Stars, Glamour und Skandale: Cannes ist Filmkunst, ein Laufsteg der Eitelkeiten und Mondänität. Sie haben das Filmfestival an der Côte d’Azur zu dem gemacht, was es heute ist: ein Mythos und Spektakel.

Als am 20. September 1946 das erste internationale Filmfestival in Cannes startete, ahnte niemand, dass aus der damals als Alternative zum faschistisch beeinflussten Filmfestival in Venedig gegründeten Filmschau eines der grössten Kinospektakel der Welt werden würde. In diesem Jahr feiert das Festival seine 70. Auflage – mit einer Goldenen Palme aus 167 Diamanten.

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Schlagzeilen ab Start

Die Goldene Palme für den besten Film, die gewöhnlich aus 118 Gramm reinem Gold besteht, wurde 1955 erstmals vergeben. So lange dauerte es, bis das Festival zu einem Muss der internationalen Kinowelt wurde. 1948 und 1950 fiel es wegen finanzieller Schwierigkeiten aus. Und im Jahr 1951 änderte man den Zeitraum und organisierte den zweiwöchigen Kinomarathon nicht mehr im September, sondern im April. Heute berichten mehr als 4000 Journalisten aus 90 Ländern über das Grossereignis.

Cannes sorgte schon Anfang der 50er-Jahre für Schlagzeilen. Stars wie Robert Mitchum und die Taylor verwandelten die Croisette in einen Boulevard der Hollywood-Grössen. Mitchum trat mit derben amerikanischen Manieren zwar ein ums andere Mal ins Fettnäpfchen, wurde bei seinen Auftritten 1947 und 1954 aber dennoch zum umschwärmten «Bad Boy». Die Diva Elizabeth Taylor stellte 1951 ihren ersten Cannes-Film «A Place in the sun» von George Stevens vor – und posierte im Badeanzug an der Seite von properen Marinesoldaten.

Skandalträchtige Sieger

Das Jahr 1968 sorgte in Cannes für eine Art Zeitenwechsel. Die französischen Studentenunruhen erreichten die Croisette. Das Festival musste abgebrochen werden und reformierte in der Folge die Regeln der Filmauswahl. Alternative Filmreihen wurden eingeführt wie «La Quinzaine des Réalisateurs». Ein Jahr später nahmen Jack Nicholson, Dennis Hopper und Peter Fonda für den Kultfilm «Easy Rider» den Preis für das beste Erstlingswerk in Empfang.

Auch einige der grössten Skandale der Filmgeschichte fanden in Cannes statt. Im Jahr 1961 zog Luis Buñuel wegen angeblicher Gotteslästerung den Zorn der katholischen Kirche auf sich. In «Viridiana» stellte der spanisch-mexikanische Regisseur die katholische Frömmigkeit und Moral infrage. In Spanien wurde der Film verboten und erst mehr als 15 Jahre später rehabilitiert. In Cannes wurde er mit einer Goldenen Palme ausgezeichnet.

Vier Schweizer mit Aussichten

Freude und Tränen werden wohl auch in diesem Jahr dazugehören. Nur wenigen ist es vergönnt, die Croisette mit einer Goldenen Palme zu verlassen. Um die Auszeichnungen des wichtigsten Filmfestivals der Welt weibeln heuer auch vier Werke mit Schweizer Beteiligung.

In die Sektion«Séances Speciales wurde der französische-schweizerische Regisseur Barbet Schroeder eingeladen: In seinem Dokumentarfilm «Le vénérable W.» begleitet der 75-Jährige einen einflussreichen buddhistischen Mönch in Burma mit der Kamera.

Mysterium und Reales

Zu sehen sind auch zwei Tessiner Koproduktionen. In «Sicilian Ghost Story» (Regie: Fabio Grassadonia und Antonio Piazza) spielt die Berner Schauspielerin Sabine Timoteo mit. Der Film eröffnet die Semaine de la Critique und handelt vom mysteriösen Verschwinden eines 13-Jährigen. Das italienisch-schweizerische Werk «L'intrusa» von Leonardo di Costanzo läuft in der renommierten Sektion Quinzaine des Réalisateurs, in der im vergangenen Jahr der Schweizer Animationsfilm «Ma vie de Courgette» von Claude Barras seine Erfolgsgeschichte startete.

Zu guter Letzt wurde auch der Dokumentarfilm «Avant la fin de l'été» der Genfer Regisseurin Maryam Goormaghtigh für eine Nebensektion ausgewählt. Die schweizerisch-französische Produktion begleitet drei Freunde auf einer abenteuerlichen Reise durch Frankreich.

(sda/jfr)