Für Startups aus dem Bereich erneuerbare Energien war 2021 ein Rekordjahr: Gemäss den Marktforschern von CB Insights verdreifachten sich weltweit die Summen, die von Risikokapitalgebern in diese Startups investiert wurden. Es gab 21 sogenannte Megarunden mit mehr als 100 Millionen Dollar Volumen sowie 3 Runden mit mehr als 500 Millionen Dollar.
Ganz hervorragend war das vierte Quartal – es war in diesem Startup-Segment der beste Vierteljahresabschnitt aller Zeiten.
Dabei ist Tesla ausgeklammert, das einige Analystinnen und Marktforscher dem Segment der erneuerbaren Energie zurechnen. Grund für den Einschluss ist das einigermassen unbekannte und wenig prätentiöse Nebengeschäft von Tesla. Man produziert nicht nur Autos und die dafür erforderlichen Akkus sowie die Steuerungssoftware, sondern auch Solaranlagen und Batteriespeicher für den Heimgebrauch.
«Es soll weggesteuert werden vom teuren Elitehobby für Menschen, die damit ihr schlechtes Gewissen beruhigen.»
Und man betreibt grosse Solaranlagen inklusive Batteriespeicher – damit gegebenenfalls auch die Fahrer der Fahrzeuge Strom nachtanken können.
Nicht nur ein Hobby für Eliten
Die am besten finanzierten Startups aus dem engeren Bereich der erneuerbaren Energien kommen aus den USA.
Man findet bei Firmen wie Sunnova, Octopus Energy, AES Solar oder Nexamp vorwiegend die Kombination von Solarstromerzeugung und Softwaresteuerungen – die teilweise über künstliche Intelligenz erfolgen, um Stromnetze stabil betreiben zu können – und seit einem Jahr erstmals auch das explizite Zusatzthema «Strom günstig und für alle».
Hier zeigt sich der Wandel des Zeitgeistes (auch) beim Thema erneuerbare Energien: Es soll weggesteuert werden vom teuren Elitehobby für Menschen, die damit ihr schlechtes Gewissen beruhigen, wenn sie abends mit ihrem benzinbetriebenen SUV nach Hause kommen und sich in mit Solarstrom heruntergekühlten Wohnzimmern entspannen.
Geografischer Schwerpunkt dieser gut finanzierten Startups sind neben den Vereinigten Staaten Grossbritannien und Spanien.
Im Gegensatz zu «reinen» Softwarelösungen lassen sich häufig lediglich die Ideen und Konzepte von Startups in andere Märkte bringen, weil oft erst die Kombination der lokal installierten physischen Netzinfrastruktur mit ergänzenden Komponenten und mit den Abnehmer- und Liefervereinbarungen zwischen den Netzbetreibern und Versorgern den versprochenen Mehrwert bringen.
Auch die am besten finanzierten schweizerischen Startups aus diesem Bereich arbeiten mit Kombinationen von Hard- und Software. Am weitesten fortgeschritten ist die Firma Energy Vault aus Lugano, die viele Aktivitäten inklusive Börsenlisting in den USA betreibt.
«Mit überschüssiger Energie werden Blöcke in einer Halle nach oben gehoben.»
Deren Aktienkurs hat sich seit Februar auf 20 Dollar verdoppelt. Grund ist das rapide gestiegene Interesse an Speicherlösungen, um nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine (noch) rascher von fossilen Energiequellen wegzukommen.
30-Tonnen-Blöcke als Energiespeicher
Bei Energy Vault steht die Speicherung von Energie im Vordergrund – und das ist im Bereich erneuerbare Energien überaus wichtig. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass Wind- und Solarenergie nicht immer produziert werden können – und dann müssen Stromspeicher solche Phasen überbrücken.
In der konventionellen Stromproduktion hierzulande macht man das seit vielen Jahrzehnten mittels der Pumpspeicherwerke: Wenn zu viel Strom vorhanden ist, pumpt man damit Wasser in die höchstgelegenen Speicherseen, und wenn Strom benötigt wird, lässt man dieses Wasser einfach wieder hinunterlaufen und erzeugt dadurch Strom.
Energy Vault nutzt ebenfalls das Höhenenergieprinzip: dies jedoch mit schweren Blöcken aus Kompositmaterialien in einer Art grossem Hochlager. Mit überschüssiger Energie werden die Blöcke in einer Halle nach oben gehoben. Die durch den Hebevorgang gespeicherte Energie wird durch das per Softwaresteuerung kontrollierte Absenken wieder freigesetzt.
Netzwerkfeinsteuerung wird zentral
Eine erste Testanlage steht in Arbedo-Castione; sie erinnert optisch an einen Siebzig-Meter-Kran mit drei Auslegern. Eine grosse Anlage soll für den US-Markt gebaut werden. Die bisher abgeschlossenen Verträge mit Energy-Vault-Netzbetreibern umfassen eine kumulierte Speicherkapazität von 2,5 Gigawattstunden. Zum Vergleich: In den USA ist landesweit eine Speicherkapazität von 17 Gigawattstunden auf der Basis von Batterien in Betrieb.
Weitere Startups aus diesem Bereich mit Sitz in der Schweiz sind durchwegs eine Grössenordnung bescheidener finanziert. Bei Insolight, mit 20 Millionen Franken finanziert, arbeitet man an der Verbesserung von Solarzellen.
Startups wie Depsys, Pexapark oder Smart Energy Link arbeiten an Lösungen, mit denen der auf unterschiedliche Weise produzierte Strom in einzelnen Netzen oder Quartieren besser verteilt und zwischen Produzenten und Konsumierenden hin- und hergeleitet werden kann.
Der Exit solcher Startups ist gewöhnlich nicht der erfolgreiche Börsengang, sondern der Aufkauf durch einen der grossen Netzbetreiber oder einen Dienstleister im Netzbetrieb. Der Erfolg ist dann nicht an der Wall Street sichtbar, sondern in der Dorfstrasse, wenn die Lichter auch dann noch brennen, wenn es windstill und dunkel ist und kaum Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht.
1 Kommentar
Das mit den Steinblöcken ist Geldverschwendung. Schon für Transporte und Herstellung der Steine und der Hebeanlagen braucht es viel Energie. Ganz im Gegensatz zum Wasser; das ist einfach schon da.