Ein Zwölfzylinder von Ferrari ist immer so etwas wie die Krone des Autobaus – auch in Zeiten der elektrischen Porsches und der Teslas, der Rolls-Royce Cullinans und Phantoms, der Bugattis und der Koenigseggs. Der «grosse» Ferrari ist eine Endstufe im industriellen Sportwagenbau, darüber hinaus gibt es nur Atelier- und Manufakturprodukte.

Ob es die Bezeichnung «Superfast» wirklich gebraucht hätte, und ob sie wirklich stilsicher ist, kann man diskutieren. Dass sie stimmt, musste ich erfahren: Ich habe innerhalb von zwei Tagen Testfahrt in der Schweiz keine Stelle gefunden, an der ich das Gaspedal bis an den Anschlag bringen konnte. Die 800 Pferde im Stall leisten ganze Arbeit.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das Schöne daran: Die Leistung überfällt das Getriebe nicht, sondern baut sich, typisch Sauger, ganz linear auf. Der Vorwärtsdrang kann einen Fahrer zwar ins Schwitzen bringen (auf Landstrassen nähert sich der Vordermann immer viel zu schnell), aber nie unangenehm überraschen.

Von 0 auf 200 unter acht Sekunden

Trotz seiner mächtigen 6-einhalb Litern Hubraum taugt dieser famose Motor problemlos für die morgendlichen Fahrt zum Gipfeli-Kauf; zur Not mit 320 über die deutsche Autobahn, in weniger als acht Sekunden auf 200 getrieben.

Aber auch Driften kann der 812, als klassischer Hecktriebler – wobei sich das wohl die wenigsten Käufer zutrauen werden. Wer es im Alltag ungewollt übertreibt, schliesst Bekanntschaft mit der famosen Allradlenkung. Sie hält den Über-Ferrari sicher in der Spur.

Ferrari 812 Superfast

Das Interieur überzeugt nicht vollends.

Quelle: ZVG

Keine Stilsicherheit beim Interieur

Wie gewöhnlich gibt sich das Interieur eines Ferrari auch beim 812 nicht hundertprozentig stilsicher. Schlimm sind vor allem die im Steuer integrierten Blinkertasten – die sehen nach dem billigsten Plastik aus, das im Werk zu finden war. Dabei ist gerade Ferrari punkto Werkstoffe ansonsten so wählerisch; die Italiener giessen sogar ihre Motorblöcke selber. Das machen Deutsche schon lange nicht mehr.

Was dem 812 hingegen sehr gut tut, ist die erwachsene Optik mit dem glatten, breiten Schlund an der Front – die zerklüftete Karosse des Achtzylinders 488 und seine verstörenden Frontleuchten haben die Geschmäcker der Kunden gespalten. Dass der 812 davon abrückt, steht ihm – gerade als Zwölfender, der weniger Aggressivität ausstrahlen sollte als der 488.

Sondermodelle «Monza» und «Roma»

Und das Beste kommt erst: Auf dem 812 basieren die optisch beruhigten Sondermodelle «Monza», und der nächste Achtzylinder «Roma» wird die schöne, alte Schlichtheit des Ferrari-Designs neu aufleben lassen: Grosse, gewölbte Flächen statt Löcher und Klüfte, stimmige Architektur statt Design entlang von Details.

Wenn der 812 dazu beigetragen hat: Danke! Bis der «Roma» kommt, suchen wir weiter nach Orten, wo der 812 seine Über-Power ausspielen kann.

Ferrari 812 Superfast
Antrieb: 6,5-Liter-V12-Benzinmotor
Verbrauch: 14,9 Liter Super Plus
Leistung: 800 PS (588 kW)
0–100 km/h: in 2,9 s
Vmax: 340 km/h
Preis: ab 342 710 Franken