Eine Aussicht wie Hanspeter Baserga hätten viele gern. Wenn der Flottenmanager der Swiss den Blick vom Schreibtisch hebt und nach rechts aus dem Fenster richtet, schaut er auf Vorfeld und Startbahn in Kloten. Ständig rollen Swiss-Flieger zum Take-off oder heben gerade ab: nach Chicago, Bombay oder Tokio.
Die Langstrecken-Crews mögen es bedauern, aber Sparen sieht bei der Swiss unter anderem so aus: Die Grossraum-Airbusse A330 und A340 teilen sich nicht nur den gleichen Rumpfquerschnitt, sondern auch häufig dieselbe Besatzung. Ist eine Crew in New York mit einem vierstrahligen A340 angekommen und hat ihre vorgeschriebene Ruhezeit hinter sich, dann kann sie auf dem Rückflug ihre Arbeit auch in einem zweimotorigen A330 verrichten. Das erhöht bei der Airline die Effizienz – und senkt damit die Kosten. Denn das Kabinen- und Cockpitpersonal wartet nicht unnötig lange auf den nächsten Einsatz.
Die Strecke nach New York ist ein Paradebeispiel für die «Commonality» der reinen Airbus-Flotte, die Swiss betreibt: Die Strecke wird mit zwei unterschiedlichen Flugzeugmustern bedient, die aber so ähnlich sind, dass die Crews im Wechsel auf beiden arbeiten können – ohne teure Umschulung. Eine komplette Umschulung kann bis zu 45 000 Franken kosten. Hinzu kommen indirekte Kosten durch die zwei Monate lange Ausfallzeit des jeweiligen Piloten; Swiss kalkuliert für die Umschulung eines Piloten rund dreissig Arbeitstage ein.
Mit der Airbus-Flotte spart die Swiss also Trainingskosten und benötigt zudem insgesamt weniger Besatzungsmitglieder, weil das Personal flexibler einsetzbar ist. Und das wiederum vereinfacht die Einsatzplanung für die Crews. Hinzu kommen Gemeinsamkeiten der Flieger bei der Wartung und beim Ersatzteilbedarf – weil nicht so viele differenzierte Einzelteile vorgehalten werden müssen, sinken die Kapitalkosten. Insgesamt lassen sich durch eine homogene Flugzeugpalette «rund fünf Prozent der Kosten sparen», sagt Baserga.
Für die Bedürfnisse der Swiss, mit ihrer Basis Zürich in der Mitte Europas gelegen, ist die Airbus-Flugzeugpalette «optimal strukturiert», sagt Baserga. Strecken innerhalb Europas, nach Nordafrika oder in den Nahen Osten kann die Swiss je nach Kundennachfrage mit drei verschiedenen Airbus-Modellen der Single-Aisle-Klasse, also mit Fliegern mit nur einem Mittelgang, bedienen: A319, A320 und A321. Ihre Kapazität reicht, je nach Bestuhlung, von 110 bis 186 Passagieren. Für längere Strecken verfügt Swiss über den Airbus A330, der eine Grossraumkabine mit zwei Mittelgängen hat. Er fliegt Zentralafrika an, die Ostküste der USA, die Emirate und Indien – und eben New York. Die längsten Flüge absolviert der vierstrahlige A340. Er hat eine Reichweite von 11 000 Kilometern und landet zum Beispiel in Los Angeles, São Paulo, Johannesburg und Tokio – alle weltweiten Ziele der Swiss erreicht er ohne Zwischenlandung.
Weniger homogen, dafür bunter und internationaler ist die Kurzstreckenflotte der Swiss zusammengesetzt – doch das wird sich bald ändern. Als Erbin der Crossair übernahm die Swiss drei verschiedene Flugzeugtypen: brasilianische Embraer-Jets, die Avro-Maschinen vom britischen Hersteller BAe Systems und schwedische Saab, die zwar die weltweit einzigen Flieger sind, deren Bordtoilette ein Fenster nach draussen hat, die aber ausgemustert werden. Denn drei Flugzeugtypen machen Schulung, Crewplanung und Wartung teuer. Embraer und Saab verursachen durch die geringe Anzahl an Sitzen hohe Kosten pro angebotenem Sitzkilometer. Gegenüber den Billigairlines mit ihren Airbus A319 oder Boeing 737 kann Swiss ihre kleinen Flugzeuge deshalb nicht mehr Gewinn bringend einsetzen. Mit dieser Begründung beschränkt sich die Airline künftig in der Regionalflotte auf die Avro. Die kräftige Britin kann bis zu 100 Passagiere befördern, doppelt so viele wie die Embraer und die Saab.
Lufthansa fliegt Bombardier- und Avro-Jets und hat über die ebenfalls anstehende Erneuerung ihrer Kurzstreckenflotte auch noch keine Entscheide gefällt. Eine Harmonisierung der Flotten von Swiss und Lufthansa macht wirtschaftlich Sinn, und «selbstverständlich schauen wir uns die Möglichkeiten an», sagt Hanspeter Baserga.
Die meisten Fluggesellschaften beharren auf ihrer Unabhängigkeit; selbst innerhalb von Verbünden wie der Star Alliance kommt es praktisch nie zu gemeinsamen Flugzeugkäufen. Bei Swiss «sind wir in diesem Punkt nicht emotional», sagt Baserga. Wenn es zu einer Bündelung der Kräfte komme, wolle Swiss schliesslich «die Erste sein, die davon profitiert, aber derzeit stehen keine neuen Flugzeugbestellungen an».