Kaum ein Sport braucht so viel Zeit, Geduld und Disziplin wie Golf. Da kann es nicht verwundern, dass sich die Schweizer Wirtschaftsführer auf dem Rasen in der Krise offenbar etwas zurückhielten. Beim siebten BILANZ-Golf-Ranking fällt jedenfalls auf, dass erstmals mehr Manager ihr Handicap verschlechtert als verbessert haben. Gleich 95 auf der Liste starten ungewollt höher in die Saison, 90 konnten ihr Handicap senken, und der Rest bleibt konstant.
Fast auf Profiniveau konstant spielt die Nummer eins unter den Schweizer Managern. Der CS-Direktor Thomas Gottstein bleibt auch dieses Jahr klar in Front (Handicap 0.1). Allerdings holt der selbständige Unternehmer und Berater Alois Egger allmählich auf. Er liegt bloss noch zwei Zähler hinter Gottstein. Der beste Golfer unter den CEO börsenkotierter Firmen bleibt Benedikt Goldkamp, Chef von Phoenix Mecano. Der ehemalige deutsche Junioren-Nationalspieler stellte vor drei Jahren seinen Schwung um, und nach einigen schlechten Resultaten konnte er 2009 sein Handicap um 0.6 auf 3.2 senken und damit den dritten Rang verteidigen. Die Differenz erscheint auf den ersten Blick gering, doch auf diesem Niveau braucht es schon sehr viel Talent und Aufwand, um die Spielstärke überhaupt zu halten. Vor allem beim Abschlag verlieren viele Golfer mit den Jahren an Weite – dies muss mit umso exakterem Spiel rund um die Greens herum wettgemacht werden.
Eine Ausnahme von dieser Regel ist Dieter Meier. Der Musiker, Unternehmer und Restaurantbetreiber, der im März seinen 65. Geburtstag feierte, schlägt die Bälle nach eigenem Bekunden immer noch 250 Meter weit. «Mein Rudertraining hilft extrem», verrät er sein Geheimnis. Seine Freude am Spiel zeigt sich auch am nochmals tieferen Handicap von 6.8. Dabei zehrt er von seiner langen Erfahrung: Unter anderem war er in der Schweizer Junioren-Nationalmannschaft und hat immer noch hohe Ziele. «Ich bin ein fanatischer Golfspieler», so Meier, und sein «eigentlicher Grössenwahn» sei, dass «ich immer noch daran glaube, eines Tages bei internationalen Amateurmeisterschaften wie dem British oder dem French Open teilnehmen zu können». Die Voraussetzung dafür wäre aber ein Handicap von 1, allenfalls 2, meint Meier. Und hofft irgendwie noch darauf, «während eines Jahres oder mehr täglich trainieren zu können». Dann liesse sich das «derzeit unmögliche Ziel» eventuell doch noch erreichen.
Spätzünder. Wer erst als Erwachsener mit Golf beginnt, kann sich kaum so hohe Ziele setzen. Aber auch bei den spät vom Golfvirus Infizierten gibt es immer wieder grosse Talente. Der frühere Swiss-Chef André Dosé etwa spielte 2007 noch mit einem mittelmässigen Handicap von 23.0, mittlerweile ist er mit 9.5 in den Kreis der sogenannten Single-Handicapper vorgestossen. Das einstellige Handicap erreicht in der Schweiz nur etwa jeder zwanzigste Golfer. Neben Talent braucht es viel Zeit, Training, mentale Stärke – und eine verständnisvolle Partnerin.
Auffällig ist, dass unter den besten Golfern keine einzige Frau rangiert. Überhaupt sind golfende Managerinnen rar gesät. Dies ist aber weniger ein Problem des früher stark männerdominierten Sports als vielmehr ein Abbild der Wirtschaftswelt. Laut Golfverband spielen in der Schweiz rund 25 000 Frauen Golf, ihr Anteil unter den Aktiven beträgt gut 36 Prozent und ist seit Jahren relativ konstant.
