Die renommierte Kunst- und Antiquitätenmesse Tefaf gilt jedes Jahr im März als wichtiges Marktbarometer. Nicht zuletzt, weil sich der zeitliche Bogen der Ausstellungsstücke von der Antike bis zur Gegenwart spannt. Rund 30 000 Objekte werden zu sehen sein und jedes einzelne wird vor der Eröffnung der Messe von 29 international besetzten Jurygremien sorgfältig geprüft. Der Gesamtwert der gezeigten Objekte wird auf rund eine Milliarde Dollar geschätzt.
Raritäten und Wiederentdeckungen
Das einzige Fragment einer ägyptischen Wasseruhr, das sich noch in Privatbesitz befindet, wurde zwischen 332 und 323 v. Chr. von Alexander dem Grossen in Ägypten in Auftrag gegeben. Der Bildausschnitt zeigt Alexander, wie er der Göttin Hathor Wein anbietet. Wasseruhren wurden zur Zeitmessung in Tempeln verwendet, damit die Rituale zur richtigen Zeit ausgeführt wurden. Die Wasseruhr wird von der Galerie Harmakhis aus Brüssel für 150 000 Euro angeboten.
Eines der wenigen Selbstporträts von Bernardo Bellotto, besser bekannt unter dem Namen Canaletto, offeriert Otto Naumann Ltd. aus New York für 8,2 Millionen Dollar. Das Gemälde, das ein Capriccio mit einem Selbstporträt von Bellotto im Gewand eines venezianischen Edelmanns zeigt, entstand in der Zeit zwischen 1761 und 1767.
Das Porträt eines Edelmannes, angeboten von Johnny van Haeften Ltd. aus London für 4,5 Millionen Euro, hing während Jahrzehnten verborgen in Privatsammlungen und wurde erst kürzlich dem flämischen Maler Michael Sweerts aus dem 17. Jahrhundert zugeordnet. Eine Wiederentdeckung ist auch das bedeutende Werk aus den frühesten Schaffensjahren von Jean Dubuffet: Das ins Jahr 1943 datierte Gemälde «Dechaumage au Brabant» lag über 20 Jahre in einem Banktresor. Das Werk ist mit einem ausgezeichneten Erhaltungszustand bei Landau Fine Art aus Montreal für 2,5 Millionen Dollar zu haben.
«La Veuve» von Tamara de Lempicka wurde in den 1920er-Jahren auf zwei wichtigen Pariser Ausstellungen gezeigt. Ein Privatsammler erwarb das Gemälde 1925 von der Künstlerin. Seither wurde es nur zweimal öffentlich gezeigt. Kunsthandel Frans Jacobs aus Amsterdam offeriert es nun für 300 000 Euro.
Eine seltene Skulptur des berühmten französischen Realisten Gustave Courbet wurde nach gut 130 Jahren wiederentdeckt. «La Liberté» ist eine ausdrucksstarke Darstellung der Freiheit. Die 1875 entworfene Bronzeskulptur ist die einzige von Courbet, die er diesem Thema gewidmet hat. Der Kunsthändler Richard Feigen aus New York offeriert die Skulptur für 685 000 Euro.
Ein aussergewöhnliches Skulpturenpaar aus Bronze stammt vom Renaissance-Bildhauer Tiziano Aspetti aus Padua. Die Bronzen der Venus und des Mars mit sehr schöner Patina befinden sich in hervorragendem Zustand und werden von Altomani & Söhne aus Mailand für 150 000 Euro angeboten.
Spätwerk von Rembrandt
Einer der Höhepunkte der Tefaf ist ein herausragendes Porträt aus dem Spätwerk Rembrandts. Das «Portrait eines Mannes mit den Händen in den Hüften» stammt aus Privatbesitz und wird von der Galerie Otto Naumann Ltd für 47 Millionen Dollar angeboten. Das 1658 gemalte Porträt eines unbekannten Mannes entstand in einer der produktivsten, aber auch schwierigsten künstlerischen Phasen des Malers. Rembrandts aufwendiger Lebensstil sowie die schlechte Führung seiner finanziellen Angelegenheiten führten 1656 zu seinem Bankrott. Seine Kunstsammlung, sein Haus sowie andere Besitztümer wurden verkauft, und es gab wohl kaum Aufträge für Gemälde, die für ein ausreichendes Einkommen gesorgt hätten. Neben dem an der Tefaf angebotenen Porträt ist nur ein weiteres grossformatiges Werk aus dem Jahr 1658 bekannt. Die meisten erhaltenen Gemälde aus Rembrandts Spätwerk befinden sich in Museen. Das «Portrait eines Mannes mit den Händen in den Hüften» befand sich im Besitz einiger der renommiertesten Sammler der Welt. In jüngerer Zeit befand es sich im Besitz von J. Steward Johnson, Erbe des Johnson & Johnson-Vermögens, seiner Witwe Barbara Piasecka Johnson und von Steve Wynn, dem Las-Vegas-Kasinobesitzer. Bei seiner letzten Versteigerung im Jahr 2009 erwarb es die Otto Naumann Ltd in New York.
