Die durchschnittlich 17 Prozent Wachstum der letzten zwei Jahre wird die Schweizer Uhrenindustrie in diesem Jahr nicht erreichen. Nach neun Monaten liegt das Plus beim Export noch bei lediglich 1,9 Prozent, ausgehend allerdings vom Rekordjahr 2012 mit Uhrenlieferungen ins Ausland von 21,4 Milliarden Franken. 2013 holt die Realität die etwa 620 Unternehmen mit 55 800 Beschäftigten, geografisch mit Schwergewicht im Jura bis hinunter nach Genf tätig, wieder ein. Nach neun Monaten liegen Hongkong mit 6,8 Prozent und China mit 14,7 Prozent und damit zwei der drei wichtigsten Abnehmerregionen im Minus. Eine schwächere Nachfrage melden zudem Frankreich (–14,9 Prozent), Singapur (–0,6 Prozent), Taiwan (–1,6 Prozent) und Kanada (–1,1 Prozent). Auf allen anderen Märkten, und das stimmt die Branche zuversichtlich, konnten Rolex, Omega und Co. hingegen zulegen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Am Einbruch trägt vor allem China Schuld

Die jüngste Wachstumsverlagerung ist, wie die Credit Suisse in ihrer erstmals gemachten und vor wenigen Wochen publizierten Studie «Schweizer Uhrenindustrie: Perspektiven und Herausforderungen» herausschält, primär auf die nachlassende Nachfrage aus China zurückzuführen. Neben der Abschwächung des dortigen Wirtschaftswachstums dämpften vor allem politische Massnahmen zur Korruptionsbekämpfung sowie Werbebeschränkungen für Luxusgüter die Nachfrage.

Was allerdings nur die halbe Wahrheit ist. Tatsächlich ist die Zahl der im gleichen Zeitraum nach Festlandchina exportierten Fertiguhren in einer hohen einstelligen Prozentzahl gestiegen. Was bedeutet: Swiss made ist in China zwar nach wie vor gefragt und wird gekauft, aber mit zunehmender Tendenz zu günstigeren Uhren und Marken. Hört man sich allerdings in der Industrie um, will – trotz eindeutigem Beweismaterial des Verbands der schweizerischen Uhrenindustrie (FH), Biel, und seinen Monatsstatistiken – in Asien niemand zu den Verlierern gehören. Was wiederum damit zusammenhängen könnte, dass statistisch der Durchschnittspreis exportierter Schweizer Fertiguhren von 2012 auf 2013 von 674 auf 725 Franken (2161 Franken für mechanische Uhren, 222 Franken für elektronische Uhren) gestiegen ist. Einfacher ausgedrückt: Während China günstigere Schweizer Uhren kauft, setzt der Rest der Welt weiter auf teure Schweizer Zeitmesser. Wobei auch die höheren Edelmetallpreise und die auf 2013 durchgesetzten Preiserhöhungen den Durchschnittspreis beeinflusst haben dürften. Die Stückzahl exportierter Schweizer Mechanik ist von 4,89 auf nunmehr 5,29 Millionen gestiegen.

Bis Ende Jahr erwartet Jean-Daniel Pasche, der FH-Präsident, keine extremen Ausschläge mehr, weder nach unten noch nach oben. Das bedeutet, dass sich die Schweizer Uhrenindustrie in jenen Wachstumsbereichen bewegt, die auch für andere Branchen gelten. Sind es für 2013 zwischen 1,8 und 2,2 Prozent, so zeigt sich die Branche zufrieden.

Konzentrationsprozess wird sich fortsetzen

Für 2014 geht die Uhrenindustrie, wie auch der zugehörige Detailhandel (Umsatz 2 Milliarden Franken), von moderatem Wachstum aus. Trotz den positiven Aussichten verweist die CS auf mögliche Veränderungen. Insbesondere kleine, unabhängige Produzenten hätten sich vermehrt grossen Herausforderungen zu stellen. Dazu gehören die Zuliefersituation (Swatch-Lieferstopp), die Swissness-Vorlage sowie der kostenintensive Vertrieb in den Wachstumsmärkten. All das wird den Konzentrationsprozess gemäss der CS beschleunigen.