Zwölf Menschen waren bislang auf dem Mond - alles Männer. Vor 50 Jahren sass im Kontrollzentrum der Nasa nur eine einzige Frau. Wie sieht es 50 Jahre nach der Mondlandung in Sachen Astronautinnen aus?

Als Neil Armstrong und Buzz Aldrin vor 50 Jahren den Mond betraten, waren im Kontrollzentrum der US-Raumfahrtbehörde Nasa viele aufgeregte Männer zu sehen - und genau eine Frau. «Ich habe einfach Raketentreibstoff in meinen Adern», sagt die heute 78 Jahre alte JoAnn Morgan in einem Interview dazu. Sie erinnert aber auch an den Sexismus zur Zeit der Mondlandung - sie bekam obszöne Anrufe wegen ihres Jobs. Heute arbeiten Frauen auf der Internationalen Raumstation ISS.

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JoAnn Morgan kam 1958 zur Nasa und arbeitete sich bis zum «Apollo»-Programm hoch. Ihre Anwesenheit beim Start von «Apollo 11» 1969 hatte im Vorfeld für heftige Diskussionen gesorgt und musste offiziell vom damaligen Chef des Kontrollzentrums, Kurt Debus, abgesegnet werden. «Es gab Widerstand», sagt Morgan. Frauen waren nicht vorgesehen - es gab im Gebäudeteil noch nicht einmal eine Damentoilette.

Morgans Kollegin Frances «Poppy» Northcutt erinnert sich, wie Frauen bei der Nasa damals in einem «Meer an Sexismus» schwammen. «Es war überall, immer, wie die Schwerkraft», sagt sie. Gefeiert wurden ausschliesslich die Herren der Schöpfung. Alle zehn US-Astronauten, die bis 1972 den Mond betraten - Männer. Auch alle 13 bisherigen Chefs der Nasa - Männer.

Anders bei den Russen

Bei den Russen lief das ganz anders. Bereits 1963 schossen sie Kosmonautin Valentina Tereschkowa in den Weltraum. Die erste Nasa-Astronautin Sally Ride musste sich dagegen noch Ende der 1970er Jahre die Frage gefallen lassen, ob 100 Tampons für den Trip ins All wohl ausreichen.

Aber auch die Vereinigten Staaten wandelten sich. Von den 347 US-Astronauten, die bislang ins All abhoben, waren immerhin 49 Frauen. Heute ist fast die Hälfte des Teams weiblich, dazu ein Drittel der etwa 15'000 Nasa-Mitarbeiter. Bei der Kult-Serie «Star-Trek» kommandierte ab 1995 Captain Kathryn Janeway. Der Erfolgsfilm «Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen» brachte dem Thema Frauen 2016 weltweite Aufmerksamkeit. Es ist die wahre Geschichte dreier afro-amerikanischer Nasa-Mitarbeiterinnen, die mit ihren Berechnungen die Grundlagen für die bemannte Raumfahrt legten.

Bei der Europäische Weltraumorganisation ESA gibt es seit 1988 gemischte Teams. Seit 20 Jahren ist der Anteil von 15 Prozent Frauen unter den Bewerbern aber gleich geblieben. Jüngst stellte die Italienerin Samantha Cristoforetti mit fast 200 Tagen im Weltraum einen Frauen-Rekord auf.

Astronautin gesucht

In Bremen hat es Claudia Kessler gereicht, dass immer nur deutsche Männer ins All fliegen. Alexander Gerst, bekannt als «Astro-Alex», nun sogar schon zwei Mal. Kessler, Luft- und Raumfahrttechnikerin, ist Personalvermittlerin in der hoch spezialisierten Weltraum-Branche. 2016 startete sie mit Verve privat den Wettbewerb «Die Astronautin» - mit dem Ziel, 2020 eine Frau aus Deutschland zur ISS zu schicken.

Anfangs als PR-Gag belächelt, geriet der ungewöhnliche Wettbewerb schnell zu einer Frauenpower-Schau. Mehr als 400 ernsthafte Kandidatinnen bewarben sich - darunter Ingenieurinnen, Kampfpilotinnen und Physikerinnen. 90 absolvierten in einer zweiten Runde die notwendigen psychischen und medizinischen Tests beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Das Rennen machten am Ende die Heidelberger Meteorologin Insa Thiele-Eich und die Kölner Astrophysikerin Suzanna Randall - beide promoviert. Die Ausbildung zur Astronautin absolvieren sie gerade, Piloten- und Tauchscheine sind schon gemacht. Das Training für die Schwerelosigkeit läuft. Eine Möglichkeit zum Start gäbe es im Herbst 2020, sagt Astronautin-Sprecherin Inka Helmke. «Ein amerikanischer Startanbieter hält zurzeit einen 'Seat' in seiner Kapsel frei.»

50 Millionen Dollar fehlen

Doch was der Initiative weiter fehlt, ist Geld - viel Geld. «Wir haben in die Ausbildung und Vorbereitungen dieser Mission bereits fast eine Million Euro gesteckt», berichtet Helmke. Dank vieler Unterstützer und Kooperationspartner wie Airbus und DLR sei das möglich gewesen.

Doch der reine Flug zur ISS mit 10 Tagen Aufenthalt und dem nötigen, rund neunmonatigen Training in den USA koste rund 50 Millionen US-Dollar. Diese Summe fehlt. «Wir hoffen auf eine Beteiligung aus Berlin», sagt Helmke. Nach elf steuerfinanzierten Männern sollte eine Beteiligung an einer Mission der ersten deutschen Frau im All doch möglich sein, findet sie. Und wenn nicht im nächsten Jahr, dann eben später.

Anlässlich des 50. Jubiläums der Mondlandung will die Nasa noch einen Schritt weiter gehen. «Die erste Frau und der nächste Mann auf dem Mond werden beide amerikanische Astronauten sein, die mit amerikanischen Raketen von amerikanischem Boden abgehoben sind», hat US-Vizepräsident Mike Pence im März angekündigt. Es werde eine der 12 Frauen sein, die derzeit unter den 38 aktiven Astronauten der Nasa sind, sagte der Chef der Raumfahrtbehörde Jim Bridenstine dem TV-Sender CNN. «Ich denke, dass das für junge Frauen nicht nur in unserem Land, sondern weltweit alles verändert.»

(sda/ccr)