BILANZ: Die Novartis- Beteiligung wurde seitens Ihrer Familienstiftung stets als unveräusserlich bezeichnet. Warum gilt diese Aussage auf einmal nicht mehr?
Pierre Landolt:
Wenn ich die Beteiligung der Fondation an Novartis gelegentlich als einen Anker bezeichnet habe – was diese übrigens bleibt –, so haben wir doch parallel dazu immer auch eine Politik der Diversifikation verfolgt.

Welche Motive stehen hinter dem Entscheid, 23 Millionen Novartis-Titel zu veräussern?
Angesichts der Ereignisse der letzten Monate, des Auftauchens völlig neuer, unvorhersehbarer Risiken wie des internationalen Terrorismus und der Unsicherheit auf den Märkten über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft, haben wir beschlossen, beschleunigt zu diversifizieren.

Wie bitte? Sie wollten ein bestehendes Klumpenrisiko verringern?
Indem wir ein knappes Viertel unserer Novartis-Aktien verkauft haben, wurde ein gewichtiger Liquiditätsposten geschaffen, welcher der Sandoz-Familienstiftung langfristig eine harmonische und sichere Entwicklung garantiert.

Könnte der Verkauf von der Börse nicht als Signal aufgefasst werden, dass die Sandoz-Erben am langfristigen Potenzial von Novartis zweifeln?
Mit drei Prozent des Gesellschaftskapitals bleiben wir weiterhin einer der wichtigsten Aktionäre, der zweitgrösste nach der Novartis-Pensionskasse. Das soll auch so bleiben. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Novartis über sehr solide Entwicklungsperspektiven verfügt, und wir haben volles Vertrauen in das Management. Im Übrigen war dieses über die Transaktion voll im Bild.

Seit Wochen hält sich das Gerücht, die Sandoz-Familie könnte im grossen Stil beim Lokalkonkurrenten Hoffmann-La Roche einsteigen. Können Sie dieses hiermit aus der Welt schaffen?
Ich kann dieses Gerücht nur erneut dementieren. Gegenwärtig entspricht es unserer Strategie, auf Liquidität zu setzen.

Was halten Sie von der Idee, dass die beiden Schweizer Pharmakonzerne Novartis und Roche – mehr oder weniger eng – kooperieren sollten?
Persönlich gehe ich davon aus, dass es zwischen den beiden Firmen eine Reihe von Synergien gibt, aber keine gemeinsame Unternehmenskultur vorhanden ist. Die Chemie zwischen Menschen wird auch in Zukunft den Prozess einer Annäherung oder gar Verschmelzung bestimmen.

Was fängt die Sandoz-Stiftung mit flüssigen Mitteln in Höhe von anderthalb Milliarden Franken an?
Wie gesagt, wollen wir liquide bleiben, solange uns die globalen Risiken unabsehbar erscheinen. Sobald wir jedoch glauben, dass der Moment gekommen ist, werden wir unsere Diversifikationsstrategie fortführen und sehr rasch und bestimmt auf den Märkten intervenieren.

Wäre es möglich, dass die Fondation, anstatt zu diversifizieren, ihre Beteiligung am Agromulti Syngenta aufstockt?
Wir sind bereits ein wichtiger Aktionär von Syngenta, einem Unternehmen, das sich im schwierigen letzten Jahr hervorragend gehalten hat. Die Entschlüsselung des Reis-Genoms eröffnet diesem enorme Möglichkeiten. So ist es vorstellbar, dass Syngenta dereinst Saatgut produziert, das gegen Trockenheit und salzige Böden resistent ist und somit zur Lösung des globalen Ernährungsproblems beiträgt. Was eine Erhöhung unserer Beteiligung an dieser Firma betrifft, bleibt mit Blick auf die Zukunft nichts auszuschliessen.
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