Mit einem Lächeln unter dem Urwaldhut überholt uns Michel in seiner mit Vorräten voll beladenen Piroge (Einbaum). Seine Gäste in Französisch-Guyana, heute 20 erwartungsfrohe Abenteuerlustige aus Europa, geniessen derweil die rund zweistündige Fahrt auf dem Approuague, einem 260 Kilometer langen Dschungelfluss. In Régina sind wir, zwei Autostunden ab der Hauptstadt Cayenne, auf den harten Bänken einer 15 Meter langen Aluminium-Piroge in die fremde Welt gestartet.
Amazonas-Habitués haben ihre Ausrüstung in 50 Liter grossen Plastiktonnen luft- und regendicht verpackt. Zwei oder drei lottrige Landungsstege unterbrechen die schier unendliche, undurchdringliche Vegetation; die bescheidenen Anwesen der Einheimischen bleiben in der grünen Hölle verborgen. Fremdenlegionäre schieben, fast bis zum Kopf im braunen Wasser, ein 30 Meter langes, schweres Ponton an Land. Eine beinahe angenehme Aufgabe im Vergleich zum knüppelharten Dschungelkampf-Training der Touristen.
Aperitif im Regenwald
Bei den ersten Stromschnellen werden unsere jungen Französinnen ruhiger, bleicher. Es spritzt und schwankt, rumpelt und knirscht noch ein paar Mal gewaltig bis zur Ankunft im Camp Cisame. Nach 56 Kilometern und zwei Stunden betreten wir endlich wieder festen Boden. Vor uns öffnet sich eine weite Waldwiese mit vier rundum offenen, mit Blättern gedeckten Hamac-Carbets mit je zehn bis fünfzehn Hängematten. Die Privatsphäre verbleibt in Cayenne. Per Gong ruft die brasilianische Köchin zum Mittagessen ins zentrale «Restaurant», das Michel mit reichlich ausgeschenktem Ti-Punch oder einem Planters-Punch aus der Dreiliterflasche einleitet. Wein à discrétion begleitet ein vorzügliches Mittagessen am langen Tisch. Französisches Savoir-vivre mitten im Dschungel.
Für drei oder sechs Stunden, je nach Kondition, geht es ab in den unberührten Amazonas-Regenwald. Monsieur José erklärt die üppige Vegetation. Vögel schreien ihre Warnrufe durch die Baumriesen. Schlangen ziehen sich fluchtartig in ihre Höhlen zurück. Im Aufstieg zum Colonice tropft der Schweiss aus allen Poren. Bis der Rückweg durch den zum Teil hüfttiefen Bach etwas Abkühlung spendet. José geht voraus, vertreibt kleine giftige Stachelrochen und befreit lachend tief im Schlamm eingesunkene Gäste. Ein Turnschuh bleibt als Zeichen menschlicher Abenteuerlust unwiederbringlich darin stecken. Natur pur und besser als jede Fango-Kur. Ein grosszügiger Aperitif rund ums offene Feuer im speziellen Apéro- Carbet begleitet den ersten Erfahrungsaustausch. Später kommen zu viel Wein ein ausgezeichneter Fisch, allerlei Gemüse und ein Dessert auf den Teller. Die Stimmung ist heiter, bis jeder im Licht der Sterne todmüde in seine leicht schwankende Hängematte kraxelt und bis zum Morgenkonzert der Brüllaffen durchschläft. Das ungewohnte «Bett», nicht zu weich und nicht zu hart, passt sich dem Körper an, aber ganz anders als eine luxuriöse Matratze. Ein fast berauschendes Gefühl. Anderntags lassen wir uns, mit Schwimmwesten versehen, an Piranhas und anderen Beissern vorbei den Fluss hinunter treiben. Noch mehr Abenteuer verheissen Michels mehrtägige Ausflüge 20 Kilometer flussaufwärts. Das Camp Riad Quatta präsentiert sich als einfachste Herberge ohne Strom. Aber es fehlen weder Champagner noch beste Küche. Urwaldfeeling à la française weit weg von jeglicher Zivilisation.
Unberührte Natur als Luxus
Mitten im mehr als 94 000 Hektar grossen Naturreservat Marais de Kaw finden wir eine schwimmende Écolodge. Ein Paradies für Vogelfreunde, wo nachts Kaimane, Frösche und Jaguare herrschen. Thierry zeigt uns auf der zweistündigen Fahrt durchs Schilfmeer die Vielfalt einer intakten Wildnis, wie es sie kaum mehr gibt. Neben Koch, Barkeeper, Mechaniker ist er auch Wildlife-Guide. Auf der Nachttour fixiert seine Stirnlampe die lauernden Kaimane. Exemplare von zwei, drei Metern Länge verharren lange unbeweglich im Licht, ein mulmiges Gefühl macht sich breit. Die gelb leuchtenden Augen sind kaum 1 Meter weg. Ein Junges, vielleicht 70 Zentimeter lang, entwischt ihm nicht und macht in zitternden Händen ärgerlich quiekend die Runde. Ihr Bestand erholt sich langsam, seit sie nicht mehr zu Handtaschen verarbeitet werden. Bis zur früheren Länge von 6 Metern, so Thierry, wird es aber noch dauern. Ein grosses Capybara (Wasserschwein) entkommt einem Kaiman mit deutlichen Bisswunden.
Gegen 22 Uhr ist man zurück. Himmelbett anstatt Hängematte heisst es in der einzigen, rundum offenen Suite. Feine Nebelschwaden verschleiern die rote Morgensonne. Eine romantischere Aussicht aus einem Schlafzimmer gibt es nicht. Das Frühstück neben der offenen Küche ist hingegen noch bescheidener als das Nachtessen. Unberührte Natur ist der wahre Luxus dank der hier rigorosen Écophilosophie.
Die Recherche wurde unterstützt vom Französischen Fremdenverkehrsamt.
Südamerika: Auf Kreuzflug mit Hotelplan
Reise
Während dreier Wochen im nächsten Jahr kann man mit Globus Reisen von Hotelplan bequem die Höhepunkte Südamerikas im eigenen Flugzeug der Edelweiss Air entdecken. Besucht werden neben den Metropolen
Rio de Janeiro (Brasilien) und Buenos Aires (Argentinien) etwa die Iguazú-Wasserfälle (Brasilien/Argentinien), der Perito-Moreno-Gletscher (Argentinien), das Anden-Hochland (Ecuador) sowie die Riviera-Maya-Strände (Mexiko). Es können auch nicht inbegriffene Ausflüge dazugebucht werden, etwa ein Besuch der Machu-Picchu-Inkastättenin Peru (Bild) und des Amazonas-Dschungels in Ecuador oder eine Expeditionskreuzfahrt zu den Galápagos-Inseln.
Preis
Der exklusive «Kreuzflug im eigenen Jet – rund um Südamerika» vom 8. bis 29. Mai 2013 ab/bis Zürich ist bei Globus Reisen ab 19 900 Franken pro Person buchbar, samt diversen Mahlzeiten und Exkursionen, 9 Streckenmit der Edelweiss Air sowie 21 Nächten in Erstklasshotels.