Die beste Frau auf der Liste bleibt Nicole Schlatter mit Handicap 13.2. Sie hat sich, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann Marco, auch 2009 verbessert und den Chef der Fraumünster Group sogar überholt. Den grössten Sprung nach vorn gelang aber einem Mann: Stefan Miczka, VR-Präsident der Bauchemiefirma Rathor. Er senkte sein Handicap um fast sechs Schläge auf 17.6. «Ich habe das wichtige Kurzspiel intensiv zu Hause im Garten trainiert und dafür in einer satten Turniersaison zwei hervorragende Resultate geerntet», erzählt er. Auf Rang zwei der Spezialwertung kommt der Chef der St. Galler Kantonalbank: Auch Roland Ledergerber spielte an zwei Turnieren deutlich besser, als sein Handicap erwarten liess, und so liegt seine Spielstärke nun knapp unter 24.
Mit 24.4 etwas darüber, aber dennoch stark verbessert spielt auch Walter Kielholz. Der VR-Präsident der Swiss Re ist Mitglied im Golf & Country Club Zumikon, spielt aber auch öfters in St. Moritz, wo er seit langem ein Haus besitzt. Im Engadin spielte Kielholz im vergangenen August ein Turnier so gut, dass es für ihn nun gilt, dieses Resultat zu bestätigen. Sonst wird sich das Handicap wieder in kleinen Schritten nach oben bewegen.
Ospel im Hoch. In der Schweiz wird das Handicap nur bei Turnieren angepasst, in anderen Ländern zählt jede Runde, die gespielt wird. Daneben gibt es die Möglichkeit, eine sogenannte «Extraday Card» von einem guten Golfer ausfüllen zu lassen und damit ein handicapwirksames Resultat zu erzielen. So verfährt etwa Marcel Ospel, der im Juli 2006 das letzte offizielle Turnier spielte und seither einmal pro Jahr mit dem Gstaader Golflehrer Graham Townhill eine Runde dreht und sich von ihm eine Handicap-Karte unterschreiben lässt. Zuletzt geschehen am 7. Oktober 2009. Immerhin reichte es Ospel zu einem klar besseren Handicap von 24.8. Seine Frau Adriana spielt auch schon länger keine Turniere mehr, aber nach einem Jahr der Stagnation spielt auch sie mit Wirkung einer im vergangenen August ausgefüllten Extraday Card mit deutlich tieferem Handicap von 15.2 – und dies trotz zwei Kleinkindern und einem eigenen Unternehmen.
Doch viele golfenden Manager haben sich 2009 verschlechtert. Den grössten Absturz erlebte dabei Christophe Gautier. Der frühere VR und Mitbesitzer des Handelskonzerns DKSH hätte nach dem Verkauf seiner Minderheitsanteile eigentlich viel Zeit fürs Golfen gehabt, doch «ein anderes zeitraubendes Hobby kam dazwischen». So habe er kaum mehr gespielt. Das Golfen sei mit dem alten Handicap nicht mehr lustig gewesen, und er habe seine Spielstärke «freiwillig verschlechtert». Das kommt ab und zu vor und kann durchaus sinnvoll sein, wie Andreas Spenger, Clubmanager im Golf Club Schloss Goldenberg im Zürcher Weinland, erklärt. «Wenn das Handicap ganz offensichtlich nichts mit der aktuellen Leistung zu tun hat, kann man es von Hand anpassen.»
Freigiebige Gäste. Trotz schlechtem Start ist Daniel Weber, der grösste private Golfplatzbetreiber, mit dem Geschäftsjahr 2009 zufrieden. Weber ist Betreiber der Clubs Sempachersee und Kyburg. Noch im März spürte er die Sparmassnahmen in der Firmenwelt stark: «Da gab es eine eigentliche Stornierungswelle bei grossen Turnieren.» Nicht zuletzt dank dem guten Wetter sei aber auf vielen Schweizer Golfplätzen dann doch mehr gespielt worden. Statt in die Ferien in der Ferne gingen viele vermehrt zum Golfen auf heimische Plätze: «Wir profitieren ähnlich wie die Bergbahnen von höheren Frequenzen von einheimischen Gästen», sagt Weber. Zudem sei der Durchschnittsbetrag, den die Gäste ausgeben, gestiegen: «Wir haben mehr Green Fees verkauft, aber auch bei Zusatzleistungen vom Shop bis zum Restaurant spüren wir, dass die Leute recht locker drauf sind.»
Bei den wichtigen Firmenturnieren hält sich laut Weber die Finanzindustrie zurück, «das wird noch eine Weile andauern». Es entstünden aber auch immer wieder neue Serien. So habe sich etwa die Autoindustrie bereits zurückgemeldet.