Exquisites von Renoir
Wichtige Frühwerke der impressionistischen Malerei kommen immer seltener auf den Markt. Ein Hauptwerk von Pierre-Auguste Renoir aus dieser frühen Phase des Impressionismus ist für 15 Millionen Dollar am Stand der Galerie Dickinson zu finden. «Femme cueillant des Fleurs» stellt Camille Monet dar, die erste Frau des Impressionisten Claude Monet. Man sieht Camille auf einer Wiese in der Nähe von Saint- Cloud, ausserhalb von Paris, mit einem Blumenstrauss, den sie soeben gepflückt hat, in der Hand. Dickinson verkauft das Gemälde für das Sterling and Francine Clark Art Institute in den USA, das dadurch andere Sammlungsbereiche stärken kann.
Ein exquisites Gemälde von Renoirs Sohn Claude wird auf der Tefaf zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Hammer Galleries aus New York zeigen «La leçon (Bielle, l’institutrice et Claude Renoir lisant)», das Renoirs dritten Sohn beim Lesen mit seiner Lehrerin darstellt. Das um 1906 gemalte Bild, das sich während Jahrzehnten in Privatsammlungen befand, ist Bestandteil einer Renoir-Ausstellung am Stand der Hammer Galleries.
Symbol der Fruchtbarkeit
Rupert Wace Ancient Art aus London präsentiert eine seltene und wichtige griechische Statuette aus dem späten Neolithikum - zirka 5300 bis 4500 v. Chr. Die lediglich 11,7 Zentimeter hohe Figur einer Frau aus weissem Marmor ist eines von weniger als einem Dutzend bekannten Stücken aus dieser frühen Epoche, von denen sich die meisten in Museen befinden. Obwohl sie sich seit den 1950er-Jahren in Privatsammlungen befand, wurde sie erst kürzlich wiederentdeckt. Die Fruchtbarkeit repräsentierende Frauenfigur diente ursprünglich als Grabbeigabe für eine verstorbene Person auf ihrer Reise ins Jenseits. Auch 7000 Jahre nach ihrer Herstellung ist sie in einem hervorragenden Erhaltungszustand und wird nun zu einem Preis von über 1 Million Euro angeboten.
Zwei Bernstein-Altarstücke mit Elfenbeinschnitzereien, die im späten 17. Jahrhundert in Deutschland für einen privaten Altar geschaffen wurden, stellt die Kunstkammer Georg Laue aus München vor. Diese seltenen Stücke bestechen durch ihre herausragende Qualität und ihre handwerkliche Ausführung. Solche Kunstwerke waren die Spezialität eines Meisters in Danzig und wurden vom preussischen Hof gerne als diplomatische Geschenke an ausländische Herrscher überreicht. Der Preis für das Paar Altarstücke liegt bei 500 000 Euro.
Director’s Choice
Im vergangenen Jahr wurde die Sektion Tefaf Paper für Werke auf Papier - darunter Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken, Fotos, Manuskripte und antiquarische Bücher - mit grossem Erfolg eingeführt. 2011 zeigt Tefaf Paper nun ausserdem eine bedeutende Gastausstellung mit Meisterwerken aus dem Rijksmuseum Amsterdam. Unter dem Titel «Directors Choice: The Happy Hunter» stellt sie eine ganz persönliche Auswahl des Generaldirektors des Rijksmuseums, Wim Pijbes, vor. Die Meisterwerke auf Papier aus dem späten 15. Jahrhundert stammen alle aus der Sammlung des Rijksprentenkabinets. Zu sehen sind Druckgrafiken und Zeichnungen zum Thema Jagd im erweiterten Sinne.