Fragt man jemanden, ob man ihn für mehrere Stunden in seinem Büro besuchen könne, wird man auf verständnisloses Kopfschütteln stossen. Anders auf dem Golfplatz. Dort ist ein fünfstündiges Meeting kein Problem. Unbehelligt von lästigem Handygeklingel kann man den Geschäftspartner, seine Denk- und Handlungsweisen kennen lernen.

Man ist auf dem Platz per Du, und kein Tisch trennt die Gesprächspartner. Keiner kann sich während des langen Parcours über 18 Löcher verstellen, jeder erlebt auf jeder Runde emotionale Hochs und Tiefs. «Es geht nicht darum, wie gut jemand spielt, sondern wie er sich auf und neben dem Platz verhält», sagt Benedikt Goldkamp. Der CEO von Phoenix Mecano ist seit Jahren der beste golfende Firmenlenker. Der frühere Spieler der deutschen Juniorennationalmannschaft spielt höchstens zehn Prozent seiner Runden in Verbindung mit Business. Auf dem Golfplatz gehe es nicht darum, Geschäfte abzuschliessen, sondern um eine Verbesserung der Menschenkenntnis. Man lerne dort, Menschen besser zu beurteilen. Und dies sei gerade deshalb von Nutzen, weil die Leute sich meist im Geschäftsleben so verhielten wie in der Natur. Dabei überwiegen für Goldkamp die negativen Eindrücke: Viele seien egozentrisch, zeigten einen Mangel an Souveränität, und wer im Golf mogle, mogle auch andernorts.

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Schliesslich ist Golf vor allem Charaktersache. Das sagt auch Urs Wietlisbach, Partner der Zuger Partners Group. Für ihn ist Golf in erster Linie persönlicher, privater Ausgleich. Grosse Geschäfte abschliessen könne man in seiner Branche auf dem Golfplatz kaum. Je nach Geschäft könne es zwar sinnvoll sein, aber oft sei es eher eine gute Ausrede, um während der Woche zu spielen, sagt der Private-Equity-Spezialist. Auf der anderen Seite könne er amerikanischen Kunden die «grösste Freude machen», wenn er sie auf einen schönen Course einlade. Die Angestellten der öffentlichen Pensionskassen seien selber nicht sehr gut bezahlt und könnten sich die teuren Plätze nicht in jedem Fall leisten.

Diese Probleme haben Privatbanker nicht. Auch bei ihnen geht es in erster Linie darum, bestehende Kundenkontakte zu pflegen, die Kunden wenn möglich beim Spiel gewinnen zu lassen und eher einen Schlag zu viel statt zu wenig aufzuschreiben. Beim Golfen lasse sich das persönliche Verhältnis zu einem Kunden sicher besser vertiefen als beim Nightclubbesuch, sagt ein internationaler Kundenberater einer Privatbank. Sei es auf dem Golfplatz oder auch beim obligaten Drink nach der Runde – offensiv Geschäfte zu betreiben, ist in der Schweiz verpönt. Nur wenige geben öffentlich zu, direkt zu profitieren. Einer davon ist Roberto Panzera, Captain beim Golfclub Küssnacht am Rigi. Etwa einmal pro Woche golfe er beruflich, und sehr viele seiner Kunden habe er auf dem Platz gewonnen. «Der Einstieg ist viel einfacher als etwa bei einem Event, und nach einer Golfrunde kommt man sich fast immer persönlich näher», sagt der Chef der auf Sicherheitssysteme spezialisierten Firma CDS. Er spiele nicht Golf wegen des Geschäfts, sondern es sei ein schöner Nebeneffekt, ergänzt der KMU-Chef. Und bei Panzera gibt es einen weiteren Nebeneffekt: Er senkte sein ohnehin sehr gutes Handicap von 5.8 auf 3.9. Davon können die meisten Golfer nur träumen. Mittlerweile golfen rund 100 000 Menschen in der Schweiz. Dank dem Einstieg der Migros vor gut zehn Jahren ist der Sport auch hier demokratischer geworden. Die sechs bestehenden Migros-Golfparks «produzieren» pro Jahr mehr als 2500 neue Golfer, die dort die Prüfung in Theorie und Praxis ablegen. Ende April eröffnet die Migros bei Sursee den siebten Club, und noch bevor der Platz bespielbar ist, ist die Normalmitgliedschaft mit unbeschränktem Spielrecht bereits ausverkauft. Auf der anderen Seite haben diverse privat geführte Clubs Mühe, genügend neue zahlungswillige Mitglieder zu finden, welche die teure Infrastruktur mittragen. «Rund 60 Prozent der Schweizer Clubs sind notleidend», sagt Daniel Weber, grösster privater Golfplatzbetreiber mit Plätzen in Sempach, Kyburg und einem prominenten Projekt in Basel. Zwischen den exklusiven Privatclubs und der expansiven Migros bleibe für einige Golfclubs im mittleren Segment bald zu wenig, um zu überleben, ist Weber überzeugt.

