Repräsentant des Familienunternehmens, zusammengearbeitet. Keller, der im internationalen Beirat der CS ist, hat Hunziker auch in Bankenkreisen breiter eingeführt, etwa bei CS-Präsident Lukas Mühlemann.
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