Sein Name zierte schon die allererste BILANZ-Liste der golfenden Manager: 2004 amtete Ernesto Bertarelli noch als CEO des Biotech-Unternehmens Serono und war damals bereits mit einem beachtlichen Handicap von 14.0 auf den Greens dieser Welt unterwegs. Nach dem Verkauf der Firma kann sich der Unternehmer und Alinghi-Segler noch stärker auf die demütigendste Nebensache der Welt konzentrieren. Das hat Auswirkungen auf Bertarellis Performance, wie das zehnte Golf-Ranking zeigt. Der Genfer konnte sein Handicap gegenüber 2004 auf 8.3 verbessern. 

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Im vergangenen Jahr erfüllte sich Bertarelli ausserdem den Traum eines jeden Amateurs: Er siegte zusammen mit dem schwedischen Profi Alexander Noren beim Team-Event der Alfred Dunhill Links Championship auf dem «heiligen Rasen» von St. Andrews in Schottland. Der Genfer freute sich extrem über den Erfolg und verglich ihn mit dem ersten Sieg seiner Alinghi-Segler-Crew. Er sei hier als Amateur gestartet, gleich wie als Segler, und so habe der Sieg im Golfturnier etwa einen vergleichbaren Stellenwert. Was der Milliardär dabei nicht sagte: wie viele Millionen er in sein Alinghi-Team investiert hatte. Ganz bestimmt sind Ernesto Bertarellis Ausgaben fürs Golf dagegen vernachlässigbar. 

Geld ist in der Regel nicht das Problem der golfenden Manager. Zeit hingegen schon. Woher soll ein global agierender CEO, der im Sitzungskorsett steckt und ständig Analysten, Controllern und Key Accounts zur Verfügung stehen muss, seine Stunden für die «Tee Time» hernehmen? Viel Ehrgeiz und wenig Zeit: Eigentlich sind diese typischen Managereigenschaften alles andere als ideal, um mit Geduld an seinem Swing zu arbeiten. Manche versuchen es per Hochrüsten des Materials: «Es gibt Leute, die in einer einzigen Woche zwei oder drei Sets von Golfschlägern kaufen und dann meinen, sie spielten damit automatisch besser», sagt Marcus Knight. Seit 23 Jahren ist der gebürtige Engländer und frühere Tour-Spieler nun Golflehrer, seit neun Jahren unterrichtet er im Zürcher Club Schönenberg. Unternehmer und Manager sind Marcus Knights Zielgruppe: «Sie sind in aller Regel ehrgeizig, aber auch effizient.» Für viele sei es wie ein Geschäftsziel, ein besseres Handicap zu erreichen. Entsprechend erhalte er auch ab und zu einen Bonus, wenn ein Kunde ein persönliches Target erreicht habe. 

Wie gross der Bonus ist, will Knight nicht verraten. Dafür muss er oft flexibel sein. Mal rufe eine Sekretärin an, weil der Chef nun doch keine Zeit mehr für den Unterricht habe, dann wieder werde er gefragt, ob er innerhalb einer Stunde für eine spontane Lektion bereitstehe. «Jeden Montagmorgen um 10 Uhr zu trainieren, geht für diese Top-Führungskräfte einfach nicht», weiss Knight aus langer Erfahrung. 

Lerneffizienz. Ähnlich tönt es beim anderen Zürcher Traditionsclub in Zumikon: «Wir Golflehrer sehen vor allem die Frauen der Manager – die haben deutlich mehr Zeit», sagt Bruno Griss, Head Golf Pro in Zumikon und Präsident der Swiss PGA, der Dachorganisation der professionellen Golfer der Schweiz. Vor einigen Jahren sei es noch anders gewesen: Da hätten auch die Manager regelmässig Golfstunden genommen, heute eher sporadisch. «Dafür sieht man sie am Morgen um 7 Uhr schon auf dem Platz, für viele ist es eine reine Erholung», so Griss. Auf der anderen Seite staunt er manchmal, mit wie wenig Zeiteinsatz grosse Fortschritte möglich sind. Griss: «Ich würde sagen, die Manager lernen effizienter, sie können sich konzentrieren und fokussieren, und letztlich verstehen sie es wohl auch besser als andere, mit Druck umzugehen.»

