Für die einen wäre sein Weggang von der Messe ein Schock. Andere werden die Frage aufwerfen, ob Samuel Keller als Vertreter der Lifestyle-Fraktion über das nötige Rüstzeug verfügt, eine der bedeutendsten Privatsammlungen mit Spitzenwerken der klassischen Moderne adäquat zu repräsentieren. Wie BILANZ in Erfahrung bringen konnte, soll Keller im Frühjahr 2008 die Leitung der renommierten Fondation Beyeler in Riehen bei Basel übernehmen. Der jetzige Stelleninhaber, Christoph Vitali, tritt dannzumal in den Ruhestand. «Wir befinden uns in ernsthaften Verhandlungen», bestätigt der weltweit angesehene Kunsthändler und Mäzen. Einzelne Punkte seien aber noch offen, sagt Ernst Beyeler, weshalb die ganze Sache «noch nicht spruchreif» sei.
Mit dem aktuellen Direktor der Fondation sei der Stifter nicht über alle Massen glücklich, heisst es hinter vorgehaltener Hand. Unter Christoph Vitali wurden vorab die operativ-administrativen Funktionen gestärkt, während im inhaltlichen Bereich der Rotstift regierte. Mit dem Effekt, dass kaum mehr in selbst erarbeitete Ausstellungskonzepte investiert wurde. Stattdessen hielt man sich lieber an «Konfektionsware» aus dem Ausland, wie im Fall der aus Wien übernommenen Magritte-Schau oder der aktuellen Matisse-Ausstellung, die zuvor bereits in Düsseldorf zu sehen war. Vitali sei im Raum Basel zu wenig gut verankert, bemängeln zudem seine Kritiker.
Um in die Fussstapfen eines Ernst Beyeler treten zu können, muss ein potenzieller Nachfolger nicht nur lokal gut verankert sein, sondern auch international über erstklassige Beziehungen verfügen. Nur so kann sichergestellt werden, dass hochkarätige Leihgaben und Exponate ohne Beyelers Zutun ihren Weg auch in Zukunft nach Riehen finden werden. Die Beschaffung privater Sponsorengelder sollte dem «Kronprinzen» ebenfalls vertraut sein, womit er sich auch in diesem Punkt von Vitali abheben könnte, der praktisch während seiner ganzen Karriere mit öffentlichen Geldern gearbeitet hat.
Trotz seinen 86 Jahren spürt Ernst Beyeler nach wie vor sehr genau, worauf es bei der Publikumsansprache ankommt. Um seine Weltklassesammlung nicht nur berühmt, sondern auch «sexy» zu machen, dürfte kaum einer besser geeignet sein als der umtriebige und bestens vernetzte Direktor von «Art Basel» und «Art Basel Miami Beach». Dass Sam Keller in der Branche nicht als «Theorie-Guru» gilt, gereicht ihm in Beyelers Augen nicht zum Nachteil. Geschwätzige Kunsthistoriker waren dem Stargaleristen immer suspekt. Langfädige Reden hasst er genauso wie allzu komplizierte oder künstlich aufgeblasene Abhandlungen. Ausdruck dieser Haltung sind die knappen Texte in den Ausstellungskatalogen der Fondation, die kaum je mehr als drei Seiten umfassen.
Als durch und durch «visueller Typ» hat Beyeler in seiner langen und erfolgreichen Händlerkarriere nicht entlang kunsthistorischer Linien gesammelt. Stattdessen konzentrierte er sich auf Einzelwerke oder Werkgruppen namhafter Künstler – «Icons» berühmter Gestaltungsgenies, die ihm persönlich besonders gefielen. Insofern erfordert seine Weltklassekollektion auch keinen hochakademischen Vermittlungs- oder Entschlüsselungsaufwand. Auch wenn Keller mit Blick auf die neue Herausforderung in kunsthistorischen Belangen wohl noch etwas aufrüsten muss, freut er sich schon jetzt auf seine neue Rolle als Repräsentant «eines der erfolgreichsten und interessantesten Museen der Welt».
«Gut möglich, dass ich der ‹Art› nach 2008 auf strategischer Ebene erhalten bleibe», beruhigt Keller seine zahlreichen Fans. Messe-intern wird offenbar an Kellers Vorsitz in einer Art Schattenkabinett gedacht – so ähnlich wie Ernst Beyeler bei der von ihm mitbegründeten «Art» während Jahren im Hintergrund die Fäden zog. Wo bereits an solchen Details gefeilt wird, dürfte dem Wechsel nichts Wesentliches mehr im Wege stehen: «Die Chancen stehen gut, dass wir uns demnächst finden werden», lässt Keller über den Ausgang der Verhandlungen mit dem Basler Kunsthandels-Doyen wenig Zweifel aufkommen. Im Grunde sei die Sache beschlossen, weiss die Basler Sammlerin Ulla Dreyfus, die zur Messeleitung und zur Beyeler-Stiftung über beste Kontakte verfügt. Aus Rücksicht auf das Messegeschäft soll der Wechsel aber erst nach Abschluss der diesjährigen «Art» offiziell kommuniziert werden. Sie finde es «super», sagt Dreyfus mit Blick in die Zukunft, dass Keller 2008 die Leitung der Fondation übernimmt.