Kaum eine Entwicklung ist weltweit so konsistent wie der Rückgang der Geburten. Der Langzeitvergleich macht dies besonders deutlich: Im Durchschnitt der OECD-Staaten werden heute noch rund 1.7 Kinder pro Frau geboren. 1970 waren es noch 2.7. Verloren haben dabei vor allem Staaten, in denen Kinderreichtum vor wenigen Jahrzehnten noch weit verbreitet war. Indien, Brasilien, die Türkei – in all diesen Staaten kamen 1970 noch mehr als fünf Kinder pro Frau zur Welt. In China sorgte die radikale Ein-Kind-Politik für den starken Rückgang. Dennoch liegt das Land noch heute vor der Schweiz. Hierzulande bekommen Frauen im Durchschnitt 1.54 Kinder.
Heikles Thema Geburtenrate
Die Geburtenrate zu beeinflussen, ist dabei eines der schwierigsten Themen der Politik. Zum einen, weil sie den Mensch in seiner privatesten Entscheidung trifft. Zum anderen, weil die Wirkung von familienpolitischen Massnahmen oft umstritten sind. Das zeigt zum Beispiel die Debatte um die Elternzeit in Deutschland. Seit es sich für Familien finanziell lohnt, dass auch der Vater eine Babypause nimmt,
tun dies deutlich mehr Männer. Inwiefern diese Entwicklung aber die aktuell steigende Geburtenziffer beflügelt hat, daran scheiden sich die Geister.
Schliesslich steigt auch in der Schweiz die Zahl der Neugeborenen pro Jahr, lag in diesem Jahr so hoch wie zuletzt vor 23 Jahren. Dabei bietet der Staat familienpolitisch mit 14 Wochen Mutterschutz nur Minimalversorgung. Der Vaterschaftsurlaub ist Zukunftsmusik: Aktuell sammeln mehrere Organisationen um Travail.Suisse Unterschriften, um das Volk darüber abstimmen zu lassen. Mehr als 50'000 haben sie beisammen, meldeten Initianten am Montag.
Wichtig ist, was hinter dem Schweizer Babyboom steckt. Nach wie vor kommen nämlich 1,5 Kinder pro Frau zur Welt. Der Grund für das Wachstum liegt woanders: Weil die Bevölkerung zunimmt, kommen insgesamt auch mehr Kinder zur Welt.
(Daten: Mathias Brandt, Statista/Text: Karen Merkel)