François Fillon hat bereits an der Macht geschnuppert und strebt nun das höchste Amt in Frankreich an. Der Ex-Premierminister hat nach dem Sieg bei den Vorwahlen der Konservativen gute Chancen, seinen Traum wahr zu machen.
Der passionierte Motorsportfan aus Le Mans hat im Rennen um die Präsidentschaft einen Blitzstart hingelegt und seinen lange Zeit als Favoriten gehandelten Rivalen Alain Juppé ausgebremst. Trotz seines rasanten Hobbys strahlt der 62-Jährige geradezu stoische Ruhe aus. Wenn es um die von ihm angestrebte radikale Reform des Staatsapparates geht, ist er knallhart in der Sache, aber sanft im Ton. Er wirkt wie ein Gegenentwurf zum einstigen Förderer Nicolas Sarkozy, der als Präsident wegen seiner Umtriebigkeit den Spitznamen «Speedy-Sarko» erhielt.
Seine Vorschläge bergen Sprengstoff
Mit seinem Sieg bei der Vorwahl tritt Fillon nun endgültig aus dem Schatten des Mannes heraus, der ihn als seinen «Mitarbeiter» bezeichnet hatte. Dies war in der Zeit, als Fillon Premierminister (2007 bis 2012) unter Sarkozy war. Nun schickt der Jurist sich an, das Erbe anzutreten. Der konservative Hoffnungsträger für den Wiedereinzug in den Élysée-Palast bringt dafür jahrzehntelange Erfahrung mit. Vor 35 Jahren wurde Fillon erstmals ins Parlament gewählt - als damals jüngster Abgeordneter.
Der mit einer gebürtigen Waliserin verheiratete Vater von fünf Kindern gilt als wirtschaftsliberal und grosser Fan der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher. Fillons Vorschläge bergen Sprengstoff: 500'000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies kommt in dem zentralistisch geführten Frankreich einer Revolution gleich. Fillon steht dazu. In einer Fernsehdebatte warf er Juppé vor, keine durchgreifende Änderung anzustreben: «Er bleibt im System, will es nur verbessern. Mein Projekt ist hier radikaler.»
Fillon wagt sich an heilige Kuh heran
Dazu gehört auch, dass sich der Vorwahlsieger an heilige Kühe wie die 35-Stunden-Woche herantraut. Selbst Sarkozy hatte diese von vielen Franzosen geschätzte Errungenschaft der Linken nicht infragegestellt. Fillon macht nun die einfache Rechnung auf, dass der radikale Schnitt beim Personal im öffentlichen Dienst funktionieren kann, wenn die verbliebenen Staatsdiener länger arbeiten - und zwar 39 statt wie bisher 35 Stunden.
Dass diese Pläne bei der Mehrheit der Wähler bei den Präsidentenwahlen im kommenden Jahr gut ankommen, bezweifelten viele Juppé-Anhänger. Sie argumentierten, dass der Bürgermeister von Bordeaux mit seinem moderateren Programm mehr Franzosen ansprechen würde und damit bessere Karten in einer möglichen Stichwahl gegen die Chefin der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen, im Mai haben würde. Sie verwiesen auf Umfragen. Davon will Fillon nichts wissen. Er spricht von einer von Medien verbreiteten Meinungsmache: «Die Franzosen sind stolz und mögen es nicht, wenn man ihnen sagt, was sie tun sollen.»
Keinen Hehl aus religiösen Überzeugung
Fillon macht zudem aus seiner religiösen Überzeugung keinen Hehl: Der Katholik hält beispielsweise nichts davon, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren. Fillon verwahrte sich jedoch vor Abgeordneten gegen Vorwürfe, er vertrete ein verstaubtes Weltbild: «Nachdem ich ultraliberal genannt wurde, wird mir nun das Etikett mittelalterlicher Reaktionär angeheftet. Das ist grotesk und lachhaft.»
Auch mit seinen Ansichten zum Umgang mit Russland eckt er an. So hat Fillon den sozialistischen Präsidenten François Hollande dafür kritisiert, bei den Sanktionen nach der russischen Annexion der Krim zu stark den Schulterschluss mit Deutschland und den USA zu suchen. Womöglich wird er daher ein schwieriger Partner für die Bundesregierung werden, wie manche befürchten.
(reuters/ccr)