Die Zürcher Edelclubs Zumikon und Schönenberg können sich ihre Mitglieder trotz Eintrittspreisen von über 50 000 Franken noch aussuchen, und auch auf unserer Liste der golfenden Manager sind die beiden Privatclubs am prominentesten vertreten.

Der allerbeste Golfer in der Wirtschaftselite bleibt Thomas Gottstein. Der Leiter Aktienemissionen Schweiz bei der Credit Suisse kann derzeit wegen eines Skiunfalls gar nicht Golf spielen. Obwohl er unter anderem im Interclub für Schönenberg «fürchterlich spielte», bleibt sein Handicap unter den Managern unerreicht. Gottstein spielte neben dem Interclub bloss ein handicaprelevantes Turnier. Damit verschlechterte sich zwar sein Handicap, doch er liegt mit +0.5 immer noch auf Profiniveau. Das ist nur möglich für jemanden, der schon als Bub mit dem schwierigen Spiel begann. Während das Geschäft sehr gut laufe, habe er ein miserables Golfjahr hinter sich, erzählt Gottstein, der zwischen Zürich, London und dem Rest der Welt pendelt, aber auch dieses Jahr für die Mannschaft von Schönenberg im Interclub spielen möchte. Sonst ist Golf in den allermeisten Fällen ein Einzelspiel, das Resultat in Schlägen genau messbar. Die Performance an der Börse ist zwar ein Zusammenspiel vieler Faktoren, aber immerhin auch messbar. Und so gibt es auch dieses Jahr eine Bestätigung für die beliebte These, Golfer seien die besseren Manager. Die durchschnittliche Performance von Firmen mit golfenden Chefs lag mit 29,4 Prozent auch in den vergangenen zwölf Monaten über der Messlatte SPI (19,6 Prozent). Klarer Sieger auf dem Börsenparkett ist Urs Wietlisbach mit dem sehr erfolgreichen IPO der Partners Group.

Handicap

Je tiefer, desto besser

Das Handicap ist eine Zahl, welche die ungefähre Spielstärke eines Golfers angibt. Je tiefer das Handicap, desto besser ist der Spieler. Als Messlatte dienen die Profis, sie spielen stets mit Handicap null. Je tiefer das Handicap, desto weniger Extraschläge erhält man bei Turnieren im Vergleich mit dem Null-Handicapper.

Das höchste offizielle Handicap ist hierzulande 36.0. Ein solches Handicap heisst etwa, dass man an jedem der 18 Löcher zwei Schläge mehr benötigen darf als ein Profispieler, um das vergleichbare Resultat zu erzielen. Ein Spieler mit Handicap 18.0 erhält an jedem Loch einen Schlag «geschenkt». So können Golfer von unterschiedlicher Spielstärke sinnvoll einen Wettkampf bestreiten. Das persönliche Handicap kann man bei offiziell gemeldeten Turnieren verändern. Bei guten Resultaten geht es schneller nach unten als bei schlechten nach oben. Wer kein Turnier spielt, wird mit einem leicht höheren Handicap «bestraft». Die meisten Golfer wollen sich zumindest auf ihrem Niveau halten, lieber natürlich noch etwas tiefer fallen.

Eigentlich müsste vor den normalen Handicaps der meisten Amateure ein Minuszeichen stehen, aber es wird in der Regel einfach weggelassen. Unter den Schweizer Wirtschaftsgrössen hat nur Thomas Gottstein von der Credit Suisse ein positives Handicap.

Mitarbeit: Kurt W. Zimmermann

Anmerkung der Redaktion

Die Liste der golfspielenden Manager ist recht subjektiv und von vielen Quellen gespiesen. Wir sind deshalb dankbar um Hinweise aus unserer Leserschaft: Am liebsten direkt auf golf@bilanz.ch