Monatelang bestand Theresa May darauf, dass die Briten erst 2020 wieder ein Parlament wählen werden. Jetzt machen sich auf der Insel viele über ihre 180-Grad-Wende lustig. Die Premierministerin selbst besteht darauf, die Entscheidung für eine vorgezogene Neuwahl im Juni «widerwillig» getroffen zu haben. Doch es gibt – aus ihrer Sicht – mehrere gute Gründe dafür:
Rückenwind für die Verhandlungen
Die Premierministerin steht mit ihrem Mantra «Brexit heisst Brexit» inzwischen für den EU-Austritt. Die Verhandlungen werden zäh und kompliziert werden, und es gilt als sicher, dass sie Grossbritannien erst einmal einiges kosten werden – May will sich beim Volk ein Mandat dafür holen und die Stimmen der Kritiker im Parlament dämpfen.
Komfortable Mehrheit
Die konservativen Tories regieren alleine, haben aber nur eine Mehrheit von 17 Stimmen. Wie schon ihr Vorgänger David Cameron hat May mit «Rebellen« in den eigenen Reihen zu kämpfen, vor allem den ultra-konservativen Hardlinern. Eine grössere Mehrheit würde Gruppierungen innerhalb der Tory-Fraktion schwächen.
Schwacher Gegner
Labour, die grosse Oppositionspartei, ist in desolatem Zustand – spätestens, seit die sozialdemokratische Basis den Parteilinken Jeremy Corbyn gegen den Willen seiner Fraktion an die Spitze gewählt hat. Nicht einmal jeder sechste Brite traut ihm das Amt des Premiers zu, alles sieht nach einem klarem Sieg für May aus.
Eigene Position stärken
Nicht May hat die letzte Wahl gewonnen, sondern David Cameron. Nach dem Brexit-Referendum ging sie aus einem ziemlich unschönen Machtkampf als seine Nachfolgerin hervor. An ihrer Machtstellung zweifelt zwar niemand – trotzdem würde ein Wahlsieg ihre Position noch einmal stärken.
Macht sichern
Wer weiss, was 2020 ist? Bis dahin könnte Labour einen neuen Chef haben und sich wieder aufrappeln, die britische Wirtschaft könnte nach dem Brexit straucheln, die Stimmung im Land könnte gekippt sein. Wenn am 8. Juni gewählt wird, haben Mays Tories die Macht bis 2022.
(sda/jfr)