Kampf um die Spitze. «Gute Manager können auch auf dem Golfplatz gut abschalten», beobachtet Michel Burckhardt, der seit 21 Jahren das Zurich Open organisiert. Am Zürcher Pro-Am-Turnier spielen so viele Wirtschaftsführer mit Golfprofis wie nirgendwo sonst in der Schweiz. Da wird auch der eine oder andere Manager nervös, wenn er beobachtet wird – obwohl ein Luftschlag oder sonst ein «Hacker» im Team nicht ganz so tragisch ist wie in einem Einzelturnier. Stammgast beim Zurich Open ist etwa Beat Curti. Für den Unternehmer sind «Disziplin, innere Ruhe und dankbare Lebensfreude» die besten Voraussetzungen, um auch im Golf Erfolg zu haben – Verbissenheit schade dagegen am meisten. Curti zeigt sich auch auf dem Golfplatz grosszügig. So bot er vor zwei Jahren «seinem» südafrikanischen Pro Ian Hutchings am Zurich Open für jedes Birdie eine Prämie von 300 Franken. Als dieser nach acht Löchern noch keinen Erfolg hatte, erhöhte Curti den Bonus auf 1000 Franken. Beim neunten Abschlag, einem langen, schwierigen Par 3, fragte der Profi, was ihm ein Hole-in-one wert wäre. Curti und sein Mitspieler boten je 5000 Franken – und Hutchings versenkte den Ball im ersten Versuch im Loch.

Während die Profis von ihren guten Schlägen leben müssen, spielen die Amateure um die blosse Ehre. An der Spitze des zehnten BILANZ-Golf-Rankings steht wiederum Thomas Gottstein. Der CS-Direktor galt früher als einer der besten Golfjunioren Europas und spielt mit Handicap 0.5 fast immer noch auf Profiniveau. Allerdings ist ihm nun Dominik Senn, Chef der Agentur 4Sports, schon dicht auf den Fersen. Neben den vielen vergleichsweise jungen Spitzenspielern hat es der mittlerweile 61-jährige Benoît Dumont nicht ganz einfach. Der VR-Präsident von J.P. Morgan Suisse liegt allerdings nur einen Schlag hinter Senn zurück.

Mittlerweile umfasst die Liste über 370 Namen; mehr als 50 davon sind vorher noch nie aufgetaucht.

Nach dem Vorbild der «Business Week» legte Kurt W. Zimmermann 2004 in der BILANZ die erste Liste der golfenden Führungskräfte in der Schweiz auf. Zimmermanns These: CEOs, die gut golfen, seien die besseren Manager. Zum Beweis verglich er die Börsenperformance der bekennenden Golfer mit dem Marktdurchschnitt, und dabei kam der frühere Spitzengolfer Benedikt Goldkamp an die Spitze. Der Chef des Komponentenherstellers Phoenix Mecano war auf der allerersten Golferliste mit Handicap 2.6 klarer Leader. Die Phoenix-Mecano-Aktie performte allein 2004 um mehr als 110 Prozent, und auch im langfristigen Vergleich scheint die These zu stimmen. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat die Aktie den breiten Swiss Performance Index deutlich übertroffen. 

Konstanz bei den Besten – und bei Ackermann. Als einer von nur wenigen aus der «Class of 2004» ist Goldkamp noch an gleicher Stelle und Funktion tätig, und mit dem aktuellen Handicap von 2.5 ist er noch immer der beste golfende CEO einer börsenkotierten Firma in der Schweiz. Die damals zweit- und drittklassierten Alois Egger und Michel Rey figurieren immer noch unter den Top Twenty. Als frisch pensionierter Direktor des Hotels Baur au Lac in Zürich könnte Rey sein Handicap allenfalls sogar wieder verbessern. Doch auch hier ist die Konkurrenz deutlich grösser geworden. Während sich die Spitzengolfer erwartungsgemäss im Alter kaum mehr steigern können, zeigt der Langfristvergleich ein paar interessante Veränderungen: Den klar grössten Sprung im Spielniveau über lange Zeit vollbrachte Erwin Heri. 2004 wurde er als Ex-CFO der «Winterthur» geführt und war mit Handicap 25.2 im Rennen. Aktuell spielt der VR-Präsident der Banken- und Finanzgruppe Valartis nur noch 8.7 Schläge schlechter als ein durchschnittlicher Profi. 

Ebenfalls spektakulär sind die Fortschritte bei Willy Strothotte. Der frühere VR-Präsident von Glencore spielte lange mit dem typischen Senioren-Handicap von 28.0. Mittlerweile reist er im Privatjet von Golfplatz zu Golfplatz, etwa zu seinem Zweitclub Pebble Beach im sonnigen Kalifornien. Dort spielte Strothotte auch dieses Jahr das prominenteste Teamturnier von Profis und Amateuren mit dem deutschen Star Alex Cejka. Zuzuschauen und selber mitzuspielen, hat sich für Strothotte gelohnt. Mittlerweile spielt er mit Handicap 15.3 schon deutlich besser als viele Amateure. Das kann man beispielsweise von Josef Ackermann nicht behaupten. Seit der ersten aller Schweizer Manager-Golflisten von 2004 blieb er beim ersten Handicap von 36.0 stehen.