BILANZ: Herr Bencivenga, Sie tragen ausschliesslich Massanzüge. Warum?

Bruno Bencivenga: Seit ich mir vor 25 Jahren meinen ersten Massanzug schneidern liess, komme ich nicht mehr davon los. Es ist wie eine Sucht.

Was genau macht süchtig?

Massanzüge passen einfach wie eine zweite Haut. Dazu tragen etwa die im Vergleich zu einem Konfektionsanzug engeren Ärmellöcher bei.

Das klingt nicht sehr bequem.

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Sie sind es aber. Kleine Ärmellöcher erhöhen die Bewegungsfreiheit. Sie verhindern, dass der Veston wie eine Fahne hin und her flattert, wenn man gestikuliert oder die Arme hebt. Schweizer Politiker könnten sich ein Beispiel nehmen an ihren italienischen Kollegen, die alle Massanzüge tragen.

Was spricht sonst für einen Massanzug?

Von Hand gefertigte Nähte bieten mehr Elastizität als industriell genähte. Meine Anzüge sitzen auch dann noch, wenn ich einmal zwei Kilo zunehme. Ausserdem werden bei einem Massanzug die Knöpfe so gesetzt, dass die Proportionen stimmen. Ich trage zum Beispiel den oberen Knopf am Anzug zwei Zentimeter höher als normal.

Gibt es weitere Extravaganzen, auf die Sie Wert legen?

Höchstens das Münztäschli bei der Taille unterhalb des Gurts – für das Parkgeld. Aber ein Massanzug darf ja nicht zu auffällig oder gar extravagant sein, er muss dezent wirken. Meine Vorliebe gilt den Stoffen: Sie sollen hochwertig, aber diskret sein.

Wo lassen Sie schneidern?

Normalerweise in Mailand bei einem Feinmassschneider.

Wie heisst er?

Den Namen verrate ich nicht. Ich habe die Adresse einigen Freunden gegeben und möchte die Wartezeit nicht noch mehr verlängern.

Gehen Sie überhaupt noch zur Anprobe?

Ich gehe immer zur Anprobe nach Mailand, pro Anzug mindestens zweimal. Das ist jedes Mal ein Erlebnis. Jeder Stoff hat eine andere Beschaffenheit und muss darum auch verschieden dem Körper angepasst und verarbeitet werden.

Tragen Sie auch Masskonfektion?

Ich habe es mal versucht, musste allerdings feststellen, dass zwischen Feinmass und Masskonfektion Welten liegen. Masskonfektion ist industrielle Fertigung und vom Tragekomfort her nicht zu vergleichen. Ich konnte mich nicht damit anfreunden.

Sie könnten aber viel Geld sparen.

Ich habe keine teuren Hobbys, Masskleider sind der einzige wirkliche Luxus, den ich mir leiste. Ich schätze ihn jeden Tag aufs Neue. Abgesehen davon sind Massanzüge auf lange Sicht gar nicht so teuer. Ein guter Massanzug hält ewig.